Hamminkeln. Mit emotionalen Vorträgen berichten fünf Zeitzeugen wie das Leben in Hamminkeln und Wesel zur Zeit des zweiten Weltkriegs war. Ein elfjähriger Zuhörer ist gepackt von den Erzählungen.
Emotional und packend – das waren die fünf Vorträge, die im Saal des Hamminkelner Rathauses zum Thema „70 Jahre Frieden - Was ist Krieg?“ gehalten wurden. Das Forum Senioren hatte geladen und die Interessierten waren zahlreich erschienen. Lediglich die gewünschte Zielgruppe der Jugendlichen fand den Weg ins Rathaus nicht. Was auch Peter Mellin sehr schade fand: „Leider hat sich unser Wunsch, die jüngere Generation zu erreichen, nicht erfüllt.“
Beeindruckter Junge
Einer war aber doch da. Nico Reeh, elf Jahre hat, saß mit seinem Vater unter den Zuhörern. „Ich habe heute morgen gelesen, dass dieser Vortrag stattfindet, und wollte unbedingt dahin“, erzählte er. Genau mitgeschrieben hat er, was die fünf Redner über ihre Erfahrungen aus dem zweiten Weltkrieg zu berichten wussten. „Ich interessiere mich sehr für das, was damals passiert ist und habe viele Bücher gelesen, aber so wie heute, habe ich es noch nie erlebt“, sagte der beeindruckte Junge.
Zuvor wurde aus den Erinnerungen von Peter Mellin, Josepha Romanski, Erich Schlabes, Wilhelm Hülsken und Wilhelm Breuer vorgetragen. Vom Kriegsbeginn und seiner Zeit bei der Luftwaffe erzählte Erich Schlabes. Als Sturzkampfflieger war er im Einsatz, später kam er in amerikanische Gefangenschaft. „Als ich nach Wesel zurückkehrte, war die Freude riesengroß“, erinnerte sich Schlabes.
Als der Krieg kam, musste Josepha Romanski mit ihrer gesamten Schule umziehen. In Garmisch-Patenkirchen lebte sie fortan fernab ihrer Familie. „Unsere Leiterin in der Kinderlandverschickung war Nazi durch und durch. Ein normales ‘Guten Tag’ war nicht erlaubt“, blickt sie zurück. Als die Amerikaner einmarschiert sind, hingen dann überall weiße Fahnen zum Zeichen der Kapitulation.
Baumelnde Leichen
30 Jahre nach Kriegsende erhielt Wilhelm Hüslken Post aus England. Zwei Piloten eines in Hamminkeln abgestürzten Lastenseglers meldeten sich bei ihm, um die Absturzstelle noch einmal zu besuchen. Gleichzeitig mit den Briten kam der deutsche Fahrer eines Funkautos. „Der Engländer hatte damals auf das Funkauto geschossen, es aber nicht getroffen. Damals habe ihn das geärgert, 30 Jahre später war er froh, nicht getroffen zu haben“, kann auch Hülsken eine bewegende Geschichte erzählen.
In der Isselburger Sparkasse arbeitete Wilhelm Breuer am Tag der Bombardierung Wesels. Seine Familie suchte Schutz in einem Bunker. „Als ich erfuhr, dass meine Frau und die sechs Kinder leben, fiel mir ein Stein vom Herzen“, heißt es in seinen Aufzeichnungen.
Die für Nico Reeh beeindruckendste Geschichte wusste aber Peter Mellin zu berichten. „Dass Menschen zur Abschreckung gegen Plünderungen 24 Stunden im Wind gebaumelt haben, hatte ich noch nie gehört“, erzählte der Schüler.
Bürgermeister Bernd Romanski betonte in seinem Schlusswort mit Blick auf die aktuelle Flüchtlingsdebatte: „Niemand flieht wegen des Fliehens, sondern weil es unabdingbar ist.“