Wesel. . Nahezu unbemerkt wurde er vollzogen, der Inhaberwechsel bei Winckels am Viehtor. Seit 151 Jahren war der Betrieb in der Hand der Familie Winckels.

„Reparaturen und alle in mein Fach einschlagende Arbeiten sollen schnell und solide ausgeführt werden.“ So stand es am 9. April 1864 in der Bekanntmachung des Kreis-Anzeigers, Organ für den Niederrhein und Westfalen. Witwe Albers, Mutter des verstorbenen Bernhard Albers, hatte soeben das Juweliergeschäft mitten in Wesel an Jacob Winckels übergeben. Damals lautete die postalische Adresse noch Schmidtstraße, mit dem Zusatz „neben der Post“, und es handelte sich um ein Eckhaus. Heute ist Winckels am Viehtor 13 zu finden, aber immer noch an derselben Stelle. Und zum Jahreswechsel gab es erneut einen neuen Besitzer.

Von Brünen nach Wesel

Stefan und Julija Lupp aus Brünen haben das Traditionsgeschäft von Rainer und Heidrun Winckels übernommen. Der Goldschmied, der zum Jahresende Werkstatt und Laden an der Weseler Straße in Brünen schloss, wechselte nach Wesel. Winckels kennt er schon lange, erledigte er doch seit vielen Jahren Reparaturarbeiten für das Unternehmen sowie für viele andere Juweliere. Mit Winckels wäre nun ein guter Kunde weggebrochen, sagt Lupp. Zudem habe es in Brünen keine Laufkundschaft gegeben, so dass er sich entschloss, in Wesels Innenstadt tätig zu werden.

Momentan werden dort die Schaufenster neu dekoriert, aber der Laden läuft weiter. Die Winckels, die über dem Geschäft wohnen, wollten einen fließenden Übergang und halfen bis gestern noch mit. Und sie wollten, dass ihre Mitarbeiterinnen Cornelia Richter, Martina Schmitz, Jutta Liesmann und Bettina Hemming auch weiterhin hier beschäftigt werden.

Die beiden 62-Jährigen haben nun einen Schnitt gemacht, wohl überlegt und ohne Wehmut. 35 Jahre war das hier ihre Wirkungsstätte, Rainer Winckels ist gar in diesem Haus geboren und in den Beruf quasi hineingewachsen. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft schloss er eine Optikerlehre an. 1980, dem Jahr der Hochzeit mit seiner Frau Heidrun, ging es dann im Laden los - parallel mit seinen Eltern Irmgard und Hermann.

Viele historische Bilder hat Rainer Winckels noch, die unter anderem in dem NRZ-Sonderheft „Unser Wesel - Fotos erzählen Geschichte(n)“ zu sehen waren. Denn vor dem Krieg sah das Geschäft deutlich anders aus. Im Zweiten Weltkrieg wurde es komplett zerstört, und sogar der Geldschrank, den seine Eltern vergraben hatten, ist nie mehr aufgetaucht.

Keine Brillen mehr

Doch das Leben musste weitergehen. Die Geschäfte liefen zunächst an der Friedenstraße, wo sich viele Händler vorübergehend niederließen, so lange bis wieder neue Häuser an alter Stelle entstanden. Nach und nach erfolgte dies. Erst eine Etage, dann schrittweise die weiteren. 1952 konnte eröffnet werden, 1953 kam Rainer Winckels auf die Welt und ist mit dem Betrieb seiner Eltern groß geworden. Uhren, Schmuck und Optik waren hier immer im Angebot.

Mit der Übernahme durch die Lupps ändert sich das, die Optik entfällt. Schließlich ist Stefan Lupp Goldschmied. Erlernt hat er diesen Beruf quasi gleich um die Ecke, bei Axel Bogumil an der Kreuzstraße. In Brünen fertigte der Goldschmied Schmuck nach den Vorstellungen seiner Auftraggeber, die manchmal schon mit einem Entwurf vorbeischauten. Lupp hat aber auch Fotos von seinen Werken, die er so oder in einer Variation jederzeit herstellen könnte.

Eine Herausforderung ist für ihn beispielsweise die Produktion eines besonderen Colliers, wenngleich auch zahlreiche größere und kleinere Reparaturen oder Umarbeitungen anfallen. Im Moment ist der neue Geschäftsinhaber damit beschäftigt, einen neuen Internetauftritt zu erarbeiten, damit jeder sehen kann, von welchen Herausforderungen er spricht.