Kamp-Lintfort. . Wer in Kamp-Lintfort eine Zeitreise erleben will, muss ein Gartentor öffnen, eine Treppe hinaufsteigen und das „Haus des Bergmanns“ betreten. Das 1913 errichtete Gebäude liegt inmitten der Alt-Siedlung Friedrich Heinrich, die im Deutschen Kaiserreich in der Nähe des gleichnamigen Bergwerks entstand.

Wer in Kamp-Lintfort eine Zeitreise erleben will, muss ein Gartentor öffnen, eine Treppe hinaufsteigen und das „Haus des Bergmanns“ betreten. Das 1913 errichtete Gebäude liegt inmitten der Alt-Siedlung Friedrich Heinrich, die im Deutschen Kaiserreich in der Nähe des gleichnamigen Bergwerks entstand.

Als zu Beginn des 21. Jahrhunderts das Ende des deutschen Steinkohle-Bergbaus abzusehen war, machte sich die „Fördergemeinschaft für Bergmannstradition – Linker Niederrhein“ auf die Suche nach einem Ort, der Industrie- und Alltagsgeschichte erlebbar machen sollte.

Die Stadt Kamp-Lintfort half mit, erwarb das Haus an der Ebertstraße 88 und stellte es dem Verein zur Verfügung. Im März 2006 eröffnete das Museum, vor sechs Monaten besuchte der 10 000. Gast das „Haus des Bergmanns“.

Jörg Kaenders gehört zu den Vereinsmitgliedern, die Besucher immer sonntags mit auf eine Zeitreise nehmen. Der 61-Jährige verdiente selber 25 Jahre sein Geld auf der Zeche Friedrich Heinrich, die später Teil des Bergwerks West wurde. Bis zu seinem Vorruhestand im Jahr 2005 arbeitete er im Sicherheitsdienst „In meiner Familie sind auch schon der Großvater und der Vater zur Zeche gegangen“, sagt der Lintforter. Deshalb kann er die Führung auch immer mit Anekdoten garnieren.

Bevor Kaenders diese erzählt, zeigt er seinen Gästen im Keller zur Einstimmung einen kurzen Film. Weiter geht’s dann in den nächsten Raum. Auf dem Weg dorthin gibt er gewohnheitsgemäß einen hilfreichen Hinweis: „Vorsicht, Kopf einziehen!“ Auf den Treppen wird es eng. Kaenders öffnet die Tür und präsentiert eine Nachbildung des Bergwerks Friedrich Heinrich – Förderturm, Waschkaue und Grubenbahn unter Tage inklusive. „Da haben vier unserer Vereinsmitglieder zweieinhalb Jahre dran gesessen“, erklärt der Führer.

Anschließend zeigt er den Museumsbesuchern die Grubenlampen-Sammlung. Modelle aus dem 19. Jahrhundert stehen hinter der Vitrine. Wer die Grubenlampen aus den 1960er Jahren betrachtet, erkennt sofort den technischen Fortschritt. Die Exponate im „Haus des Bergmanns“ stammen teilweise aus dem stillgelegten Bergwerk in Kamp-Lintfort, teilweise aus privatem Besitz. „Für den Kohleofen in der Küche haben wir auch etwas Geld in die Hand genommen. Den bekommt man nicht einfach geschenkt“, sagt Kaenders.

Die Küche ist ein gutes Stichwort: Im zweiten Teil der Führung präsentiert Kaenders die Wohnung einer Bergarbeiterfamilie um 1910. Das Schlafzimmer hat der Verein mit Liebe zum Detail hergerichtet. Spiegel, Akkordeon und eine Art Wärmflasche gibt es dort zu entdecken. Wenn Kaenders die kleinen Besucher ins Kinderzimmer führt, blickt er oft in fragende Gesichter. „Heute hat jedes Kind ein eigenes Zimmer. Dass drei oder mehr in einem kleinen Raum wohnten, kann sich keiner mehr vorstellen“, sagt der ehemalige Bergmann.

Beim Rundgang durch das „Haus des Bergmanns“ darf ein Blick in die Küche nicht fehlen. Vor rund 100 Jahren spielte sich der Alltag der Familien hauptsächlich in diesem Raum ab. Zu den Wohnungen gehörte auch ein Wohnzimmer. Das zeigt Kaenders den Besuchern zum Ende der Führungen hin. „Ins Wohnzimmer ging man aber nur zu Ostern und an Weihnachten“, sagt Kaenders. „Und vielleicht, wenn der Pfarrer zu Besuch war.“ So haben sich die Zeiten geändert.