Alpen/Kleve. Bankautomaten-Räuber wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Der 20-Jährige beging seine Überfälle auch in Alpen, Sonsbeck und Rheinberg

Die Handschellen klickten, bevor der 20 Jahre alte Angeklagte aus dem Gerichtssaal geführt wurde. „Es lässt sich keine feste soziale Bindung feststellen“, hatte der Vorsitzende Richter der 7. Strafkammer, Christian Henckel, begründet. Zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteile das Landgericht Kleve gestern einen dreifachen Vater. Ihm waren Raub in 14 Fällen sowie in zwei Fällen Diebstahl beziehungsweise versuchter Diebstahl vorgeworfen worden.

Es wurde Jugendstrafrecht angewandt, auch deshalb, weil der junge Mann nur vier Jahre lang eine Schule besuchte, wohl nie die Chance auf eine Ausbildung hatte und bereits im Alter von 14 Jahren nach Roma-Recht verheiratet worden war. Sieben seiner Taten wertete das Gericht in der Schwanenburg letztlich als Raub, sechs als Diebstahl und drei als versuchten Diebstahl.

Zwei Überfälle in Alpen

Die Masche war immer die gleiche. Der oder die Geschädigten, zumeist Frauen, hatte mit ihrer EC-Karte Geld am Bankautomaten abheben wollen. Nachdem sie die PIN eingegeben hatten, hatte sich der Angeklagte ihnen genähert, ein Papier über das Tastfeld geschoben, selbst einen Geldbetrag eingegeben und war mit diesem verschwunden. Gleich zwei Überfälle beging er in Alpen (10. Mai und 23. Juni), einen ins Sonsbeck (11. Mai) und einen in Rheinberg (23. Juli).

Es ging dem Gericht vor allem darum herauszufinden, wie viel Gewalt dabei im Spiel war, also zu beurteilen, ob der junge Mann ein Räuber oder doch nur ein Dieb ist. Dabei kam sein Verteidiger zu dem Schluss, es sei Diebstahl gewesen. Seine Begründung ließ aufhorchen: Der Angeklagte habe nicht die Absicht gehabt, Gewalt gegen Personen anzuwenden, argumentierte er. „Wenn Gewalt im Spiel war, dann nur, um an den Automaten zu kommen.“

Das sah das Gericht anders. „Sie haben sich zudem ganz gezielt wehrlose Leute ausgewählt“, sagte der Richter. Der Angeklagte habe bei der Wahl seiner Opfer auf ältere und teilweise auch in ihrer Bewegung eingeschränkt Frauen gesetzt“, wertete der Richter zu Lasten des weitgehend Geständigen. Zu seinen Gunsten rechnete er ihm an, dass er auch Taten eingeräumt hatte, die ihm sonst vermutlich nicht hätten nachgewiesen werden können. „Ich bin zudem der Meinung, dass sie das nicht allein gewesen sind“, vermutete Henckel. Er wolle aber „nicht wild rumspekulieren“, bremste er sich.

„Geben Sie mir noch eine Chance“, waren die letzten Worte des Angeklagten. Sein Verteidiger hatte zum letzten Prozesstag handgeschriebene Briefe mitgebracht, mit denen sich der Angeklagte noch einmal bei seinen Opfern entschuldigen wollte. „Wir können den entstandenen Schaden nicht gut machen“, so der Verteidiger, wolle die Opfer mit je 100 Euro für die Unannehmlichkeiten entschädigen. Das Geld war noch nicht da – Onkel und Tante des Angeklagten haben es in Aussicht gestellt.