Wesel. . Das Holzhäuschen auf dem Leyens-Platz wurde Anfang der 90er Jahre von der Künstlerin Victoria Bell geschaffen. Es war nicht unumstritten.

„Kunst im öffentlichen Raum“ - das hört sich nicht nur ein bisschen abstrakt an, das ist es auch oft. Immer wieder stehen Menschen vor Kunstwerken und können damit nichts oder kaum etwas anfangen. Mit unserer neuen Serie „Kunst vor der Haustür“ stellen wir Ihnen einige Arbeiten vor und erläutern sie. Was will uns der Künstler damit sagen? Wann ist das Werk entstanden? Fragen, die wir beantworten möchten.

Zum Start beschäftigen wir uns mit einer Holzskulptur an ganz zentraler Stelle in der Stadt, mitten auf dem Leyens-Platz in der Fußgängerzone. Viel ist über sie schon diskutiert worden, hat sie doch bereits eine ganze Weile dort ihren Platz und war dabei nie unumstritten. Mittlerweile ist es allerdings ruhig um das Werk geworden, denn es gehört längst zum Stadtbild dazu, wenngleich es leider manchen auch als Pinkelecke dient.

Eine gastliche Stätte für Reisende

Vorschläge gesucht

Haben Sie ein bestimmtes Kunstwerk im Blick und möchten wissen, was es damit auf sich hat? Dann melden Sie sich bei uns in der Redaktion: Doelenstraße 5, 46483 Wesel; lok.wesel@nrz.de; Fax 0281/3387455; 0281/3387430.

Skulpturen und anderes mehr müssen übrigens nicht zwangsläufig in Wesel unter freiem Himmel zu sehen sein, auch Vorschläge aus Hamminkeln, Hünxe

und Schermbeck sind bei uns immer willkommen. Melden Sie sich doch einfach.

„Vesalia hospitalis“, heißt die Skulptur, „Gastliches Wesel“. Die US-Amerikanerin Victoria Bell, die im Staat Illinois geboren wurde, aber schon seit mehr als vier Jahrzehnten in Köln lebt, hat sie zum 750. Geburtstag der Stadt geschaffen. Damals gab es vor den Feierlichkeiten das Symposium des Niederrheinischen Kunstvereins „Unter der Erde“. Acht Künstler beschäftigten sich mit der alten Hansestadt, die im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs quasi unterging. Was blieb, war vielfach nur das unter der Erdoberfläche, wie die Grundmauern des historischen Rathauses am Großen Markt. Auch der Willibrordi-Dom nahm großen Schaden. In Anlehnung an dessen Vorgängerbau entstand das Kunstwerk aus Eichenholz. Es handelte sich um eine ottonische Kirche. „Vesalia hospitalis“ steht deshalb in der Sichtachse zum Dom. An der Schnittstelle von mehreren Straßen soll hier ein Handelsknotenpunkt der Hanse signalisiert werden, wobei der Kirchenbau als gastliche Stätte für Reisende zu sehen ist.

Die Bell’sche Skulptur steht dort seit 1992. Sie ist 3,60 Meter hoch und aus grobem Holz gefertigt, das sich durch ebenso grobe Verzapfungen auszeichnet. Anfangs wollten viele Weseler das Aufstellen des Holzhäuschens unmittelbar neben einer knorrigen Zeder unbedingt verhindern. Doch während die Zeder - wiederum gegen einige Widerstände aus der Bevölkerung - in einer Art Nacht- und Nebelaktion vor Jahren der Säge zum Opfer fiel, steht „Vesalia hospitalis“ immer noch am angestammten Platz. Auch wenn es immer wieder Versuche gab, sie zu verrücken. Zuletzt 2006, als CDU-Ratsherr Wolfgang Lingk damals einen neuen Standort im Rahmen der anstehenden Fußgängerzonensanierung forderte. Doch auch er hatte keine Chance, gibt es doch einen Beschluss des Rates, der das Werk hier und nirgendwo anders sehen möchte. Und: Künstlerin und Kunstverein müssten sich erst mit einer Ortsveränderung einverstanden erklären.

Heute erläutert eine in den Boden der Fußgängerzone eingelassene Metallplatte, worum es sich bei dem hölzernen Werk handelt. Und ab und zu bleibt auch jemand stehen, um zu lesen, zu schauen und vielleicht auch zu verstehen...