Sonsbeck/Kreis Wesel. . Viele Landwirte in Sonsbeck, Rheinberg, Alpen und Xanten kommen derzeit an ihre existenziellen Grenzen. Der Starkregen im Frühjahr und dann die Trockenheit im September haben die Ernte zu großen Teilen zerstört.
Das Erntedankfest – für viele Landwirte normalerweise ein fester und freudiger Bestandteil im Jahreskalender. In diesem Jahr mag es für viele im Kreis aber wie Hohn klingen. „Bis zu 50 Prozent betragen die Einbußen der Landwirte bei uns im Kreis in diesem Jahr“, erklärt Johannes Leuchtenberg, stellvertretender Vorsitzender der Kreisbauernschaft Wesel. „Viele Landwirte in unserer Region sind durch den Starkregen im Frühjahr und den fehlenden Regen im September an ihre existenziellen Grenzen gekommen.“
„Es hat uns hart erwischt!“
Johannes van Betteray ist Ortsvorsteher der Bauernschaft in Sonsbeck-Hamb. Der Landwirt hat uns zu einer Rundfahrt über die Felder eingeladen. „Man kann schon sagen, es hat uns hart erwischt“, sagt van Betteray. „Mein 87-jähriger Vater sagt, dass er so etwas noch nicht erlebt hat – es war schon ein Jahrhundertereignis.“ Die Überschwemmungen im Juni haben die Felder des Landwirts aus Hamb und auch die seiner Nachbarn stark in Mitleidenschaft gezogen. Auf der einen Seite steht der Mais ,,hoch mit saftig grünen Blättern“, so wie man es gewohnt ist, auf der anderen Seite zeigt Johannes van Betteray die traurigen Auswirkungen des Starkregens Anfang des Sommers. Teils verfault und sehr niedrig gewachsen wird dieser Mais den Bauern kaum Geld bringen. Auch die Rüben auf dem Nachbarfeld sehen eher schlecht als recht aus. „Auf einer Fläche von etwa einem Hektar wurden rund 100 000 Rüben-Samenpillen ausgesät“, berichtet van Betteray. „Jetzt haben wir, wenn überhaupt, 40000 Rüben, die noch vorhanden sind – und die sind so klein, dass man von einem Ertrag kaum sprechen kann.“ Neben den „Rüben“ rankt auf dem Feld des Nachbarn vieles, was im Volksmund als Unkraut bezeichnet wird. Die Wildpflanzen verdrängen die Kulturpflanzen der Bauern. Durch die schwierige Gesamtsituation ist der Sauerstoffhaushalt der Böden zum Teil zerstört – Mineralien sind aus den Böden herausgewaschen oder werden von den unwillkommenen Pflanzen verbraucht.
Einige haben schon Existenzängste
Wenn es in der vergangenen Saison noch eine Chance gab, so wäre diese mit enormen Kosten verbunden. Eine neue Aussaat zahlt sich nicht von selbst – eine Reihe von Landwirten hat bereits Existenzängste. „Zuerst war es zu nass, dann war es zu trocken“, beschreibt Johannes van Betteray die Situation. „Das sind Bedingungen, mit denen wir uns wohl weiter auseinandersetzen müssen.“ Nichtsdestotrotz lässt sich der Hamber Landwirt nicht unterkriegen. „Ich liebe meinen Beruf und hoffe, dass das nächste Jahr einfach besser wird.“
Große Ausfälle beim Getreide und bei den Rüben
Auch die Kreisbauernschaft Wesel kann zum Ende der Erntezeit hin kein positives Fazit ziehen. „Den Landwirten sind durch den Starkregen und die Überflutung nach den Deichöffnungen die Kartoffeln zum Teil unter den Fingern weggefault“, sagt Johannes Leuchtenberg, stellvertretender Vorsitzender der Kreisbauernschaft Wesel. „Auch bei der Getreideernte gab es sehr große Ausfälle.“
Viele Betriebe an den Rand des Ruins getrieben
So habe sich beispielsweise die Bäckerei „Büsch“ von einer guten Idee verabschieden müssen. „Eigentlich war es geplant, dass Büsch nur noch mit der Zugabe von regionalem Weizen arbeitet“, betont Leuchtenberg. „Durch die extremen Ernteausfälle musste jetzt natürlich dazu bestellt werden.“ Besonders hätte zudem der Rübenanbau gelitten, wie auch van Betteray berichtet. „Durch den trockenen Boden bekommt man das, was noch übrig geblieben ist, kaum aus dem Boden“, weiß Johannes Leuchtenberg.
Alleine der Anblick der Felder würde schon Bände sprechen. „Es fällt auf, dass es links und rechts der Straßen viele braune Felder gibt. Um diese Jahreszeit sieht man normalerweise noch sehr viel Grün.“
Viele dutzende Betriebe seien durch die extremen Wetterbedingungen an den Rand des Ruins getrieben worden. Für die Zivilbevölkerung wurden Soforthilfen zugesagt – den Landwirten blieben oft nur die Sofort-Kredithilfen mit einem niedrigen Zinsniveau. „Das ist aber sehr schwierig in der Umsetzung“, unterstreicht Leuchtenberg und verweist auf die Zukunftsängste der Landwirte, was die Rückzahlung betrifft. „Eine Idee, bei der man schon in vielen Fällen sagen kann: gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.“
Immerhin ist die Region von einem Schädling bis dato verschont geblieben. Der Maiszünsler, der sich momentan in NRW ausbreitet, hat den Weg auf die Felder am Niederrhein noch nicht gefunden. Wohl auch weil es an Nahrung mangelt