Wesel/Hamburg. Dann ist Sohn Henry (2) noch munter und Vater Jan muss ohnehin am Abend arbeiten, so wie fast immer Weihnachten und Silvester.
Während die meisten gerade die Bescherung samt leckerem Essen hinter sich haben und sich genüsslich im Sessel zurücklehnen, um den Abend in aller Ruhe zu genießen, arbeitet er. So wie in den letzten Jahren eigentlich immer am Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen. Jan Hofer, seit mehr als 13 Jahren Chefsprecher der Tagesschau, nimmt die Nachrichten dann gern selbst in die Hand.
Der gebürtige Büdericher, der in letzter Zeit wieder häufig in seiner Heimatstadt Wesel anzutreffen ist, steht ohnehin nicht so sehr auf Weihnachten. Eine Bescherung gibt es natürlich trotzdem, und das nicht erst seit Sohn Henry (2) Jan Hofers ganzer Stolz ist. Nachmittags geht es vor der Tagesschau ans Auspacken der Geschenke, nach den Nachrichten folgt dann der Heiligabendschmaus – wenn nichts dazwischenkommt. Schließlich dauert die Bereitschaft bis Mitternacht.
Karl-Heinz Köpcke entdeckte ihn
„Das macht mir nichts aus“, sagt Jan Hofer, auch mit Blick auf den Silvesterdienst, der ebenfalls wieder ansteht beim ausgiebigen Gespräch im Café Extrablatt. „Dann geh ich mal eben schnell rüber.“ Denn der 65-Jährige wohnt dort, wo auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR) zu Hause ist, in Hamburg-Lokstedt. Seit Mitte der 80er Jahre ist der Unternehmersohn in der Hansestadt an der Elbe tätig. Es war Karl-Heinz Köpcke, der den jungen Journalisten im Saarländischen Fernsehen entdeckte.
Verbindliche Informationen
Zwar sollte Jan Hofer eigentlich einmal in den erfolgreichen Weseler Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärbetrieb Neuenhoff einsteigen, der beispielsweise in diesem Bereich beim Bau der Olympiaschwimmhalle in München tätig war. Doch schon während seines Betriebswirtschaftsstudiums an der Uni Köln arbeitete er dort für die Deutsche Welle, bei der er später auch sein Volontariat absolvierte. Über den Südwestfunk in Baden-Baden ging es weiter zum SR1 Europawelle Saar und schließlich zum Regionalprogramm des Saarländischen Rundfunks.
Die Zeiten haben sich seither enorm geändert, auch für den technikaffinen Jan Hofer, der den Dienstplan via Internet abruft und nicht nur für die Tagesschau in der ARD zuständig ist, die am zweiten Weihnachtstag vor 65 Jahren zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, sondern auch für „Tagesschau 24“, wo rund um die Uhr gesendet wird. Mittlerweile ist die Social-Media-Abteilung (digitale Medien) genauso groß wie die klassische, sagt er und freut sich über ein erfolgreiches Jahr. Verbindliche Informationen seien in einer Zeit, in der häufig Fake News (Falschmeldungen und vorgetäuschte Nachrichten) im Umlauf sind, wichtiger denn je.
Und damit auch immer alles richtig ausgesprochen wird, bedient sich Hofer nicht nur beim isländischen Vulkan Eyjafjallajökull, der 2010 manche Nachricht bestimmte, der Aussprachedatenbank in Frankfurt, die er mit seinem i-Phone gleich vorführt. Paypal war am Tag zuvor etwas, was er hier eingegeben hat, und Peter Bosz, der mittlerweile geschasste Dortmunder Trainer. Bosch oder Bos?, lautete hier die Frage.
Gläubiger statt Gläubige
Und dennoch gibt es auch mal den einen oder anderen Versprecher. Als Gerhard Schröder gerade Helmut Kohl als Kanzler beerbt hatte, ist ihm ein Bundeskanzler Kohl rausgerutscht, erinnert sich Hofer. Gemerkt habe das niemand, sagt er. Und als der Papst den Segen „Urbi et orbi“ erteilte, tat er das laut Hofer vor tausenden von Gläubigern statt Gläubigen.
Elternhaus an der Kreuzstraße
In Wesel beschäftigen Jan Hofer dagegen ganz andere Dinge. Gerade ist die Fassade eines seiner Häuser an der Kreuz-/Doelenstraße fertig geworden. Der Klinker strahlt nun wieder in frischem Rot, die Geländer der Balkone wurden erneuert und nach der Beleuchtung des Lutherhauses gegenüber, für die er gesorgt hat, soll nun auch dieses Gebäude mit Licht in Szene gesetzt werden. „Ich bin ja auf der Straße groß geworden“, erläutert der in Büderich geborene Jan Hofer, ein paar Häuser weiter Richtung Ring, dort, wo sich nun im Erdgeschoss eine Trinkhalle befindet.
Zurzeit bereitet sich der Nachrichtensprecher in der Doelenstraße eine Penthousewohnung vor, damit er auch mal mit seinem Sohn vorbeischauen kann. Bis Henry so weit ist, seinen Vater bei seinen ausgedehnten Radtouren zu begleiten, dauert es allerdings wohl noch ein Weilchen. Denn die 100 Kilometer mit dem Mountainbike über Emmerich und Xanten zurück bis Wesel, die er im Sommer noch absolviert hat, dürften dann doch ein bisschen viel sein. Vielleicht, denkt Hofer laut nach, holt er auch mal eine Oldtimerrallye nach Wesel. Schließlich schlägt sein Herz für die alten Autos und nach Jahrzehnten in letzter Zeit auch wieder deutlich mehr für Wesel. Dass er hier noch quasi unerkannt durch die Fußgängerzone gehen kann, ist für ihn übrigens kein Wunder: „Man erwartet mich hier nicht“.