Wesel. . Familie Kuhlmann durfte sich einen Namen für ihre Straße aussuchen. Ferkelweg, Bauernweg und Sauerkrautstraße standen auch zur Diskussion.

Büderich hat jeden Tag seinen Sonnenaufgang, selbst wenn eine geschlossene Wolkendecke über dem Polderdorf hängt. Zu verdanken hat der Ort dies vor allem Willi Scholten, denn der Rentner hatte vor einigen Jahren die Idee die 1000 Meter lange Straße zwischen der Xanterer Straße und dem Perricher Weg „Sonnenaufgang“ zu benennen.

„Das ist eine ganz alte Bezeichnung, die die alten Büdericher noch alle kennen. So wurde dieser Weg seit sicher 100 Jahren genannt, weil er Richtung Sonnenaufgang liegt und zum Sonnenhof von Katharina Kemming führt – nur offiziell eingetragen war diese Bezeichnung eben nie“, berichtet der 82-jährige Senior.

Durch den Bau der Umgehungsstraße entstand allerdings eine neue Situation: Vor allem für den Hof der Familie Kuhlmann. Diese wohnte früher an der Adresse Perricher Weg 71, die Hofeinfahrt war über die vorherige (alte) Xantener Straße angebunden. Doch nach dem Bau der B58n musste nun ein neuer Name her für die Straße am Gehöft des Obst- und Gemüsebauern. „Wir durften uns für diesen Abschnitt einen neuen Namen aussuchen“, erinnert sich Ute Kuhlmann.

Um das Ganze nicht im Alleingang zu entscheiden, war die Namenssuche Thema auf der nächsten Nachbarschaftsversammlung aller 42 Familien vom Grindweg, Im Hamm und Perricher Weg. Mehrere Namensvorschlage für den Weg kamen damals auf den Tisch. „Kappesweg hätte wegen unseres Betriebes natürlich auch gut gepasst“, erinnert sich Kuhlmann.

Auch „Sauerkrautstraße“, „Bauernweg“ und „Ferkelweg“ wurden vorgeschlagen.

Ute Kuhlmann: „Kappesweg hätte auch gepasst“
Ute Kuhlmann: „Kappesweg hätte auch gepasst“

Doch letztlich setzte sich der von Willi Scholten ins Spiel gebrachte „Sonnenaufgang“ durch – auch zur großen Freude der einzigen fünf Anwohner – drei Generationen der Familie Kuhlmann: Ute und Hermann mit Matthias sowie Berta und Otto Kuhlmann. Dieses Quintett hat jetzt auch offiziell die Adresse „Sonnenaufgang 1“.

Die Umstellung war nicht unkompliziert, habe sich aber gelohnt, berichtet Ute Kuhlmann: „Wir mussten unseren Briefkopf ändern, haben 60 Firmen und Leute anschrieben, um unsere neue Adresse mitzuteilen – obwohl wir ja gar nicht umgezogen sind. Die Post hatte ein halbes Jahr Probleme mit der Zustellung, auch die meisten Navis kannten den Büdericher Sonnenaufgang nicht.“

Doch mittlerweile hat sich alles eingespielt. „Die Reaktionen waren durchweg positiv. Es klingt ja auch viel schöner“, erzählt die Bäuerin weiter. Oft hört sie den Satz: „Sie haben aber eine tolle Adresse!“

Irritationen um die Benennung „Am Steinacker“

Während der Sonnenaufgang also für Büderich gesichert erscheint, gab es vor rund 15 Jahren großen Ärger um eine andere Straßenbenennung ganz in der Nähe, berichtet Willi Scholten: „Wir wohnen hier ja auf einem alten Römerlager. Bauern fanden beim Pflügen oft alte römische Scherben und Steine – deshalb nennt am diese Gegend Steinacker.“ Also wurde südlich der B58n ein kleiner Straßenabschnitt mit fünf Häusern ganz offiziell „Am Steinacker“ genannt.

Die Straße
Die Straße "Sonnenaufgang" liegt in Büderich.

„Die Stadt hatte Straßenschilder anfertigen lassen, die dort auch ein oder zwei Jahre standen. Doch einem Polizisten, der dort wohnte, passte der Name gar nicht“, so Scholten.

Alle anderen Anwohner seien mit „Steinacker“ glücklich gewesen.

Aber der Beamte habe sich hartnäckig dagegen gewehrt: „Da der Wunsch eines Polizisten offenbar mehr Gewicht hat, wurde der Weg wieder in Perricher Weg zurück umbenannt“, ärgert sich der Rentner noch heute. Die Schilder seinen dann wieder entfernt worden. Und kurz später sei der Polizist dann auch weggezogen...

>>> NEUE NRZ-SERIE STELLT KURIOSE STRASSENNAMEN VOR:

Unsere neue Serie beginnt passenderweise mit dem Sonnenaufgang – einer etwa 1000 Meter langen Straße, die es schon seit Jahrzehnten in Büderich gibt und die schon immer so genannt wurde – aber erst seit 2014 nun auch offiziell so heißt.

Weitere sonderbare Straßennamen stellen wir Ihnen in den kommenden Wochen vor. Wussten Sie, dass einige Weseler wirklich „auf dem Mars“ wohnen? Dass es in Schermbeck einen Bösen Berg gibt und in Hünxe einen Schwarzen Drecksweg?