Schermbeck. . Die Schermbeckerin Marlis Fengels las einen Auszug aus ihrem historischen Roman „Die Schönenbecker“ – Pate für das Dorf stand Schermbeck.

  • Klare Worte zu aktuellen rassistischen Tendenzen in den Parlamenten
  • Schüler zeichnen die Schicksale der Schermbecker Juden nach
  • Marlis Fengels aus ihrem historischen Roman „Die Schönenbecker

Norbert Hohmann, Leiter der Schermbecker Gesamtschule, ist ein Mann der klaren Worte. Dies wurde gleich in seiner Begrüßung zur gestrigen Gedenkveranstaltung anlässlich der Pogromnacht in der Aula seiner Schule deutlich: „Wir treffen uns heute zum würdigen Gedenken an schreckliche Ereignisse aus einer Zeit, die für uns Geschichte ist. Doch heute sitzen in Parlamenten wieder politische Parteien, die rassistische Gedanken haben und meinen, es gibt bessere und schlechtere Menschen.“ Dann fuhr Hohmann fort: „Wir sind eine Schule mit Courage. Deshalb wagen wir auch zu sagen, was wir falsch finden.“

Dies griff als zweiter Redner Michael Rubinstein, Geschäftsführer des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden Nordrhein, auf: Auch ihn erfülle die Entwicklung der Parteienlandschaft mit Sorge. Rubinstein sieht aber auch Positives: „In dem Begriff ‘Gedenken’ steckt das Wort ‘denken’ – und wir sollten in Deutschland froh sein, dass wir heute unsere Gedanken äußern dürfen.“ Er lobte die Gesamtschule für deren Engagement und richtete sich direkt an die Schüler: „Dass Ihr denken und gedenken dürft, ist ein Geschenk, das Ihr nutzen solltet.“

Auch Vize-Bürgermeister Engelbert Bikowski (CDU) sagte, er kriege das „kalte Grauen“, wenn er höre, „dass Menschen wegen ihres Glaubens verfolgt werden“.

Dann waren Schüler der Geschichts-Leistungskurse an der Reihe: Janis Ihnen und Jonas David-Spickermann hatten sich mit der Entwicklung der Jüdischen Gemeinde und dem Jüdischen Leben in Schermbeck beschäftigt. „Paula Adelsheimer war einzige Jüdin in ihrer Klasse – sie hatte viele Freunde, war sogar Kilian-Schützenkönigin und wurde trotzdem verraten und bekam den Terror zu spüren“, erklärte Janis.

Finn Jungenkrüger stellte die NS-Zeit in Schermbeck vor und berichtete, wie Juden nur wegen ihres Glaubens das Leben schwer gemacht wurde – unter anderem wurden sie aus den Schermbecker Vereinen ausgeschlossen. Nathalie Baumeister, Lena ­Beemelmans, Julian Mülders und Till David-Spickermann hielten ein Referat über Marga Randall – eine jüdische Zeitzeugin, die in die USA ausgewandet ist und 1981 in ihren Heimatort Schermbeck zurückkehrte.

Eindrucks voll war aber auch die Lesung der Schermbeckerin Marlis Fengels aus ihrem historischen Roman „Die Schönenbecker – vom Untergang eines Dorfes“. Dass nach den Schülerreferaten viele Parallelen zu wahren Begebenheiten in dem Roman erkennbar wurden, ist kein Zufall, wie Fengels berichtet: „Er ist ganz eng angelehnt an Ereignisse, die sich in Schermbeck zugetragen haben – Schermbeck hat für mein Buch quasi Modell gestanden.“ Kein Wunder also, dass der fiktive Ortsname „Schönenbeck“ ganz ähnlich wie „Schermbeck“ klingt. Von einem „vertrauten, idyllischen Flecken“, habe sich der Ort in der Pogromnacht am 9. November 1938 zu einem „Ort des Schreckens und der Gräueltaten“ verwandelt. Diese Zeit sei noch heute „bedeutend, rätselhaft und unbegreiflich“.