Wesel. .

Im vergangenen Jahr verblüffte Peter Bruns die Besucher im Centrum an der Ritterstraße mit der von ihm entdeckten „Vergessenen Burg Dravewinkel“. Am Mittwoch war der Hobby-Archäologe und ehrenamtliche Mitarbeiter beim LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland auf Einladung des Vereins „Historische Vereinigung Wesel“ erneut im Keller der Bücherei zu Gast. Sein Vortrag mit dem Titel „600 Jahre Weseler Landwehren“ beschäftigte sich mit Erdwallanlagen, die bis zum ausgehenden Mittelalter die Hansestadt vor Eindringlingen schützen sollten.

„Die insgesamt 25 Kilometer langen Landwehren waren damals Wesels erste Verteidigungslinien und nicht etwa die Stadtmauer, wie man vielleicht vermuten könnte“, erklärte Bruns den rund 80 interessierten Gästen zu Beginn und räumte zugleich mit einem über Jahrhunderte geltenden Irrtum auf: „Der Limes Imperii Romana war in Wahrheit nichts anderes als eine viel später errichtete Landwehr. Damals haben Archäologen praktisch jede Entdeckung den Römern zugeordnet.“

Jahrelang wurde Bruns’ Suche nach verlässlichen Quellen nur mit bescheidenen Erfolgen belohnt. Bis der hauptberuflich als Diplom-Heilpädagoge tätige Bruns im Weseler Stadtarchiv auf die 5 000 Seiten umfassenden „Weseler Stadtrechnungen“ stieß. „Daraus lässt sich ableiten, wann und wo Landwehren gebaut wurden, wie diese beschaffen waren und welche Reparaturen im Laufe der Jahre vorgenommen wurden. Sogar die Namen der Auftraggeber stehen dort.“

1416 endete der Bau

Damals nahmen die Kommunalpolitiker noch selbst die Schaufel in die Hand, um ihre Bauvorhaben anzustoßen. „Bürgermeister und Rat haben im Jahre 1403 jeweils die ersten Meter der Landwehren eigenhändig ausgehoben. Anschließend haben sie in einer Gaststätte gegessen und getrunken. Die Spesenrechnung belegt den Baubeginn der Weseler Verteidigungsanlagen“, berichtet der Träger des LVR-Rheinlandtalers.

Danach mussten die Bürger weitergraben - und das unter sozialen Gesichtspunkten. Je ärmer ein Bauer war, desto mehr Zeit musste er mit dem Graben zubringen. Reiche Kaufleute durften sich von dieser Pflicht freikaufen, das Geld ging an die grabenden Bürger.

Im Laufe der Jahre wurden die zum Teil heute noch erhaltenen fünf Meter hohen und auf der Krone mit Dornen bepflanzten Landwehren immer weiter ausgebaut. „Es gab fünfreihige Landwehranlagen mit einer Breite von 70 Metern“, so Bruns, der bei seinen Nachforschungen immer wieder auf Rätsel stößt. So führte eine Landwehr etwa von der Raesfelder Straße stadteinwärts an der heutigen Schermbecker Landstraße entlang und endete am „Vörberg“, einem Hügel, den es dort heute nicht gibt und auf den auch keine Unterlagen hinweisen.

In die Landwehren wurden Wehrtürme, die Warten, eingebaut. Mit der Fertigstellung und Bauabnahme der Brüner Wart endete am 18. Oktober 1416, vor genau 600 Jahren also, der Bau der Weseler Landwehren.