Wesel. . Bernd von Blomberg bietet neue eine Stadtführung an: Zum ersten Mal gab es nun eine Veranstaltung, bei der Teilnehmer den Hafen erkundeten.
Zu zahlreichen Themenschwerpunkten werden in Wesel regelmäßig Stadtführungen angeboten. Doch bei der Führung am vergangenen Donnerstag ging es erstmals um das Thema Hafen. „Das ist auch mal nötig. Die Stadt Wesel hat schließlich Jahrhunderte lang vom Hafen und ihrer Lage an Rhein und Lippe gelebt“, erläuterte Bernd von Blomberg, auf dessen Idee die Veranstaltung zurück geht. Rund 20 Weseler und Weselaner begeisterte er an diesem Abend mit umfangreichem Wissen über Wesels Hafengeschichte, vom Mittelalter bis heute.
Frischer Fisch von Lissner
Gestartet wurde auf dem Großen Markt, über die Fischertorstraße ging es dann zum Hafen. Dabei ist es noch gar nicht so lange möglich, diesen Weg zu gehen; früher verlief hier ein kleiner Seitenstrom des Rheins, das konnte von Blomberg mit alten Karten und Skizzen belegen. So kam auch die „Römerwardt“ zu ihrem Namen, denn das Wort „Wardt“ meint eine im Strom entstandene Insel.
Demnächst Führung am Lippehafen?
Die Teilnehmer zeigten sich begeistert von der Führung und dem umfangreichen Wissen von Blombergs. „Er macht das sehr spannend. Auch die kleinen Anekdoten, die er dabei erzählt, finde ich sehr passend“, freute sich Eva Thiekötter (41). Sie war zum ersten Mal bei einer Führung dabei und so begeistert, dass sie schon die Teilnahme an weiteren Terminen plant.
Insgesamt fand das neue Thema „Hafen“ eine so gute Resonanz, dass die eigentlich als einmalige Sonderführung geplante Veranstaltung bereits am nächsten Wochenende wiederholt wird. „Nächstes Jahr mache ich vielleicht mal eine Führung am Lippehafen“, blickte Bernd von Blomberg nach der Runde am Rheinhafen schon einmal in die Zukunft.
Unterwegs wusste der Stadtführer nicht nur historische Zusammenhänge zu erläutern, sondern die Geschichte mit interessanten Details und kleinen Anekdoten lebendig zu gestalten. So erklärte er beispielsweise, wie die Straße „Zum halben Mond“, die es erst seit 1922 gibt, an ihren Namen gekommen ist: Dieser geht auf ein Werk in der ehemaligen Festungsanlage namens „demi-lune“ zurück. Auch dass die Gärten an dieser Straße bis heute einige Meter tiefer liegen, hat mit der Festung zu tun. Es sind Teile der früheren Festungsgräben.
Im Weseler Hafen selbst konnte von Blomberg vor allem mit seinem Wissen über die ansässigen Firmen begeistern, die so manchen Teilnehmer in Erinnerungen schwelgen ließ. So erzählte er etwa von der Firma Lissner, die sich als Fischer bis 1765 zurückverfolgen lassen und vom Weseler Hafen aus Lachse in sämtliche europäischen Großstädte exportierten: „Der Rhein war damals wahnsinnig fischreich!“ Zwar habe sich das Geschäftsmodell im Laufe der Zeit an die Gegebenheiten angepasst, doch immerhin saß die Firma bis 1989 im Weseler Hafen. „Früher haben wir zu Weihnachten bei Lissner immer Aal gekauft. Das war etwas ganz Besonderes“, erinnerte sich eine ältere Teilnehmerin der Führung.
Betrunkene Sänger ertranken
Dieses Gebiet, das heute nur noch Industrie und Handel beherbergt, war früher der Stadtteil „Rheinvorstadt“. Rund 50 Häuser habe es hier gegeben, in denen viele Sänger gelebt hätten, erzählte Bernd von Blomberg, der auch dazu eine passende Geschichte parat hatte: Einst gab es ein Sängerfest, bei dem so viel getrunken wurde, dass fünf der Sänger bei der Firma Biesemann einbrachen. Diese hatte damals ebenfalls ihren Sitz im Hafen und baute Boote für die Firma Hülskens. Die betrunkenen Sänger stahlen eines der Boote, fuhren damit auf den Rhein und ertranken. Später im zweiten Weltkrieg wurde die Rheinvorstadt zerstört und nicht wieder aufgebaut.