Wesel. . Damit ältere Menschen in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können, hat der Bauverein im Zitadellenquartier Wesel ein Pilotprojekt initiiert.

  • Der Bauverein Wesel saniert ein Haus aus den 50er Jahren und baut einen neuen Komplex dazu
  • In dem Ensemble an der Leipziger Straße 7-11 sollen zwölf Senioren ein neues Zuhause finden
  • 1,6 Millionen Euro kostet das insgesamt, der Einzug ist für August 2017 geplant

Einen alten Baum verpflanzt man nicht. Dieses Sprichwort ist schnell dahergesagt, aber es stimmt. Und so möchte der Bauverein Wesel mit einem Pilotprojekt im Zitadellenviertel dafür sorgen, dass Menschen, die hier alt geworden und nun auf Hilfe angewiesen sind, die Möglichkeit haben, im Quartier zu bleiben. So bleibt nicht nur ihr Wohnumfeld bestehen, sondern auch die sozialen Kontakte können weiter gepflegt werden, sagt Bauvereinsvorstand Anett Leuchtmann.

Element für Element wird eingesetzt.
Element für Element wird eingesetzt. © Markus Weißenfels

Das neue Zuhause entsteht an der Leipziger Straße 7 bis 11: etwa 600 Quadratmeter groß, davon 400 Quadratmeter Pflegebereich. Seit Dezember wird ein Acht-Familien-Haus aus den 50er Jahren komplett saniert und dahinter seit Montag ein Neubau in Holzrahmenbauweise errichtet. Den gesamten Komplex - bis auf zwei ganz normale Wohnungen im Obergeschoss des Altbaus mit Größen von 35 beziehungsweise 78 Quadratmetern und 95 Quadratmeter Büro - wird Frank Sentef aus Oberhausen mit seinem Unternehmen „SenioRedenz“ anmieten, hinzu kommt der Pflegedienst DAP aus dem Ruhrgebiet. Christiane Jaenisch hat schon viele Gespräche mit potenziellen Nutzern aus dem Zitadellenviertel geführt. „Wir waren fast in jedem Haushalt“, sagt Leuchtmann.

Am Ende steht ein Konzept, dass das Sozialamt zusammen mit dem Aufsichtsrat des Bauvereins erarbeitet hat. Zwölf betreute Mieter werden in dem neu geschaffenen Komplex im Erdgeschoss ein bis zu 19 Quadratmeter großes Zimmer mit bodentiefen Fenstern beziehen - abgestimmt mit der Heimaufsicht. Vorbauten, deren Fenster sich komplett öffnen lassen, ermöglichen ein Verweilen an der frischen Luft. Dafür gibt es zudem eine Terrasse, die sich im eingeschossigen Neubau an den Gemeinschaftsraum anschließt. Die Bäder müssen sich zwei, drei Bewohner teilen. Zum Konzept gehören das gemeinsame Kochen und gemeinsame Unternehmungen.

In Gesprächen mit dem Nachbarschaftsverein habe sich herausgestellt, dass es hier eine Menge Menschen gibt, die das Bedürfnis haben, sicher zu wohnen. Eine 24-Stunden-Betreuung und eine Versorgung über den Pflegedienst machen dies möglich.

Schönes Wohnklima

Der Holzanbau wird schnell stehen. Auch er ist gewissermaßen ein Modellprojekt, denn so hat der Bauverein bislang noch nichts errichtet. Dafür sprechen gute Dämmwerte und ein schönes Wohnklima, erläutert Leuchtmann, die auf zukünftiges Bauen mit neuen Materialien setzt. Hier wird es eine Fußbodenheizung geben, was im Altbau wegen der mangelnden Tiefe der Böden unmöglich ist, weiß Architektin Ann Kristin Olfen. Überhaupt muss einiges bedacht werden. Denn die Böden sind nicht eben, die Deckenhöhen unterschiedlich, so dass Zimmer für Zimmer neu eingemessen wird. Der Dachstuhl war noch brauchbar und wurde nur neu eingedeckt, ansonsten wird fast alles neu gemacht, angefangen bei der Elektrik bis zum Zuschnitt der Räume. Mal fällt eine Tür weg und wird zugemauert, mal kommt eine neue hinzu.

Das Ganze läuft über den so genannten Stadtumbau West, ein Förderprogramm des Landes, aus dem man im Zitadellenviertel schon häufig Gelder erhielt. „Das Quartier ist inzwischen schick“, freut sich Leuchtmann nach all den bisherigen Umbauten und Sanierungen, angefangen an der Weimarer Straße, gefolgt von der Stettiner Straße. Und es ist noch lange nicht Schluss. Bis 2020 laufen weitere Planungen, die allerdings noch nicht im Detail feststehen. Leuchtmann findet es wichtig, bei alldem die Mieter mitzunehmen. Und auch für sie hat sie lobende Worte: „Sie sind einfach klasse“.

Einzug im August

Im August, so die Planung, sollen die ersten Bewohner einziehen. In ein neues Zuhause, aber weitgehend in der gewohnten Umgebung. Einen alten Baum verpflanzt man eben nicht...

FAKTEN UND ZAHLEN

Bereits im Mai 2016 wurde der Bauantrag bei der Stadt gestellt. Baubeginn war dann im Dezember. Mit der Fertigstellung wird Ende Juli/Anfang August gerechnet. Die Baukosten betragen etwa 1,6 Millionen Euro.

Ähnliche Seniorenwohngemeinschaften betreibt Frank Sentef bereits in Berlin, eine direkt gegenüber dem Schloss Charlottenburg, und in Duisburg, eine in Meiderich. Sie liegt in der 5. Etage und ist mit dem Aufzug erreichbar.