Rheinberg. Lieferservice, Schaufenster-Shopping: Die Inhaber der Rheinberger Buchhandlung Schiffer-Neumann haben sich coronabedingt viel einfallen lassen.

Bevor die Kunden durch die Buchhandlung Schiffer-Neumann stöbern können, haben die Inhaber Klaus und Petra Neumann jeden Morgen eine ganze Menge zu tun: Die Zeitungen vom Vortag werden gegen die aktuellen Ausgaben ausgetauscht, neue Ware wird ausgepackt und eingegangene Bestellungen bearbeitet. Und Molly, die Buchhandlungskatze, die den Neumanns vor einigen Jahren zugelaufen ist und mittlerweile sogar im Mietvertrag steht, wird von ihrem nächtlichen Ausgang in ihr Körbchen gelassen. Der Ablauf wirkt immer noch genauso eingespielt wie vor der Corona-Pandemie. Doch die Arbeit und das Einkaufen haben sich verändert. Jetzt werden auch täglich die aktuellen Inzidenzen und Corona-Schutzverordnungen studiert, um einen Überblick darüber zu bekommen, was erlaubt ist und was nicht.

Wer die Buchhandlung betritt, der wird derzeit empfangen wie ein Star auf dem roten Teppich: Petra Neumann öffnet die rote Kordel, die zwischen zwei goldenen Absperrständern gespannt ist. Ein Muss in Zeiten, in denen die Personenanzahl, die gleichzeitig im Laden sein darf, begrenzt ist.

Sie krempelten die Ärmel hoch

Das nimmt Petra Neumann aber gerne in Kauf, denn endlich herrscht wieder etwas Leben in den Räumen am Holzmarkt. „Wir haben ein Stückchen Normalität zurück“, betont sie. Die letzten Monate waren turbulent. Coronabedingt hatte die Buchhandlung mal geschlossen, mal war ein Verkauf an der Tür möglich und mal war ein negativer Test oder ein Impfnachweis für den Einkauf erforderlich. Ihre Kreativität und ihre Zuversicht hat Petra Neumann trotz all den Schwierigkeiten nicht verloren. „Die brauchten wir auch, um das beste aus der Situation zu machen“, sagt die Buchhändlerin und lächelt.

Während des ersten Lockdowns musste die Buchhandlung eine Zeit lang vollständig geschlossen bleiben. Damals zählten Bücher noch nicht zu den Dingen des täglichen Bedarfs. Abwarten und nichts tun, bis die schwere Zeit vorbei ist, das hätte aber nicht zur Mentalität der Neumanns gepasst.

Ein Schaufenster wurde zum „WhatsApp-Fenster“ umgestaltet

Sie krempelten die Ärmel hoch und starteten einen Lieferservice, der den bestehenden Online-Shop ergänzen sollte. Vormittags wurden die Bestellungen telefonisch entgegengenommen, nachmittags dann die Waren ausgeliefert. „Wir waren jeden Tag unterwegs und hatten Zwölf-Stunden-Schichten, aber wir haben es total gerne gemacht“, erzählt Neumann. Jetzt sei die Fortsetzung des Lieferservices personell nicht machbar, denn die Unternehmer haben coronabedingt, aus gesundheitlichen und wirtschaftlichen Gründen, drei ihrer acht Mitarbeiter verloren.

Nicht die einzige Schattenseite während der Krise: „Es gab Tage, da wollte man das alles einfach nicht mehr“, gibt Neumann zu. Doch da waren die Anrufe von Kunden, die Gespräche auf Distanz, die Mut gemacht hätten. „Diese Wertschätzung und die aufbauenden Worte unserer Kunden haben einfach nur gutgetan.“ Um das Geschäft am Laufen zu halten, setzen die Buchhändler auch verstärkt auf die sozialen Medien, hielten immer wieder neue Bücher in die Kamera und gaben Empfehlungen ab. Ein Schaufenster wurde zum „WhatsApp-Fenster“ umgestaltet.

Jedes Mal blitzschnell ausgebucht

Wöchentlich stellte Petra Neumann neue Bücher aus, die von den Kunden abfotografiert und daraufhin bestellt werden konnten. „Das war neben dem Lieferservice ein voller Erfolg.“ Dieser soll deshalb doch nicht komplett eingestampft werden. Die Neumanns wollen sich in Zukunft ein Elektrofahrrad anschaffen und damit die Waren im Innenstadtbereich ausliefern.

Und es gibt noch mehr Ideen: Den Bereich der Buchhandlung, in dem bisher die Kinder- und Jugendliteratur zu finden war, gestalten die Buchhändler in den kommenden Wochen um. Dort soll samstags ein literarisches Frühstück in Wohnzimmer-Atmosphäre stattfinden, bei dem Bücher vorgestellt werden – ähnlich wie bei der „Reise durch die Buchlandschaft“, die jedes Mal blitzschnell ausgebucht ist. Gruppen von acht bis zehn Personen können das literarische Frühstück für sich buchen.

Neumann ist optimistisch, die erste Veranstaltung im kommenden Herbst anbieten zu können. „In meinem Kopf ist das Konzept schon perfekt“, sagt die Rheinbergerin. „Ich hoffe, dass uns unsere Kunden bis dahin weiter unterstützen und den Weg zurück in die Buchhandlung finden. Jetzt ist es ja wieder möglich.“