Wegen Corona dürfen klassische Gottesdienste nicht gefeiert werden. In Rheinberg und Alpen setzen die Gemeinden daher auf originelle Alternativen.

Rheinberg/Alpen. Ob die Gottesdienste an Karfreitag und in der Osternacht oder die Frühandacht am Ostersonntag: An Ostern sind die Kirchen normalerweise voll. In diesem Jahr wird das anders aussehen. Die Gotteshäuser bleiben leer. In Zeiten von Corona dürfen keine Gottesdienste stattfinden. Das hindert die Kirchengemeinden in Alpen und Rheinberg aber nicht daran, andere, kreative Lösungen zu finden, um den Menschen doch die Osterbotschaft näher zu bringen.

„Es ist schon eine außergewöhnliche Situation. In der über 400-jährigen Geschichte unserer Kirche ist es wohl das erste Mal, dass es an Ostern keinen typischen Gottesdienst gibt“, erklärt der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Alpen, Hartmut Becks. Seit Beginn der Corona-Krise greifen er und seine Frau – Pfarrerin Heike Becks – bereits auf Alternativen zurück. Sonntags nach dem 10 Uhr-Läuten der Glocken blasen die Posaunen vom Turm der Kirche, anschließend liest Hartmut Becks über Lautsprecher den Bibeltext und spricht ein Gebet.

Auf positive Resonanz gestoßen

„Die Menschen auf der Burgstraße sind stehen geblieben und haben zugehört – natürlich in gebührendem Abstand voneinander.“ Und auch Autofahrer und ein Linienbus hätten die Geschwindigkeit stark reduziert. „Wir rufen zudem die Menschen in den Gemeinden an, da wir sie nicht besuchen können. Zum Beispiel die Älteren, die jetzt Geburtstag haben“, erzählt Pfarrer Becks. Manche Gespräche seien ernster, viele aber auch sehr heiter und nicht von der augenblicklichen Situation gedrückt. Das ökumenische Glockenläuten im Ort um 19.30 Uhr findet gute Resonanz, berichtet Heike Becks.

„Zwar sieht man in der Sommerzeit die Lichter in den Fenstern nicht mehr gut. Aber Einzelne haben mir berichtet, dass sie innehalten, wenn sie die Glocken hören, und die Losungen lesen“. Für die jetzige K-Woche haben sich die Pfarrer wieder etwas ausgedacht: An Karfreitag werden um 10 Uhr an der Kirche die Texte des Feiertages zu hören sein. Dazu spielen die Bläser im Turm Choräle. Im Anschluss soll im Park des Marienstifts für die Bewohner sowie für die Mitarbeiter ebenso die Osterbotschaft vernehmbar werden.

Viele Postkarten werden verschickt

Am Ostersonntag bringen die Pfarrer die Osterworte in die verschiedenen Ortsteile der Kirchengemeinde. „Mit zwei Trompetern ziehen wir durch die einzelnen Ortsteile“, sagt Hartmut Becks. Los geht es um 10 Uhr an der evangelischen Kirche in Alpen. Der weitere Ablauf im Überblick: 10.40 Uhr, Ehrenmal in Alpsray (Ecke „Am Rothen Busch“), 11 Uhr Spandicks Eck, Ecke Kantstraße in Millingen, 11.30 Uhr, ev. Gemeindehaus Menzelen-Ost, 12 Uhr Am Wippött, Menzelen-West, 12.20 Uhr An der Grundschule, Veen.

Die 400 Mitglieder der Kirchengemeinde erhalten zudem alle eine Postkarte zu Ostern. Die katholische Kirchengemeinde St. Ulrich Alpen bringt die Osterbotschaft ebenfalls zu den Menschen nach Hause – per Box. Die Gemeindemitglieder konnten für die jetzige K-Woche eine Box mit Texten, Symbolen und Zeichen für den jeweiligen Ostertag bestellen. Über 400 Boxen wurden verschickt.

Diese Angebote gibt es auch nach der Krise

„Damit hatten wir nicht gerechnet. Wir dachten 240 seien schon ambitioniert und dann mussten wir noch einmal nachordern“, sagt Pfarrer Dietmar Heshe zufrieden. Die Texte wurden von der Pastoralreferenten zusammengestellt. Außerdem ist die Kirche selbst für ein persönliches Einzelgebet geöffnet. „Es ist sehr wichtig, den Menschen eine Alternative zu bieten. Der Bedarf, Ostern in einer anderen Form zu feiern, ist da“, so Heshe.

In Rheinberg geben Udo Otten, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Rheinberg und Heiner Augustin, Pfarrer in Budberg und Orsoy, seit der Corona-Krise wöchentliche Impulse auf dem eigenen YouTube-Kanal und auf der Homepage der Kirche: www.kirche-rheinberg.de. Auch die Gottesdienste sonntags werden online übertragen. Für den Rheinberger Pfarrer birgt die Corona-Krise daher auch Chancen. „So schlimm die Krise ist, es gibt aber auch Auswirkungen, die das Leben nach Corona positiv verändern werden.“

Sich interessieren und kümmern

Was wie Zweckoptimismus klingt, ist aber für Udo Otten derzeit gelebte Praxis. „Es beginnt damit, dass die sich Zusammenarbeit der evangelischen Gemeinden in unserer Stadt intensiviert“, sagt er. So wurden an den evangelischen Kirchen in Rheinberg, Budberg und Orsoy Holzkästen aufgestellt, wo sich Menschen ohne Internet die Predigten oder die Texte der Impulse herausholen können. „Ganz sicher wird es dieses Angebot von Liveübertragung unserer Gottesdienste und der Nachlesepredigt auch nach der Krise geben.“

Doch die Kirchengemeinde ist nicht nur im Bereich der Gottesdienste kreativ. Sie „besucht“ ihre Gemeindeglieder telefonisch. Rund 600 Personen über 70 Jahre sind Teil der Kirchengemeinde Rheinberg. Vor allem sie versucht ein Team rund um Pfarrer Udo Otten in diesen Tagen vor dem Osterfest wenigstens einmal anzurufen und ein offenes Ohr und, wenn benötigt, Hilfe anzubieten. „Wichtig ist uns zu zeigen, dass die Gemeinde ein Netzwerk ist, das in solchen schwierigen Zeiten da ist, sich interessiert und sich kümmert und hält.“

Sie stehen nicht im Telefonbuch

Die Erfahrungen seien sehr unterschiedlich. „Das Schönste war der Satz: „Nein, das glaube ich jetzt nicht… Ich gehe ja gar nicht in die Kirche“, berichtet Pfarrer Otten. Viele Senioren seien froh über eine Abwechslung während der gebotenen Kontaktbeschränkungen. Unterstützt wird Pfarrer Otten durch Heidi Bodden, der Gemeindesekretärin, Andrea Speer-Riesche, der Küsterin und guten Seele im Haus der Generationen und der Vikarin Hanna Heinen. Es gebe aber auch Probleme, die noch zu lösen sind. Viele ältere Menschen stehen nicht mehr im Telefonbuch.

Was im normalen Alltag eine Schutzmaßnahme sein kann, zeigt sich im Moment aber als Hindernis, denn es besteht kaum eine Chance, die Telefonnummern herauszufinden. Diese Gemeindeglieder bekommen deshalb in den nächsten Tagen ein Grußkärtchen von der Gemeinde, auf dem sie gebeten werden, sich bei Bedarf selbst zu melden. „Wir sind in dieser Zeit für Sie da“, ist das Credo des Ortspfarrers.