Hamminkeln. . Der junge Brüner Steffen Grütjen musste in Geschichte eine Facharbeit schreiben und hat sich in das Leben von Pfarrer Pistor in Brünen vertieft

  • Zu Beginn der NS-Zeit hatte Wilhelm Pistor seine noch Schäfchen aufgerufen, Hitler zu wählen
  • Während der Reichspogromnacht half der Brüner Geistliche einer jüdischen Nachbarin
  • Für Steffen Grütjen war die Recherche über den Geistlichen eine spannende Erfahrung

„Wählt den von Gott gesandten Führer Adolf Hitler und nicht den greisen Hindenburg!“ So rief der Brüner Pfarrer Wilhelm Pistor 1932 von der Kanzel der evangelischen Kirche seine Schäfchen dazu auf, auch bloß an der richtigen Stelle das Kreuz zu machen.

Zeitsprung: Am 15. Juni des Jahres 1944 stellt das Amtsgericht Wesel einen Haftbefehl gegen den Geistlichen aus. Grundlage war das „Heimtückegesetz von 1934 zur Bekämpfung oppositioneller Meinungsäußerungen. Wilhelm Pistor musste ins Gefängnis in Duisburg-Hamborn.

Steffen Grütjen sprach auch mit Zeitzeugen

Was war das denn nun für ein Mann? Nazi, Widerstandskämpfer, irgendwas dazwischen?

Dieser Frage ist der 18-jährige Brüner Steffen Grütjen in seiner Facharbeit Geschichte als Schüler des Weseler Andreas-Vesalius-Gymnasiums nachgegangen. Auf 25 Seiten listet er seine Recherchen auf, belegt seine Quellen, spricht mit Zeitzeugen, um sich ein Bild von dem Brüner Geistlichen zu machen, der von 1927 bis 1948 im Dorf der Seelsorger war.

Feierliche Preisverleihung im Weseler Ratsaal

Als Belohnung für all diese Arbeit gibt es heute den ersten Preis des Schülerwettbewerbs der Heresbach-Stiftung Kalkar. Der wird ihm im Ratssaal feierlich von Bürgermeisterin Ulrike Westkamp übergeben.

Doch wie kommt ein Schüler darauf, sich mit einem Geistlichen während der NS-Zeit zu beschäftigen? „Ich wollte unbedingt etwas mit einem lokalen Bezug machen, etwas, was mit Brünen zu tun hat“, erinnert sich der junge Mann.

Der Archivbeauftragte der Gemeinde half weiter

Eine Idee, die auch sein damaliger Geschichtslehrer Carsten Schmitzt gut fand. Steffen Grütjen wandte sich an den Archivbeauftragten der evangelischen Gemeinde Brünen, Günter Heiligenpahl, blätterte in der Pfarrchronik und stieß auf besagten Geistlichen.

Günter Heiligenpahl half bei der Quellensuche, wies den Schüler auch auf Zeitzeugen hin. Der eine war der mittlerweile verstorbene Lackhausener Ernst Kölken, der Verwandtschaft in Brünen hatte, der zweite Steffens eigener Nachbar Alwin Cappell.

Der Pfarrer hatte sich auch mit NS-Größen angelegt

Und so arbeitete er sich ein in das Leben des Wilhelm Pistor, fand heraus, dass er nach der Reichspogromnacht seine jüdische Nachbarin Johanna Wertheim im Pfarrhaus aufgenommen hatte und sich zwischenzeitlich auch mit NS-Größen in Brünen angelegt hatte.

Das Fazit von Steffen Grütjen: Der Mann ist zwiespältig aufgetreten, sein Sinneswandel bleibt allerdings eine Tatsache.