Wesel. . Die ältesten Ställe der Schmähs sind aus dem 17. Jahrhundert. Milchkühe stehen dort heute nicht mehr. Die lassen sich in der Halle verwöhnen

Gemeinsam laufen die Kühe zurück in den Stall, vermutlich voller Vorfreude auf ihr Frühstück. „Die waren jetzt vier Stunden draußen, damit sie frische Luft bekommen und sich bewegen“, sagt Landwirtin Elke Schmäh vom Lühlshof. „Und ja, die haben Hunger.“ Zu erkennen am flotten Gang. Jeden Morgen, außer im Winter, nach dem ersten Melken um fünf Uhr werden die Kühe auf die Wiese gelassen. Namen haben die 200 Milchkühe nicht, Elke Schmäh kennt ihre Pappenheimer aber trotzdem.

„Diese hier liebt das Melkrondell. Sie bleibt einfach stehen und wartet, bis die nächsten Kühe kommen“, sagt die Landwirtin und ergänzt lachend: „Vielleicht liebt sie die Geselligkeit und hat einiges zu erzählen. Die Kühe stehen nämlich mit den Gesichtern zueinander.“ Verschmust seien sie aber fast alle. Und so nimmt sich die Landwirtin Zeit für Streicheleinheiten.

Gemeinsam mit ihrem Sohn Carsten, der die Leitung des Hofs übernommen hat, und Landwirt Friedrich Gühnen, der seinen Betrieb aufgeben musste, kümmert sie sich um die Tiere. Und denen fehlt es an so gut wie nichts: Jeden Tag bekommen sie ihren Auslauf, obwohl das die

Die Bürsten mögen die Milchkühe ganz besonders. Gelegentlich bildet sich auch eine Schlange.
Die Bürsten mögen die Milchkühe ganz besonders. Gelegentlich bildet sich auch eine Schlange. © Markus Joosten

Produktivität mindert, sagt Elke Schmäh. „Ich habe lieber zufriedene und gesunde Tiere“, betont sie, „als einen Liter pro Tier mehr“. Kein Wunder, dass die Landwirte für 1,5 Millionen Euro einen Wellness- Tempel gebaut haben – gefördert durch das Land NRW, dem Bund sowie dem Europäischen Landwirtschaftsfonds. In der 85 Meter mal 45 Meter großen Halle mit hohen Decken, Betten, Bürsten, Auslauffläche und großen Fenstern leben die Milchkühe. Besonders die Maschinen mit den Bürsten sind bei den Huftieren begehrt, alle wollen sich striegeln und massieren lassen.

Elke Schmäh liebt ihren Hof, dennoch würde sie heute keine Landwirtin mehr werden wollen, zu groß ist der Frust. „Wir sind mehr damit beschäftigt, die Auflagen zu erfüllen.“ Um den Bürokram kümmere sie sich mit ihrem Sohn abends oder am Sonntag; von 4.30 Uhr bis 18 Uhr habe sie dafür keine Zeit. Damals sei das ganz anders gewesen. Elke Schmäh lässt ihren Blick über den Hof schweifen. An den Scheunen wird der Wandel der Zeit deutlich – die ältesten Gebäude stammen aus dem 17. Jahrhundert und wurden für die Landwirtschaft genutzt.

Jede Kuh gibt durchschnittlich 27 Liter pro Tag

1950 lebten 20 Kühe in dem Stall, heute steht dort kein Tier mehr. 20 Jahre später waren es 70 Kühe. Ein Blick in den damals neu gebauten Stall würde Tierschützer heute allerdings aufschrecken lassen. „Dabei war das damals der neuste Stand“. Die Tiere standen in der so genannten Anhaltebindung nebeneinander. Das sieht heute anders aus – nur die Bullen sind dort untergebracht, sie werden aber nach zwei Wochen von einem Mastbetrieb abgeholt. Und nein, angebunden sind sie nicht.

2013 kam die größte Halle für die Milchkühe dazu. Jedes Tier gibt durchschnittlich 27 Liter Milch pro Tag – alle zwei Tage wird diese von der Firma Oetker abgeholt. Was lukrativ klingen mag, ist es laut den Schmähs wegen der Niedrigpreise schon lange nicht mehr. Jeden Monat machen sie Verluste. Doch trotz der miesen wirtschaftlichen Lage schaut Familie Schmäh positiv in die Zukunft. „Uns hat der Beruf schon immer Spaß gemacht. Das ist für uns die Hauptsache.“