Borth. Nach 73 Jahren schließt Familienbetrieb der Kiosk in Borth.
Unzählige Bürger hoffen jede Woche darauf, einmal das ganz große Los zu ziehen und den Lotto-Jackpot zu knacken. Auf satte 28 Millionen Euro war der nun angewachsen. „Wenn so viel ausgeschüttet wird, versuchen viele ihr Glück“, erzählen Jürgen und Brigitte Börgmann. Dann strömen deutlich mehr Kunden in ihr Lotto-, Tabak- und Zeitungsgeschäft an der Borther Straße 212. So mancher hat sein finanzielles Glück auch bei den Eheleuten Börgmann gefunden. Viele hohe Gewinne haben sie „ausgezahlt“. „Zu D-Mark-Zeiten hatten wir sogar einen Millionengewinner“, erinnert sich das Ehepaar. Doch damit ist Schluss. Am Samstag, 24. August, punkt 13 Uhr, schließt das Ehepaar Börgmann die Ladentür zum letzten Mal hinter sich ab. Damit geht nach 73 Jahren in Borth eine Ära zu Ende – ein Stück Dorfgeschichte.
„Meine Eltern Gerhard und Aenne Börgmann haben 1946 – nur kurz nach dem Krieg – an gleicher Stelle ein Geschäft eröffnet“, erinnert sich Jürgen Börgmann. Ein richtiger Tante-Emma-Laden sei das damals gewesen, so wie es ihn früher in jedem Dorf gegeben hatte. Geführt wurde quasi alles: Lebensmittel, Kurzwaren, Textilien, sogar Puppen konnte man kaufen. Dort haben die Kunden auch sonntags geklingelt, wenn für die gute Suppe das Maggi fehlte. Die Borther ließen sich das Flüssiggewürz kurzerhand aus der großen „Magnum“-Flasche hinter der Theke in die kleinen Haushaltsfläschchen füllen.
Ausbildung in Moers
„Meine Mutter hat immer gesagt, ich sei im Bananenkarton unter der Theke groß geworden“, erzählt Jürgen Börgmann (73). Und dieses Bild trifft es irgendwie. Für den Borther war das elterliche Geschäft sein Zuhause, Spielplatz und erster „Arbeitsplatz“ zugleich. Als Steppke, der noch die Schulbank drückte, ist er freitags stets gemeinsam mit den Eltern zum Duisburger Großmarkt gefahren, um Frischfisch zu kaufen. „Den habe ich dann mit dem Fahrrad zu den Kunden gebracht“, erzählt der 73-Jährige.
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Seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann hat er in einem Moerser Unternehmen absolviert. Im Anschuss daran einen anderen beruflichen Weg einzuschlagen, das elterliche Geschäft nicht zu übernehmen, diese Überlegung gab es für Jürgen Börgmann nicht. Gemeinsam mit Ehefrau Brigitte (70), die er schon aus Jugendtagen kannte und die praktischerweise Textilverkäuferin gelernt hatte, ist er 1972 in den Betrieb eingestiegen, 1974 erfolgte die Übernahme. Doch in den Folgejahren machten die aufkommenden Supermärkte und später die Discounter den Börgmanns das (Geschäfts-)leben schwer.
1989 ging das Paar den entscheidenden Schritt: Nach der Verkleinerung der Verkaufsfläche wurde aus dem Gemischtwarenladen eine Lottoannahmestelle, die auch Tabakwaren und Zeitungen anbot. Das Geschäft mit dem Glück war seitdem das tägliche Brot für die Börgmanns.
Insgesamt 47 Jahre hat das Ehepaar gemeinsam hinter der Theke gestanden, hat mit Kunden gelacht und sich bisweilen auch deren großen und kleinen Sorgen angehört. Die Wünsche und Gewohnheiten der Stammkunden kannten sie aus dem Effeff. Tut der Abschied da nicht weh? „Wir sind unseren Kunden sehr dankbar, doch wir gehen mit zwei lachenden Augen“, sagen die beiden Geschäftsleute bestimmt. Genug sei genug – ihr Ruhestand sei ohnehin schon rund zehn Jahre überfällig. „Das Haus ist verkauft, wir ziehen jetzt in eine Wohnung nach Sonsbeck“, sagt Brigitte Börgmann. Die Zeit so zu nutzen, wie sie mögen, Urlaub zu machen und das Leben zu genießen – darauf freuen sie sich jetzt.