Xanten. Für Fans der Szene stellt es eines der Jahreshighlights dar: ein Kurzurlaub in einer anderen Zeit, in einer anderen Welt.
Die Ritter packen ihre Lanzen ein, das Spektakel ist vorbei. Die Leinenhemden weichen dem Businessoutfit, die Rüstungen wer-den im Kofferraum des Kombis verstaut, die Feuerstellen gelöscht. Vorbei ist der Spaß, der im Alltag so weit weg ist.
Vier Tage dauerte das Siegfried-spektakel in Xanten, vier facettenreiche Tage, die ganz dem mittelalterlichen Lebensstil gewidmet waren. Für Fans der Szene stellte dieses Fest eines der Jahreshighlights dar: ein Kurzurlaub in einer anderen Zeit, einer anderen Welt. Die hölzernen Fahrgeschäfte wurden von Hand angetrieben, das Essen über dem offenen Feuer zubereitet. An einem Stand drehte sich ein gewaltiges Spanferkel. Fleisch, wie es schon vor Jahrhunderten zubereitet wurde. Beim Siegfriedspektakel konnte man seinem Essen noch ins Gesicht schauen. Doch das war nur bei ein, zwei Ständen der Fall. Den Löwenanteil nahmen vegetarische Gerichte in Anspruch. Die Gäste aßen geröstetes Hanfbrot mit Gemüsefüllung, verspeisten ungarische „Lángos“, deren Beläge von süß bis herzhaft reichten und erfreute sich an ausgefallenen arabischen Gepäck.
Köstliches Essen, authentische Unterhaltung und eine tolle Atmosphäre: Das war die Erfolgsformel des Spektakels. Doch für die Liebhaber des Festes war das noch lange nicht genug. Wer wirklich zur Szene gehörte, der verbrachte die Tage komplett im Freien, auf dem Zeltplatz, neben dem Festivalgelände. Was für die einen nur unterhaltsam war, war für die anderen ein Lebensgefühl, eine Zeitreise, ein wunderbares Hobby.
Der Schmied fertigte seine Waffen genauso, wie es die Vorfahren einst taten. Das Essen wurde in gusseisernen Töpfen über Stunden gekocht und die Camper schliefen in Leinendecken, auf Fellen oder in prachtvollen Holzbetten.
Selbstgenähte Kostüme
Wer in der mittelalterlichen Szene Fuß fassen möchte, benötigt vor allem Geduld und eine gewisse Liebe zur Handarbeit. Die meisten Kostüme sind selbstgenäht oder Spezialanfertigungen, ebenso wie die Zelte, die Werkzeuge und das Geschirr.
An den ersten zwei Tagen hätte das Wetter nicht besser sein können. Strahlender Sonnenschein und trockene Nächte luden zu gemeinsamen Stunden vor dem Zelt ein, zum Entspannen und Beisammensitzen. „Wir lernen meistens jemanden kennen und sitzen dann auch abends zusammen am Feuer“, berichtete Cornelia Machtenberg, die mit ihren drei Söhnen und ihrer Tochter vor Ort campierte.
Die Tagesausflügler konnten sich auf der großen Wiese niederlassen, den mittelalterlichen Bands lauschen und dazu ein kühles Getränk genießen. Bei den Ritterturnieren drängten sich viele Menschen um die Arena und bewunderten das Schauspiel der tapferen Krieger.
Im Laufe des Samstags änderte sich das Wetter dann leider. Ein Blick zum Himmel offenbarte eine graue Suppe, viele Schauer und Regenphasen durchnässten den Boden. Die Besucher und die selbstgenähten Baumwollzelte wurden nass.Doch die Menschen ließen sich davon nicht abschrecken. Das Festival war auch am Samstag und Sonntag gut besucht und die Stimmung in der Zeltstadt hervorragend.
„Solange es nicht wie aus Eimern schüttet, ist es kein Problem“, sagte Cornelia Machtenberg. Sie lobte vor allem die Ruhe in dem Lager und die ideale Festivalgröße. „Man ist die ganze Zeit draußen, es ist freier und gemeinschaftlicher als auf einem Campingplatz“, erzählte die Mutter. Um das kleine Familienlager herum, hatten sich viele größere Gruppen angesiedelt. Da war ein spontaner Schwertkampf, der Nach-barn, nichts Ungewöhnliches. „Hier in Xanten ist es einfach nicht so kommerziell aufgezogen, das finde ich schön“, beteuerte Cornelia Machtenberg.
Wen das mittelalterliche Flair gepackt hat, der sollte es mal selbst versuchen und für ein Wochenende beim Siegfriedfest zelten. Es wäre bestimmt eine harmonische und interessante Erfahrung, von der man auch im Alltag noch profitiert.