Xanten. . Die Steinhoffs haben sich auf dem Gamerschlagshof einen Traum erfüllt. Sie geben bedrohten Tierarten eine Zukunft. Und essen Fleisch von glücklichen Schweinen.

So gut wie Kalle müsste man es haben. Der Kerl liegt draußen in der Frühlingssonne und genießt die Gesellschaft von gleich zwei Damen, die sich an ihn kuscheln – Adelheid und Martha. Kalle hat wirklich Schwein! Dass er auf dem Xantener Gamerschlagshof gelandet ist, war sein Glück. Denn eigentlich ist seine Rasse vom Aussterben bedroht. Kalle ist eins von den selten gewordenen Bunten Bentheimer Schweinen. Eine Tierart, die auf der Roten Liste der bedrohten Arten der Nutztiere steht. Auf dem Gamerschlagshof sorgt Familie Steinhoff dafür, dass Kalle und seine Artgenossen eine Zukunft haben.

Und das Beste ist: Kalle kann froh sein, dass er Kalle heißt. Denn alle Tiere auf dem Hof, die Lieblinge sind oder für die Nachzucht bestimmt, bekommen einen Namen. Das heißt: Kalle, Martha und Adelheid landen nicht auf dem Teller. Für den Nachwuchs des Dreigestirns gilt das allerdings nicht. Die Ferkel sind schon jetzt von Käufern vorbestellt, obwohl sie noch gar nicht geboren sind. Das Fleisch der Bunten Bentheimer Schweine ist begehrt. „Das ist wirklich besonders lecker“, sagt Astrid Gerdes-Steinhoff. „Und wenn ich sehe, wie gut es den Tieren hier draußen bei uns geht, dann habe ich überhaupt kein Problem damit, ihr Fleisch zu essen.“

Perlhühner gegen die Ratten

Dass sie sich auf ihrem Hof mit den eigenen Produkten versorgen können und ganz genau wissen, wie gut die Qualität des Schweinebratens ist und wie gesund das Tier ernährt wurde, damit haben sich die Steinhoffs einen Traum erfüllt. Sie kommen beide aus der Gastronomie, haben früher das Budberger Hotel Landhaus Steinhoff geführt und bis 2010 ein Hotel-Restaurant in der Pfalz gehabt. Hotelmeisterin Astrid Gerdes-Steinhoff gibt Benimmkurse, ist Unternehmensberaterin für gastronomische Betriebe, Mutter zweier Töchter und seit einiger Zeit eben auch Hofdame.

„Das war schon komisch, als ich zum ersten Mal in meinem Leben Landwirtin war“, sagt sie. Ein befreiendes Gefühl. Und eine Herausforderung. Mit überraschenden Aufgaben. „Da sitzt man plötzlich nachts um zwei auf der Tenne und füttert ein Lämmchen mit der Flasche.“ Das Tierbaby wog zarte 900 Gramm, die Steinhoffs haben es aufgepäppelt – und ihm einen Namen gegeben: Franzi. Glück gehabt, Sie wissen schon...

Bunte Bentheimer Schweine, Kamerunschafe, Wollschweine, Damwild, Bronzeputen, Emdener Gänse, Großsilberkaninchen, Deutsche Sperber Hühner, Bienen, Hofhunde, Pferde, Katzen, und, und, und. „Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wie viele Tiere wir mittlerweile genau haben.“ Die meisten von ihnen sind „Arche-Tiere“, die bedrohten Rassen also. Ein zertifizierter Bio-Hof ist der Gamerschlagshof nicht. „Aber wir halten unsere Tiere nach bestem Wissen und Gewissen ökologisch.“ Dazu gehört auch, dass statt Rattengift zwei Perlhühner die Nager vom Hof vertreiben. Ihr schrilles Gepiepe hat eine Frequenz, die Ratten überhaupt nicht mögen. Allerdings nervt das Gelärme der Perlhühner manchmal auch die Hofbewohner.

Steinhoffs Naturmanufaktur

Fünfzehn Fahrradminuten vom Dom entfernt liegt die grüne Oase der Steinhoffs. Einen Hofladen gibt es nicht, aber alle Produkte aus „Steinhoffs Naturmanufaktur“ stehen im Internet und können nach Terminvereinbarung gekauft werden. Schnitzel und Nackensteaks von den Bunten Bentheimer Schweinen zum Beispiel. Stockente, Hasenrücken und Gans. Honig, Walnüsse und Streuobstwiesensaft.

Außerdem sind Besuchergruppen willkommen. Entweder als „Hof-Exkursion“ für Jugendliche und Erwachsene mit Themen wie nachhaltige Landwirtschaft. Oder als Erlebnistour mit Schatzsuche für Kinder. Und: Es gibt Praktikumsplätze für Studenten oder Schüler, Kurse für angehende Imker und Gästezimmer – auch für Menschen, die eine Auszeit vom Bürojob brauchen. Sie dürfen auf dem Gamerschlagshof den Computer gegen die Mistgabel tauschen, Landleben pur erleben und kräftig mit anpacken. Arbeit haben die Steinhoffs genug.