Wesel. . Der Hobby-Archäologe entdeckt im Internet Nachweise für die Existenz von Burg Dravewinkel. Auf der Suche nach weiteren historischen Quellen für den Grafensitz wird er auch in Wesels Stadtbibliothek fündig

Dass im Mittelalter einen Steinwurf von Wesels Stadtgrenze entfernt eine Burg der Grafen von Kleve gestanden hat, die im Laufe der Jahrhunderte in Vergessenheit geriet, ist an sich schon bemerkenswert. Dass diese dann aber von einem Hobby-Archäologen ausgerechnet im Internet „gefunden“ wird, mutet wie ein verfrühter Aprilscherz an. Peter Bruns, ehrenamtlicher Mitarbeiter beim LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, ist dieses Kunststück gelungen. Auf Einladung der Historischen Vereinigung Wesel berichtete er im Centrum an der Ritterstraße ausführlich, wie es dazu kam.

Staunende Besucher

Jeder kann online zum Forscher werden

248 Burgen standen bis zum ausgehenden Mittelalter im Rheinland. Daneben sind zahlreiche Gebäude, Straßen und Militär-Standorte noch unentdeckt.

Auf der Internetseite www.tim-online.nrw.de können sich Interessierte auf die Suche begeben. Dort kann man eine Karte öffnen, bis der Wohnort erkennbar wird.

„Dravewinkel - Eine vergessene Burg der Grafen von Kleve in Wesel“ - der Titel des Referates versprach Spannung und so wunderte es wenig, dass der Vortragsraum komplett besetzt war. Gleich zu Beginn kamen die Besucher aus dem Staunen nicht mehr heraus. Etwa als Bruns seine Recherchequelle, eine öffentlich zugängliche Internetseite des Landes NRW, offenlegte. Diese Website bietet neben herkömmlichen Straßenkarten eine ganz spezielle Sicht auf die Städte, Dörfer und Landschaften. Möglich macht dies das „Airborne Laserscanning“, welches in weiten Teilen die herkömmlichen Luftbildaufnahmen abgelöst hat.

Ein kleiderschrankgroßer Scanner, unter einem Flugzeug oder Hubschrauber befestigt, tastet das Terrain ab und erstellt auf diese Weise eine topografische Karte von nie dagewesener Genauigkeit. Selbst kleinste Vertiefungen im Boden wie beispielsweise Ackerfurchen werden dadurch sichtbar. „Das Beste daran ist aber, dass es mit dieser Methode erstmals möglich ist, den Waldboden sichtbar zu machen“, erklärte Bruns, hauptberuflich Diplom-Heilpädagoge.

Auf diesen Karten, die wie Reliefzeichnungen anmuten, zeigte Bruns dem Publikum die Umrisse eines niederländischen Militärlagers aus dem 17. Jahrhundert bei Flüren, Gräberfelder aus der vorchristlichen Zeit im Bislicher Wald oder eine weitere Burg in der Lühler Heide nahe Hünxe.

Dann wanderte Bruns auf der Karte auf eine Stelle östlich von Wesel an der Lippe. „Erkennen sie die Burg Dravewinkel?“, fragte er in die Runde. Gewusst wie ist vieles einfacher, und so verwundert es wenig, dass die meisten der Anwesenden nickten. Deutlich waren die Umrisse der Schutzmauer und der Turm in der Mitte zu erkennen. So deutlich, dass sich viele fragten, warum Wesels vergessene Burg nicht eher entdeckt worden ist.

Ruine bis in die 1830er Jahre

„Mit der Sichtung auf der Karte weiß man noch lange nicht, um was es sich handelt“ erklärte Bruns, der Inhaber des LVR-Rheinlandtalers ist. Auf der Suche nach historischen Quellen wurde er in Wesels Bücherei fündig. Insgesamt fünf historische Nachweise für die Existenz von Burg Dravewinkel konnte er dort entdecken. Darin wurde bestätigt, dass der Grafensitz im Zeitraum zwischen 1255 und 1345 bewohnt war und später nach und nach verfiel. Dass die Ruine der Burg tatsächlich noch bis in die 1830er Jahre bestanden haben muss, belegen zwei Zeichnungen des Landschaftsmalers Heinrich Funk. Sie zeigen eine offensichtlich funktionstüchtige Windmühle innerhalb der Schlossruine.