Alpen . Mehr als 30 Jahre war Thomas Haß Jugendleiter und Diakon der Evangelischen Kirchengemeinde. Die verabschiedet ihn am Sonntag im Gottesdienst.

Am Anfang war er ein Fremder. Doch er ist schnell heimisch geworden. Jetzt aber geht er. „Ich kannte Alpen nicht, aber mir hat der Ort sofort gefallen“, sagt Thomas Haß. Die Entscheidung, nach seinen Ausbildungen zum Erzieher und Diakon am 1. April 1989 die Stelle bei der Evangelischen Kirchengemeinde Alpen anzutreten, habe er nie bereut, sagt er im Rückblick.

Als Hauptamtlicher Mitarbeiter für die Jugendarbeit etablierte er unterschiedliche Gruppen für Kinder und Konfirmanden, führte Kinderbibeltage ein, organisierte Ferienfreizeiten und bunte Ferienprogramme. Zum 31. Juli ist diese über 30 Jahre lange beruflich Ära zu Ende gegangen. Denn da verabschiedete sich der gebürtige Schwabe in den Ruhestand.

Ideen und Anregungen eingebracht

„Ich bin froh und dankbar, dass ich meinen Beruf in dieser Kontinuität ausüben durfte und dass sich so viele neue Dinge entwickelt haben“, sagt Haß, der als überaus kreativer Mensch immer wieder Ideen und Anregungen in die Gemeinde eingebracht hat. Nach mehr als 31 Jahren Jugendarbeit ist Haß im Ort bekannt wie ein bunter Hund. Wenn er durchs Dorf geht, wird er, wie er erzählt, von Eltern begrüßt, die er damals als Kinder betreut hat: „Ich bin damals ganz bewusst hierher gezogen, ich wollte mittendrin sein. Probleme gab es deshalb nicht. Der Abstand wurde meist gewahrt.“

Mit der Einrichtung von „Café Gummibärchen“ für die Sechs- bis Zwölfjährigen im Untergeschoss des Pfarrheims begann das offene Betreuungsangebot für Alpens Kinder. Das weckte Begehrlichkeiten, erinnert sich Haß: „Die Jugend kam auf mich zu und beklagte sich, dass es für sie keine Angebote vor Ort gibt. Sie wollten einen eigenen Raum. Da habe ich gesagt: Okay, dann ändern wir das. So ist das Jugend-Café entstanden.“

Dem Wahl-Alpener war von Anfang an wichtig, dass die Tür für alle offen steht. Ob Protestanten, Katholiken, Juden oder Muslime, jeder sollte an den Angeboten teilhaben können. Auf die große Flüchtlingswelle 2015 mit all ihren Herausforderungen angesprochen, kann Haß nur lächeln: „Als 1991 die Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien kamen, war hier richtig was los. Wir haben Nachtwachen geschoben, weil Steine auf die Unterkünfte geworfen wurden.“

Authentisch statt autoritär

In dieser Zeit musste der tolerante Diakon mit dem offenen Ohr für alle auch mal klare Kante zeigen: „Die deutschen Jugendlichen kamen damals mit der Bitte auf mich zu, unter sich bleiben zu dürfen. Das kam für mich überhaupt nicht infrage.“

Haß legte immer Wert darauf, authentisch, nicht autoritär zu sein: „Man kann auch mal Schwächen zeigen. Stark sein, ist nicht alles. Das darf man Kindern und Jugendlichen ruhig zeigen.“ Harmonie um jeden Preis sieht der dreifache Familienvater kritisch: „Die Menschen werden immer angepasster, jeder sucht seine Nische. Man muss sich auch mal reiben können, Konflikte austragen und aushalten. Das habe ich versucht zu vermitteln.“

Ob Spielenächte, Bastelnachmittage oder das Jugendclub-Backstudio: Bei allem, was Thomas Haß sich ausgedacht hat, stand der Spaß im Vordergrund. Weil es wohl kaum einen Menschen mit einem unpassenderen Nachnamen gibt, sorgte dieser 1993 für eine Anekdote, die der Seelsorger nicht vergisst: „Nach dem Brandanschlag in Solingen hat die Evangelische Jugend ein Plakat entworfen mit dem Titel: Gib Hass keine Chance. Das habe ich beim nächsten Spielenachmittag an die Wand gehängt.“

Nach 30 Jahren Jugendarbeit verfügt Thomas Haß über eine Menge Erfahrung. Wie ist sie denn so, die Jugend von heute? „Sie ist in gewisser Art aufgeschlossener, hat eine eigene Meinung und viel mehr Selbstbewusstsein“, erläutert Haß, für den die Kinder- und Jugendbetreuung auch im Ruhestand nicht endet: „Ich ziehe mit meiner Familie nächstes Jahr nach Hannover. Dort leben unsere sechs Enkelkinder.“