Wesel. . Der Bund Deutscher Kriminalbeamter forderte die Entkriminalisierung von Cannabis. Jörg Kons erklärt die Vor- und Nachteile der Droge.
Jörg Kons leitet die Drogenberatungsstelle für Wesel, Hamminkeln und Schermbeck in der Fluthgrafstraße. Er sagt, die häufigste Droge sei immer noch Cannabis. Anfang des Monats forderte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, André Schulz, die Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumenten. Darüber sowie über die Gefahren und Möglichkeiten der Droge sprach Pascal Conrads mit Jörg Kons.
Wundert es Sie, dass ausgerechnet eine Polizeigewerkschaft Cannabis legalisieren will?
Nein. Ganz neu ist die Diskussion nicht: Bei einer Podiumsdiskussion vor fast 20 Jahren hatten wir genau die gleiche Fragestellung, damals mit Richter Ollesch. Uns geht es aber um den fachlichen Umgang mit dem Thema.
Wie gefährlich ist der Konsum von Cannabis?
Wenn Menschen Cannabis als Genussmittel einsetzen, so wie wir das ja mit Alkohol auch tun, habe ich überhaupt kein Problem damit. Eine geringe Anzahl belasteter Menschen haben aber die Veranlagung dazu, einen psychotischen Schub zu bekommen. Die meisten Konsumenten kommen mit Cannabis gut zurecht. Im Vergleich dazu haben wir 2,65 Millionen Menschen mit Alkoholsucht.
Wie würden Sie denn Cannabis im Verhältnis zu Alkohol einordnen?
Gerade in der Arbeit mit Jugendlichen geht es dabei um Ehrlichkeit. Ich kann einem Jugendlichen nicht erklären, wieso der eine Stoff verboten ist, gleichzeitig aber Alkoholkonsum als Kulturgut erlaubt ist. In den Köpfen ist immer noch der Satz drin: Gras ist eine Einstiegsdroge. Das ist aber ein Märchen. Die Einstiegsdrogen sind Zigaretten und Alkohol.
Ist Cannabis eher ein Jugendproblem?
Nein, zwar probieren 14 bis 25-Jährige mehr aus, gekifft wird aber bis 80.
Also geben wir auf und akzeptieren Drogenkonsum in unserer Gesellschaft?
Nein. Es gibt ja das Recht auf Rausch! Aber was wir machen müssen, ist die Märkte zu trennen. Cannabis ist nicht mit Heroin und Kokain vergleichbar. Die USA und Israel zeigen wie ein gesellschaftlicher Umgang aussehen kann.
Stimmt es denn, dass der THC-Gehalt heute viel höher ist als vor 20, 30 Jahren?
Bei Cannabis gibt es, ähnlich wie bei Alkohol, unterschiedliche Stufen. Die unterste Stufe, Gras, bewegt sich im Bereich von einem Glas Bier. Es gibt aber auch Produkte, die haben im Vergleich ein Niveau von 30-prozentigen Alkohol. Wenn Cannabis frei verkäuflich wäre, könnten wir das über ein Lebensmittelschutzgesetz regulieren. Das verstehe ich unter aktiven Jugend- und Gesundheitsschutz. Der Konsument weiß dann, was er kauft und kann das besser einschätzen.
Gibt es dann Cannabis bald im Supermarkt?
Das ist ein Märchen. Andere Staaten zeigen ja, wie der Verkauf vernünftig gestalten werden kann. Den Verkauf zu regulieren, ist ja möglich. Ich bin absolut dagegen, Cannabis dem Preiskampf der Discounter zu überlassen. Es hilft aber auch nicht, das Gramm für 20 Euro in der Apotheke anzubieten, wenn ich auf der Straße nur zehn Euro dafür bezahlen muss.
Ich brauche doch ohnehin nur noch ein Rezept,...
Wenn Sie Krebspatient sind. Ansonsten ist das Thema immer noch ein Tabu. Das ist schade. In Israel wurde Cannabis in Altenheimen getestet. Die Leute dort haben eine viel größere Lebensqualität. Es hilft gegen Schmerzen, Appetitlosigkeit, Depressionen. Oft brauchen diese Menschen gar nicht mehr so viele Medikamente. Es gibt viele positive Begleiteffekte.
Sticht Wesel im Cannabiskonsum heraus?
Nein, trotz der Nähe zur holländischen Grenze bewegt sich Wesel da absolut im Bundesdurchschnitt.