Rheinberg. . Zwei Juristen beraten die Bewohner in rechtlichen Angelegenheiten. Auch Psychologen kümmern sich um die zum Teil traumatisierten Flüchtlinge.
Wenn die Menschen, die in Deutschland Asyl suchen in der Zentralen-Unterbringungs-Einrichtung (ZUE) in Orsoy ankommen, haben sie oft Schlimmes erlebt. Die ZUE in Rheinberg ist eine der wenigen Einrichtungen im Land, die auf besonders Schutzbedürftige spezialisiert ist. Dazu gehören Männer und Frauen, die in ihren Herkunftsländern und/oder auf der Flucht waren, Folter, psychische, physische oder sexuelle Gewalt erleben mussten.
Deshalb werden die Bewohner der ZUE unter anderem von Therapeuten, Psychologen und Ärzten betreut. „Leider sind Psychologen, die sich auf Traumatherapie spezialisiert haben, ziemlich rar“, sagt Olga Weinknecht vom Awo-Kreisverband Wesel. „Deshalb bin ich froh, dass wir uns mit unserem psychosozialen Dienst einbringen und Flüchtlingen Hilfe anbieten können, die dringend benötigt wird.“ Doch auch bürokratische Dinge müssen erledigt werden. Wenn Flüchtlinge in Deutschland ankommen, werden zunächst ihre Fingerabdrücke genommen, Fotos gemacht und sie werden ärztlich untersucht. „Außerdem werden sie befragt, wann, wie und wo sie deutschen Boden betreten haben“, erklärt Weinknecht.
Das, so die Awo-Flüchtlingsberaterin, sei der normale Vorgang, um das Dublin-Verfahren durchzuführen und zu schauen, ob Deutschland überhaupt für das jeweilige Asylverfahren zuständig sei. Denn Flüchtlinge müssen eigentlich in dem Staat um Asyl bitten, in dem sie zum ersten Mal EU-Boden betreten haben. „Wenn die Menschen keine Ausweispapiere dabei haben, versucht man es über die Fingerabdrücke“, erklärt Weinknecht das Prozedere weiter. „Teilweise werden die Asylsuchende auch nach Belegen, wie etwa Quittungen, aus anderen EU-Staaten durchsucht – ein Hinweis, dass sie schon in einem anderen EU-Staat unterwegs waren.“ Nach dieser Ersterfassung bekommen die Flüchtlinge ihren ersten Ankunftsnachweis und werden in Unterkünfte, wie der in Orsoy untergebracht. Wie es dann weiter geht, ist für viele der Flüchtlinge ungewiss.
„Eine zusätzliche große Belastung für die Menschen nach der oft langen und anstrengenden Flucht“, weiß Weinknecht. In der ZUE Orsoy kommen dann Flah Haji und Noureddine M. Qassimi ins Spiel. Die beiden jungen Männer sind Verfahrensberater in der Unterkunft und helfen den Bewohnern in rechtlichen Angelegenheiten. „Das sind aber nicht nur Fragen zum Asylrecht“, sagt der studierte Jurist Haji, der selbst vor langer Zeit aus dem Irak nach Deutschland gekommen ist. „Auch Familienrecht, Wohnrecht oder Arbeitsrecht sind in unseren Sprechstunden oft ein Thema.“
Der Schwerpunkt läge dennoch natürlich in der Beratung zu den Asylverfahren. Da die wenigsten Flüchtlinge deutsch sprechen könnten, geschweige denn sich im deutschen Rechtssystem auskennen, übersetzen Haji und Qassimi amtliche Schreiben und bereiten die Bewohner auf ihre Anhörungen vor.
Keine falschen Hoffnungen machen
„Auch Flüchtlinge haben Rechte aber ebenso Pflichten, von denen sie aber meist gar nichts wissen und unterschreiben oft Sachen, die sie gar nicht verstehen“, sagt Jurist Haji, der neben Arabisch, Englisch und Französisch auch drei Varianten der kurdischen Sprache spricht. Außerdem stehen Haji und sein Kollege dem Betreuer-Team in der ZUE bei rechtlichen Fragen zur Verfügung. Nur so können die Flüchtlingsberater den Bewohnern in Orsoy zu Seite stehen und in ihnen keine falschen Hoffnungen wecken. Denn für viele Flüchtlinge ist die ZUE in Orsoy nicht der ersehnte Neuanfang, sondern die erste und letzte Station vor der Abschiebung.