GEBURTSTAG. Das Karolinenheim wurde 1908 von Daniel und Karoline Luyken gestiftet. Seit zehn Jahren ist es Jugendzentrum.
WESEL. 100 Jahren haben die Gemäuer des Karolinenheimes in diesem Jahr auf dem Buckel. Grau und gebrechlich kommt das Gebäude am Herzogenring in Wesel allerdings nicht daher. Vielmehr sprüht es vor Leben. Das liegt vor allem am bunten Treiben im Inneren: Seit zehn Jahren füllen Kinder und Jugendliche, die das Jugendzentrum Karo besuchen, die altehrwürdigen Räumlichkeiten mit Leben.
Daniel und Karoline Luyken waren es, die 1908 dem Evangelischen Frauenverein das Heim für diakonische Zwecke stifteten. Nach Karoline wurde das Heim benannt. Bis zur Zerstörung während des Zweiten Weltkrieges 1945 nutzten die Kaiserswerther Diakonissen das Haus als Gemeinschaftswohnung. Frauen, die in der Gemeinde in der ambulanten Krankenpflege und als Kindergartenleiterinnen tätig waren, fühlten sich hier heimisch. Im Haus erteilten sie Strick- und Nähunterricht und verpflegten in Notzeiten Bedürftige mit Suppen.
Notkirche nach dem Krieg
Vorsichtshalber wurde das Karolinenheim 1941 noch während der Kriegswirren der Kirchengemeinde übereignet. Das machte sich 1948 bezahlt, als hier eine Notkirche im Erdgeschoss errichtet wurde. Gottesdienste mit Taufen und Trauungen in großer Bedrängnis waren keine Seltenheit, wie der ehemalige Pfarrer Walter Stempel 1998 in einem Gemeindebrief berichtete. Die Jugend nutzte bereits zu dieser Zeit das Karolinenheim als Ort der Zusammenkunft. Küster, Gemeindeschwestern sowie drei Pastoren (Stempel selbst und vor ihm Knüfermann und Böddinghaus) wohnten in der ersten Etage.
Das Gemeindeamt wurde 1952 im Erdgeschoss untergebracht. Der Umzug ins Lutherhaus erfolgte 1973. Die Stadt Wesel kaufte zu der Zeit das Karolinenheim und lagerte Schulklassen dorthin aus. Nach einer Zeit des Leerstandes in den 80ern kam die Krankenpflegeschule Niederrhein 1988 am Herzogenring unter. Sicherlich im Sinne der Stifter, die es ja für soziale Zwecke errichteten.
1997 folgte der Beschluss, das Jugendzentrum von der Zitadelle ins Karolinenheim zu verlagern. "Es war der politische Wunsch, das Stadtarchiv in der Zitadelle zu errichten", erinnert sich Matthias Schüller, der heutige Leiter des Karo.
Am Wochenende sehr beliebt
Ein Umbau wurde fällig: Der Dachstuhl wurde erneuert, Wände eingerissen, der Garten auf Vordermann gebracht, Fenster und Türen saniert. Zur Eröffnung des Karo kam es Ostern 1998. "Wir sind damals mit viel Elan und einem neuen Programm angefangen", berichtet Schüller, der kurz nach der Eröffnung seinen Posten übernahm. Die offene Tür am Wochenende sei "eingeschlagen wie eine Bombe". Jugendliche strömten in Scharen ins Karo.
Das Programm sei fortan ständig ausgeweitet worden - gerade für Kinder aus sozial schwachen Strukturen. Kooperationen mit Schulen entpuppten sich als erfolgreich. Mit der Martini-Hauptschule wurde 1999 ein Projekt zum Übergang von der Schule in den Beruf gestartet. Ein kulturpädagogisches Antigewalt-Projekt mit der Realschule Mitte und der NRZ ging 2002 an den Start. Seit zwei Jahren verfolgt das Karo ein Deeskalationstraining mit den Fünftklässlern der Konrad-Duden-Hauptschule. Die Musik nimmt einen großen Stellenwert in dem Jugendzentrum ein: Bandprojekte werden unterstützt, Gitarren- und Schlagzeugunterricht gegeben. Schüller und sein Team wollen "immer wach bleiben" und auf Entwicklungen reagieren.