Eigentümer Ernst Barten und seine Familie wollen die Kulturkneipe am Jahresende verkaufen. Damit endet ein Stück Rheinberger Kulturgeschichte.
Rheinberg-Vierbaum . Kulturkneipe, Dorfdisco, Restaurant, Biergarten, Ort für Familien- und Vereinsfeiern – der Schwarze Adler an der Baerler Straße ist vieles. Und er ist bekannt. Weit über Stadt- und Kreisgrenzen hinaus. Dafür haben 700 bis 800 Konzerte mit nicht selten international bekannten Musikern ebenso gesorgt wie hunderte Auftritte von Kabarettisten. Nicht zu vergessen die etwa 160 Ausstellungen verschiedenster Künstler. Doch mit all dem wird Ende des Jahres Schluss sein. Ernst Barten will den Schwarzen Adler verkaufen. Schweren Herzens, aber doch aus Überzeugung. „Ich werde Ende Mai 70“, sagt der Eigentümer. „Noch bin ich gesund und fühle mich fit, aber irgendwann muss Schluss sein. Das ist doch alles sehr viel Arbeit.“
Mehrere Wochen habe man die Entscheidung im Familienkreis überdacht, versichert Bartens Ehefrau Luise Theile, die an der Schwarzer Adler Gastro GmbH ebenso beteiligt ist wie Tochter Franka Theile. Die 38-Jährige arbeitet seit 2003 im Adler, übernahm 2012 die Betriebsleitung und zum 1. Januar 2015 die Geschäftsführung. „Ich möchte das Haus alleine nicht weiterführen“, betont die Diplom-Kauffrau. Das kann ihre Mutter gut verstehen: „In der Gastronomie ist man rund um die Uhr gefordert. Das geht an die Substanz“, so Luise Theile, die auch sagt: „Der Adler ist für uns alle wie ein Familienmitglied. Eine Herzensangelegenheit.“
Die 25 Mitarbeiter seien informiert. Nun werde man einen Käufer suchen, für das Lokal mit dem Saal und den beiden Wohnungen im Obergeschoss. Den Trakt mit Werkstatt und weiterem Wohnraum wird Barten behalten. „Der Laden läuft gut, finanziell ist ja alles bestens“, unterstreicht er. „Aber jetzt können wir alles in aller Ruhe über die Bühne bringen. Wir wollen nicht warten, bis wir zu alt sind.“
Der Gedanke, das Haus zu verpachten, wurde schnell verworfen. Barten: „Dann kommt man wieder nicht richtig los, ist mit bürokratischen Dingen befasst oder als Hausmeister gefordert.“ Das Adler-Team hofft nun, dass sich ein Käufer findet, der mit einem ähnlichen Konzept in die Zukunft geht. Luise Theile: „Es würde uns freuen, wenn der Adler weiterhin ein Gastronomiebetrieb wäre. Und noch besser wäre es, wenn es auch weiterhin Kultur gäbe.“ Die Kulturinitiative Schwarzer Adler soll als Verein erst einmal weiterbestehen. In der Stadthalle soll es auch künftig einzelne Veranstaltungen geben, vielleicht auch an der Baerler Straße. „Das muss sich ergeben“, so Barten.
Ernst Bartens Eltern, Sybille und Wilhelm Barten, kauften den mehr als 200 Jahre alten Schwarzen Adler in den fünfziger Jahren. Die ehemalige Postkutschenstation war eine typische Dorfkneipe. 1980 sollte sie abgerissen werden, um bessere Sichtverhältnisse an der Kreuzung Baearler Straße/Reitweg herzustellen. Ernst Barten, der damals in Berlin lebte und als Lehrer und Lehrbeauftragter an der Hochschule arbeitete, verhinderte das. „Ich habe dafür gesorgt, dass der Adler unter Denkmalschutz gestellt wurde“, erzählt er. Jeden Stein, jede Dachpfanne, jedes Kabel, jede Schraube und jeden Nagel habe er schon umgedreht und in Händen gehalten. Das Haus ist von Grund auf saniert. Weil das Lokal damals leer stand, betrieb Barten es fortan selbst.
Fans reisten aus Paris an
Sein Konzept schlug nach der Eröffnung 1982 ein wie eine Bombe. Blues am Abend, Blues zum Frühstück, Musiker aus den USA und aus allen Ecken der Welt unterhielten das Publikum. Ebenso die Kabarettisten. Herbert Knebels Affentheater rockte den Laden vor 40 Besuchern. Helge Schneider swingte und blödelte 1984 noch in der Kneipe. Die Blues-Brothers-Legenden Matt Murphy und Duck Dunn standen im Publikum, und Joe Bonamassa, der heute locker den Madison Square Garden in New York füllt, schrieb nach einem von drei Adler-Konzerten in einer Ecke Autogramme.
Es gab Fans, die für ein Konzert von Mitch Ryder mit dem Auto aus Paris anreisten, andere kamen mit dem Flugzeug aus England: Das alles und noch viel mehr wird bald Geschichte sein. Ein großes, schönes, wichtiges Stück Rheinberger Kulturgeschichte geht zu Ende.