Wesel. . Der Vogel wollte sich ein Huhn holen, verfing sich dabei aber im Schutznetz und trug ein Schädel-Hirn-Trauma davon. In Wesel wurde er vier Wochen aufgepäppelt.
Der Hunger wurde ihm zum Verhängnis: Der Uhu wollte sich ein Huhn holen, als er sich bei seinem nächtlichen Beutezug in Borken-Hoxfeld unglücklich in einem Netz verfing, das zum Schutz über die Hühnerschar gespannt worden war. Kopfüber hing das Tier nun da, ohne sich selbst befreien zu können. Erst am Morgen wurde es völlig entkräftet entdeckt.
Zunächst nahm ihn ein Falkner auf. Doch der Uhu wollte einfach nicht fliegen, obwohl äußerlich keine Verletzungen sichtbar waren. So wurde der Uhu aus Borken ein Fall für die Greifvogelstation in der Schill-Kaserne in Blumenkamp.
Peter Malzbender, Vorsitzender der Kreisgruppe Wesel des Naturschutzbundes Deutschland, berichtet, dass auch bei näherer Untersuchung keine Brüche festgestellt wurden. Vermutlich hatte der Uhu durch das stundenlange Hängen mit dem Kopf nach unten ein Schädel-Hirn-Trauma davongetragen. Vier Wochen wurde der Vogel aufgepäppelt. Jetzt verpasste Reinhard Vohwinkel aus Velbert ihm einen Ring, damit man ihn bei ähnlichen Eskapaden zuordnen kann.
Vier Brutpaare im Kreis Wesel
In freier Wildbahn hätte der Uhu wohl nicht überlebt, weiß Malzbender, der das Alter des Tieres auf drei Jahre schätzt. Danach hat der Uhu ein eigenes Revier und eine Partnerin. Deshalb soll er in dieser Woche in einem Wald nahe des Fundortes ausgesetzt werden.
Uhus sind die einzige Eulenart, die unter besonderem Schutz stehen. Anhang 1-Art heißt das im Bürokratendeutsch, Anhang 1 der Vogelschutzrichtlinie. Erst in den letzten zehn Jahren haben sich bei uns wieder Uhus sehen lassen, nachdem sie seit 1920 nicht mehr hier waren, sagt Malzbender. Spezielle Uhu-Zuchtprogramme leiteten die Wende ein. Erste Uhus aus Zoos wurden in der Eifel ausgesetzt.
Mittlerweile gibt es deutschlandweit mehr als 1000 Uhu-Reviere. Der Naturschützer weiß von je vier Brutpaaren im Kreis Wesel und im Kreis Kleve. Sowohl in Wesel als auch in Schermbeck sind Uhus beheimatet. In ihrem Revier können sie die Ruhe genießen, denn dort gelten Regeln. So dürfen während der Brutzeit keine Holzfällungen vorgenommen werden.
Immerhin können Uhus in freier Wildbahn über 20 Jahre alt werden, in Gefangenschaft hat es einer schon auf mehr als 40 Jahre gebracht. Das Tier war 1990 mit dem NABU-Bus von der mittelalterlichen Burg Mildenstein im sächsischen Leisnig an den Niederrhein geholt worden, weil für die 18 Greifvögel und Eulen kein Futtergeld mehr da war.
Der Uhu in der Weseler Greifvogelstation, der mehr oder weniger regelmäßig Besuch von Uhus aus dem Wald bekommt, ist derart an seine fütternden Menschen gewöhnt, dass er nicht mehr ausgewildert werden kann.
Wahrscheinlich würde er Spaziergänger und Jogger anfliegen, in der Erwartung, dass sie ihm etwas Essbares servieren. Einmal hat der alte Uhu aus Sachsen sogar schon geholfen und ein Uhujunges groß gezogen, das sonst wohl nicht durchgekommen wäre.