Rheinberg-Orsoy. .
Wer eine Leiche im Keller hat, der hat sie natürlich gründlich verbuddelt, damit keiner sie sieht. Die evangelische Gemeinde Orsoy legt da eine ganz andere Einstellung an den Tag: Sie zeigt, was sie hat. Selbst wenn es sich um eine Leiche handelt.
„Örsi“, das Skelett, das bei den Sanierungsarbeiten in der evangelischen Kirche gefunden worden ist, bekommt einen exponierten Platz. Also nicht „Örsi“ persönlich, aber eine spezielle Silikonversion wird im Boden neben einem Pfeiler unter dunkles Glas gelegt. Um, sagt Pfarrer Uwe Klein, Geschichte anschaulich zu machen, zu zeigen, dass Kirche in früheren Jahrhunderten auch Begräbnisstätte gewesen ist.
Seit 2006 läuft die Sanierung der Evangelischen Kirche in Orsoy, und über große und kleine Entdeckungen und schöne und weniger schöne Ereignisse (wie so manche Verzögerungen durch überraschende Funde, zum Beispiel die alten Orgelpfeiler aus dem 19. Jahrhundert) könnte Klein bestimmt ein Buch schreiben.
Beisetzung der Gebeine am Reformationstag
Und das gestrige Datum würde er dabei bestimmt dick und fett unterstreichen. Denn gestern, so Dombaumeister Prof. Dr. Wolfgang Deurer, sei der erste und damit der wesentliche Bauabschnitt zu Ende gegangen. Die Kirche hat wieder einen Betonboden, den die Firma Paul Müller aus Alpen in den vergangenen drei Tagen gegossen hat. Sieben Lkw haben die benötigten siebeneinhalb Kubikmeter Beton für die etwa 15 Zentimeter dicke Schicht angeliefert. Für die prima Arbeit gab’s gestern ein Dankeschön für die fleißigen Handwerker in Form von Kaffee, Brötchen und - wer mochte - einen Hefebrand.
Seit fünf Jahren laufen inklusive Vorbereitungen, Planung etc. die Arbeiten an der Kirche. Und sie sind noch nicht zu Ende, wie Klein, Deurer und der stellvertretende Presbyterium Walter Schöngen erklären. Bis wieder regulär Gottesdienste darin stattfinden können, wird es noch bis zum Erntedankfest 2012 dauern.
Am Reformationstag in diesem Oktober gibt es einen ganz besonderen Gottesdienst, dann werden die Gebeine, die um die Kirche herum gefunden wurden, in einem ökumenischen Gottesdienst beigesetzt - in der Kapelle in der Kirche. Ganz bewusst sei dieser Ort gewählt worden, sagt Klein, schließlich hätten die Menschen einmal viel Geld bezahlt, um dort beerdigt zu werden. Die Gebeine wurden im Krematorium in Duisburg eingeäschert, 14 volle Urnenkapseln werden dann beigesetzt.
Paten pro Quadratmeter Fußboden gesucht
Auch einen Weihnachtsgottesdienst wird es in der Kirche geben, dazu sollten sich alle warm anziehen, denn eine Heizung wird es dann nicht geben. Dafür später, wenn alles fertig ist, eine ganz komfortable. Eine Hypokausten-Heizung. Der Begriff stammt aus dem Griechischen, heißt übersetzt von unten heizen und ist ein Warmluftsystem, dessen Prinzip die alten Römer bereits genutzt haben. 700 000 Euro sind in Orsoy bereits verbaut worden, alles akribisch dokumentiert und belegt für die Bezirksregierung. Denn bislang, sagen Klein und Schögen, seien die Arbeiten zu 80 Prozent gefördert worden, eine komfortable Situation.
Das sei künftig nicht mehr so, um die Zwei-Millionen-Bausumme zusammenbekommen, brauche man nach wie vor die Unterstützung der Orsoyer. Klein und sein Team sind kreativ. So werden Paten für den künftigen Fußbodenbelag gesucht. Pro Quadratmeter übernehmen die Paten 100 Euro. Außerdem gibt es jetzt ein hübsches kleines Heftchen, mit vielen Bildern zur Kirchensanierung und kurzen Texten. Außerdem sind wieder Kerzen im Angebot, auch Handtücher - alles für den guten Zweck.