Hamminkeln. . Regionaler geht es kaum: Die Firma Van Nahmen muss nur selten Äpfel von Streuobstwiesen zukaufen. Viele Hobbygärtner sind froh, dass ihre Früchte sinnvoll verarbeitet werden

  • Bis zu 4000 Privatleute liefern jährlich ihre überschüssigen Früchte bei dem Traditionsbetrieb ab
  • Im Gegenzug kaufen sie den fertigen Saft preiswerter ein
  • Derzeit herrscht Hochbetrieb - die Bäume tragen so gut wie seit Jahren nicht

Schon beim Betreten des Hofes macht sich dieser Duft in der Nase breit: Süß, gleichzeitig aber auch ein wenig säuerlich. Voll und irgendwie saftig, und unheimlich lecker. Es ist der Duft, der zum Herbst am Niederrhein einfach dazu gehört – der Geruch frischer Äpfel. Bei der Hamminkelner Obstkelterei van Nahmen an der Diersfordter Straße ist er in diesen Tagen allgegenwärtig, denn es ist Hochsaison.

Zuviel für den Eigenbedarf

„Ja, zwischen Anfang September und Ende Oktober stehen bei uns die Äpfel im Vordergrund“, sagt Peter van Nahmen. „Von Ende September bis Mitte Oktober ganz besonders.“ Und auf dem Hof des Traditionsunternehmens bestätigt nicht nur die Nase diesen Eindruck, auch die Augen. Rechts sind Äpfel in großen Plastikboxen zu sehen, verschlossen und gestapelt. „Die Früchte sind nach Sorten sortiert und warten auf ihre Verarbeitung“, erklärt der Chef. Links stehen noch weitere dieser Boxen, diese sind allerdings noch offen, denn es haben noch Äpfel Platz darin. Und im Minutentakt kommen neue an, geliefert von Hobbygärtnern.

Es sind Menschen aus Hamminkeln und Umgebung, die in ihrem Garten Früchte gepflückt oder aufgesammelt haben. Sie bringen sie in die Kelterei und bekommen dafür Sonderkonditionen beim Saftkauf. Auch eine Frau aus Dingden, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, ist gerade mit ihrem Auto vorgefahren und lädt Äpfel aus. 21 Kilogramm sind es heute, vor ein paar Tagen hat sie schon einmal 70 Kilo gebracht. Wieso sie das macht? „Wir können nicht alle Äpfel unseres Baumes selbst verwenden“, sagt sie. „Das ist einfach zu viel.“

Und bevor sie gutes Obst wegwerfe oder vergammeln lasse, wolle sie es lieber hier verarbeiten lassen. „So sehen auch meine Kinder, was aus den Früchten wird und verstehen viel besser, wie unsere Lebensmittel entstehen“, ist die Mutter überzeugt. Und nicht zuletzt freue sie sich über die Sonderkonditionen beim Kauf des fertigen Saftes. „Denn den kaufen wir so oder so.“

Für wen der Weg direkt zur Kelterei zu weit ist, der kann sein Obst auch an einer von 15 Sammelstellen im gesamten Kreisgebiet abgeben. „In der Regel kommen wir mit diesen Äpfeln aus“, sagt Peter van Nahmen. „Es sind 3000 bis 4000 Leute, die uns ihre Früchte bringen.“ Reiche die Menge nicht aus, werde von Vertragspartnern mit Streuobstwiesen zugekauft.

Alles wird verwertet

Rund 200 000 Tonnen Äpfel werden bei van Nahmen pro Saison verarbeitet, aus 100 Kilo Obst entstehen dabei 75 Liter Saft. Die festen Überreste der Äpfel, der so genannte Trester, der in Italien etwa zur Grappa-Herstellung genutzt wird, wird auch in Hamminkeln nicht weggeworfen. „Ein Landwirt holt unseren Trester ab und verfüttert ihn an seine Rinder“, sagt Peter van Nahmen. „Es bleibt bei der Saftherstellung also gar nichts übrig.“

Neben den Äpfeln in Plastikboxen ist auf dem Hof der Kelterei auch ein großer Obsthaufen zu sehen. Das sind die Äpfel, die heute verarbeitet werden. Über eine Art Wasserrutsche werden die Früchte vom Hof in die Produktionsanlage transportiert und dort gesäubert und von Hand sortiert, bevor sie zu Maische zerkleinert und gepresst werden. Der ausgepresste Saft wird über Schläuche weitergeleitet, in einer Zentrifuge von den letzten größeren Stücken getrennt und vor der Abfüllung für 30 Sekunden auf 82 bis 82 Grad erhitzt. „Das verhindert die Gärung“, weiß Peter van Nahmen.

Ob der Saft in diesem Jahr besonders lecker wird, muss jeder selbst beurteilen. Fest steht aber: „Es ist ein sehr, sehr gutes Jahr für Äpfel“, so van Nahmen. Teils habe er sich gemeinsam mit den Vertragspartnern Sorgen darum gemacht, dass einige Bäume die Last ihrer schweren Äste nicht tragen können würden.

Nur alle vier bis sechs Jahre gebe es so viele Äpfel. Und so werden die Mitarbeiter der Hamminkelner Kelterei wohl auch in den nächsten Tagen noch Kofferraum um Kofferraum leeren.