Alpen. . Der Seniorchef des Agrartechnikunternehmens feiert am heutigen Montag seinen 80. Geburtstag. Seit 1966 ist er dabei, 1969 übernahm er die Leitung
Der Ackerbauspezialist Lemken ist stolz darauf, dass viele seiner Beschäftigten dem Unternehmen ewig lange die Treue halten. Aber so lange wie Seniorchef Viktor Lemken war noch keiner dabei. Mehr als ein halbes Jahrhundert ist es her, dass er 1966 nach seinem Studium der Betriebswirtschaft in die Firma eintrat. Drei Jahre später hat er nach dem plötzlichen Tod seines Vaters, der ebenfalls Viktor hieß, die Verantwortung für das Unternehmen übernommen. Dessen rasante Entwicklung zum familiengeführten Global Player hat er maßgeblich mitgestaltet. Am heutigen Montag wird Viktor Lemken 80 Jahre alt.
Dazu hat seine Tochter Nicola einen Empfang für geladene Gäste organisiert. „Den werde ich in Ruhe über mich ergehen lassen“, sagt der Jubilar völlig unaufgeregt. Ihm sei wichtig, dass die Belegschaft, als deren Teil er sich immer noch versteht, in der Pause oder beim Schichtwechsel „herzlich willkommen“ sei. Das Alter sei für ihn letztlich nicht mehr als eine Zahl, sagt er. „Das Leben geht weiter. Es kommt drauf an, wie man sich fühlt.“
Und er fühlt sich gut. Tag für Tag steht er in seinem Büro im obersten Stockwerk weiter seinen Mann. Im Wortsinne sogar. Er hat seinen höhenverstellbaren Schreibtisch hochgefahren und arbeitet am liebsten im Stehen, die Weltkarte im Rücken, auf der seine Firma sich immer weiter ausbreitet. Der Blick nach vorn fällt auf den Parkplatz vorm Haupteingang des modernisierten Verwaltungstraktes. „Früher war das nur Wiese“, sagt er nüchtern mit leisem Stolz darauf, welches Wachstum die Zentrale und damit das Werk genommen hat.
Urlaub habe er schon lange keinen mehr gemacht. „Nur ab und zu bleibe ich mal einen Tag zu Hause.“ Das Haus, das er seit vielen Jahren mit seiner Frau Franziska bewohnt, steht in Sevelen. Hier tankt er auf. „Wir haben einen schönen Garten.“ Zur Arbeit fährt der nun 80-Jährige mit dem Auto. Der Wagen sei 15 Jahre alt, mehr als 200 000 Kilometer gelaufen. „Aber er ist immer noch tip-top“, technisch auf neuestem Stand. „Ich bin Technikfreak“, sagt Viktor Lemken. „Ich habe ihn damals mit allem gekauft, was es gab. Nur keine Ledersitze.“
Tägliche Touren mit dem Rad sorgen dafür, dass sein Motor noch immer rund läuft. Den Elektroantrieb schalte er nur ein, wenn der Gegenwind stark bläst. „Vor ein paar Jahren bin ich noch regelmäßig gejoggt. Aber das lässt mein Rücken nicht mehr zu.“ Er habe auch mal mit Tennis angefangen, seine Tochter habe versucht, ihm das Golfen schmackhaft zu machen. „Sehr interessant. Aber dafür braucht man viel Zeit.“ Dabei fällt ihm ein frühes Hobby ein: „Ich hab’ mal Ponys gezüchtet. Und später auch mal geritten.“
Zeit hat er immer noch zu wenig
Zeit hat Viktor Lemken immer noch zu wenig. Die Firma, in der er als Gesellschafter immer noch in alle Entscheidungsprozesse eingebunden ist, lasse ihn nicht ruhen. „Das ist auch gut so. Sonst wär’ mir ja langweilig.“ Der Vertreter der sechsten Lemken-Generation weiß sein Unternehmen in sehr guten Händen. Seine Tochter Nicola sei eine Unternehmernatur. „Ich bin froh über die Nachfolge.“ Das sehe in vielen anderen familiengeführten Unternehmen lange nicht so gut aus. Und auch die anderen Mitglieder der Geschäftsführung würden einen ausgezeichneten Job machen. Hier sei hohe Kompetenz aus allen bedeutsamen Betriebsbereichen versammelt. „Einer allein kann das Schiff nicht lenken“, sagt der erfahrene Kapitän. Dass Lemken die Belegschaft, die heute weltweit 1570 Leute zählt, als Teil der Firmenfamilie betrachtet, zahle sich aus. „Die Menschen haben eine ganz besondere Einstellung. Sie identifizieren sich mit ihrer Arbeit mehr als in einem Konzern“, sagt Viktor Lemken.
Das Unternehmen sei stetig gewachsen. An eine echte Krise kann er sich nicht erinnern. In Sachen Technik habe man sich bei Lemken immer bemüht, die Nase möglichst weit vorn zu haben – mit Erfolg. „Wir brauchen stetes Wachstum, um weiter erfolgreich zu sein.“
Dass Wachstum auch Grenzen hat, davon ist der Jubilar nachhaltig überzeugt. Um die Zukunft des Unternehmens ist ihm nicht bange. Sorgen aber bereite ihm der Zustand der Welt, in der Pole und Gletscher schmelzen und Regenwald immer weiter abgeholzt wird. Dass er nicht verstehen kann, dass Deutschland immer noch auf die klimaschädliche Braunkohle setzt, hat er gerade NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart bei dessen Besuch im Betrieb gesagt.
Unbeschwert fühlt Viktor Lemken sich, wenn er alle zwei Jahre zur Agritechnica, der weltgrößten Agrarmesse, fährt. „Das ist immer ein Highlight für mich“, sagt er. Das spannende Treffen mit so vielen Menschen, die die Begeisterung für die Technik mit ihm teilen, das halte jung, sagt der Technikfreak. „Das sind die schönsten Tage des Jahres.“ Die nächste Messe ist im Herbst nächsten Jahres.