Wesel. . Schüler der Gesamtschule Am Lauerhaas befragten den niederländischen Autor Paul Glaser in dessen Muttersprache zu seinem Buch „Die Tänzerin von Auschwitz“.
„Die Tänzerin von Auschwitz“ heißt das bewegende Buch des niederländischen Autors Paul Glaser, der darin das Leben seiner Tante Rosie schildert, die in Kleve aufgewachsen ist und als Jüdin von den Nazis verfolgt wurde.
Schüler dreier Oberstufenkurse der Weseler Gesamtschule Am Lauerhaas haben jetzt im Rahmen ihres Niederländisch-Unterrichts zunächst das Werk gelesen — natürlich auf niederländisch. Gestern nahm sich der Schriftsteller nun rund zwei Stunden Zeit, um den Schülern ergänzend zu den Schilderungen in seinem Buch die Erlebnisse seiner Tante näherzubringen.
Den Jugendlichen wurde dabei deutlich, wie aufregend Ahnenforschung gelegentlich sein kann, wenn Spannendes zu Tage tritt.
Jahrzehnte hatten die Eltern von Paul Glaser ihm nicht nur die Geschichte seiner Tante verschwiegen – sondern auch, dass sie selber jüdischen Glaubens sind. Der heute 68-Jährige machte sich dennoch auf die Suche und berichtet über eine Frau mit einem unerschütterlichen Überlebenswillen.
Er begann seine Erzählungen in der Gesamtschule mit Abbildungen von Rosie, die meist Roosje genannt wurde, aus den Jahren um 1930. „Damals war sie etwa so alt wie ihr jetzt“, wandte sich Glaser direkt an die aufmerksamen Schüler – natürlich auf niederländisch, denn es war ja schließlich Niederländisch-Unterricht.
Mit tollen Fotos und kleinen Filmsequenzen zeichnete er das Leben der Jüdin nach. „Roosje hat es mir auch leicht gemacht – sie hat fast alles aufgeschrieben, fotografiert und sogar gefilmt“, erzählte der Autor.
„Die Tänzerin von Auschwitz“ ist ein sehr persönliches, emotionales Buch geworden – eine wahre Geschichte, die erschüttert, aber zugleich zeigt, was man mit einem starken Willen erreichen kann.
So überlebte die junge Frau unter anderem sieben Konzentrationslager – auch, weil sie Affären mit SS-Offizieren hatte und den Soldaten sogar Tanzunterricht gab. „Tanzen war ihre Leidenschaft“, so Glaser. Sie sprach zudem besser deutsch als niederländisch – ein weiterer Glücksfall.
Das Buch ist aber auch die Geschichte über ein Familiengeheimnis, das Paul Glaser nur durch Zufall entdeckt hat. Sein Vater, der mit 95 Jahren in einem Altenheim lebt, redet bis heute nicht über seine Vergangenheit und ist auch nicht mit der Veröffentlichung der Geschichte seiner Schwester Roosje einverstanden.
Doch davon lässt sich Glaser nicht abhalten. „Was haben Sie mit Roosje gemeinsam“, wollte eine Gesamtschülerin wissen. „Vielleicht meinen starken Willen und dass ich nicht untätig sein kann.“
Das zeigte sich auch beim Tod seiner Tante, die 2000 in Schweden starb. Obwohl es streng verboten ist, streute er Roosjes Asche ins Meer – genau so, wie es sich die Verstorbene gewünscht hatte. „Sie hätte es sich auch nicht verbieten lassen“, so Glaser.