Hünxe. .
„Märchen passen einfach gut zum Advent und zu Weihnachten“, stellte Elisabeth Selders am Samstag fest. Schon seit 2009 veranstaltet sie in ihrem Landhaus-Café Lesungen – zur Frühstückszeit: „Literaturfrühstücke“ eben. Genauso lange kommt der Schauspieler Georg Adler nach Drevenack und trägt Texte vor. Dieses Mal standen Märchen von Hans-Christian Andersen auf dem Programm. Adler kündigte die Texte des dänischen Nationalhelden als „warmherzig und humorvoll“ an – ganz anders als die Geschichten der Brüder Grimm zum Beispiel.
Ins Programm startete der gebürtige Düsseldorfer, der in seiner aktiven Zeit an verschiedenen Theatern in der Landeshauptstadt und NRW spielte, mit einem der bekanntesten Märchen Andersens, „Des Kaisers neue Kleider“. Natürlich erst, nachdem alle Gäste satt auf ihren Stühlen Platz genommen hatten. Die rund dreißig Zuhörer waren von der Vortragsweise Adlers schnell gepackt, immer wieder streute er kleine Bemerkungen ein und las in verteilten Rollen. Es folgten weitere Klassiker wie „Die Prinzessin auf der Erbse“. Nach einer knappen Stunde und insgesamt sechs Märchen legte der Schauspieler eine Verschnaufpause ein: „Eigentlich kann ich nach so einem Frühstück gar nicht so gut vortragen“, stellte er schmunzelnd fest.
Frohes Fest mit Meister Hüsch
Die erste Geschichte nach der Pause war „Der Tannenbaum“ – jetzt herrschte endgültig ein erster Hauch von Weihnachtsstimmung im Café. Eigentlich fehlte nur noch ein knisterndes Kaminfeuer, um die Kulisse zu perfektionieren. Das Märchen rund um die kleine Tanne, die schließlich als Weihnachtsbaum in einem reichen Haushalt ihre schönsten Tage erlebte, nahm auch die längste Zeit der Lesung ein. Als letzten Text hatte Adler „Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen“ ausgesucht: „Aber mit so einer traurigen Geschichte möchte ich Sie natürlich nicht in den Nachmittag entlassen“, stellte er fest. Auch deshalb las Adler noch ein Gedicht seines Lieblingsdichters Hanns-Dieter Hüsch vor, das viele der Gäste an die bevorstehenden Feiertage erinnert haben dürfte: „Frohes Fest“ erzählt vom Weihnachtsstress, zu fettem Essen und dem Kater nach den Festtagen – danach war die traurige Stimmung der Märchen schon fast wieder vergessen.
Nach der Lesung waren sowohl Adler als auch seine Zuhörer mehr als zufrieden: „Ich hatte gar nicht mehr in Erinnerung, dass Andersen so schön geschrieben hat“, stellte der Rezitator fest, der in der Umgebung regelmäßig Lesungen gibt. Auch Detlef (56) und Stephanie (49) Müller waren angetan: „Für uns war es das erste Mal – mal eine andere Art, seinen Samstagmorgen zu verbringen“, stellten sie fest – ganz ohne den Rummel in den überlaufenen Fußgängerzonen. Einziger Wermutstropfen aus Sicht von Detlef Müller: „Ein bisschen schade fand ich, dass gar keine jungen Leute hier waren – da merkt man, dass solche Traditionen in Vergessenheit geraten.“
Elisabeth Selders zog ein positives Fazit: Die Veranstaltungen seien regelmäßig ausgebucht und die Gäste immer zufrieden. Kein Wunder also, dass Georg Adler auch im nächsten Jahr wieder in das Café kommt. Die Stimmung wird dann allerdings eine ganz andere sein: Im nächsten Oktober trägt er Texte von Edgar Allan Poe vor, dem Meister der Gruselgeschichte.