Wesel. .

Es riecht nach Farbe, Holz und ein bisschen nach frischgebrühtem Kaffee. Alle Künstler haben sich am WG-Tisch versammelt. Darunter Anja Weinberg mit Malerei-Skulpturen, Beate Florenz-Reul mit zarten Engelbildern, Ron Franke mit explodierenden Schwarzweißgemälden, Silke Bergmann mit Lichtobjekten aus Materialien, die das Meer an Land gespült hat. Sie sind gut vorbereitet. Fehlen nur die Besucher. Am Sonntag, 22. November, 11 bis 18 Uhr, sind Gäste bei der Ateliergemeinschaft Z6 im Zitadellenhaupttorgebäude willkommen. Zum Gucken, Plaudern, Kaufen. Originale gibt’s ab zehn Euro, Plätzchen und einen Kaffee gratis dazu.

Hier ist die Ware Kunst noch frisch. Wer durch die Türe kommt, den empfängt ein kreatives zweistöckiges Durcheinander aus Räumen, Künstlern, Materialien und Stilen. Klassische Malerei gibt es bei den Künstlern ebenso wie Skulpturen und Fotografie, Zeichnung, Keramik und Lichtkunst. Goldschmied Volker Fest, in diesem Jahr als Gast vor Ort, hat einen Werktisch aufgebaut, an dem Besucher Schmuck aus Messing, Silber, Kupfer oder Gold herstellen können. Dazu gibt es Jazzmusik des Weinberg-Fest-Quartetts.

Ron Franke spricht für alle. Dies ist der elfte Rundgang. Jedes Jahr vor dem Advent öffnet die Ateliergemeinschaft ihre Türen. Acht Künstler arbeiten fest an der Zitadelle 6, vier sind diesmal als Gäste dabei. Alle haben eine kleine Ausstellung vorbereitet, alle freuen sich, wenn sie Werke verkaufen können. Und alle versichern: „Es wird richtig schön bunt.“

Pierre Bailly ist so etwas wie der Gründervater der Ateliergemeinschaft. Er hat die Räume vor mehr als zehn Jahren mit angemietet – heute ist er der letzte, der von Anfang an dabei ist. Schulterzucken, breites Grinsen. Bailly hat wenig, was er zeigen könnte; seine Werke sind bei einer Ausstellung in Issum. Bis Sonntag kehren sie auf jeden Fall zurück. Dann holt er doch ein Bild von irgendwo hervor: eine typische Bailly-Collage. Ein Stadtplan blitzt durch, das Papier darüber hat der Künstler durch Schleifen und Wachsen transparent gemacht. Keine Farbe. „Ich bin der, der mit der Flex malt“, stellt er augenzwinkernd klar. Wir schauen auf das Bild, Wesel schimmert hindurch – nur dass der Rhein in den Auesee fließt. Der Mann stellt die Welt auf den Kopf.

Am langen Tisch fällt der Blick auf Gemälde von Uschi Stockhausen. Sie ist Ausstellungsgast der Z6-Künstlerin Anne Kunze. Während Anne Collagen über verschiedene Sportarten vorstellt, Kritik zu Doping und Materialschlachten inklusive, widmet sich Stockhausen mit Acryl und Tusch dem Thema „Frauen, Farbe und mehr“. Sie war schon bei der Kulturnacht Z6-Gast. Im September kamen rund 500 Besucher. Auf ähnlich große Resonanz hoffen sie am Sonntag, wobei bei den Atelierschauen mehr Kunstsinnige vorbeikommen und weit weniger Flaneure.

Kenner könnten bei Ralf Neuköther-von Malottki richtig sein. Er arbeitet mit Treibholz, Stahl, Kunststoff und Glas und hat aktuell viel Freude an Experimenten: Aus einer Miniatur mit zwei einander zugewandten Objekten wird eine „Konfrontation“, voneinander abgewandt kommen sie als „Ignoranz“ daher. Kollege Miguel Weidemann ist dagegen eine Art künstlerisches Urgestein: Fotograf, gern Porträt, nur analog, nur schwarzweiß. Der Betrachterblick fällt auf das Gesicht einer Maria-Skulptur, die in der Engelkirche zu sehen ist. Ein wunderschönes Bild.