Oberhausen. 7500 Fans haben Howard Carpendale in der Arena Oberhausen gefeiert. Der Schlager-Altmeister spricht über Konzert-Regeln und zitiert Konfuzius.

Howie macht es noch einmal - oder zweimal und dreimal … Kaum hat am Sonntagabend das Konzert von Schlager-Altmeister Howard Carpendale in der Arena Oberhausen begonnen, schon gibt der Tour-Titel den Takt vor. Das Wort „Again“ steht auf der großen Leinwand, wieder und wieder und wieder. Bis der komplette Großbildschirm damit gefüllt ist.

„Let’s do ist again“ lautet schließlich das Motto des aus Südafrika stammenden Schlagersängers. Und dass der 78-Jährige in absehbarer Zeit auf weitere Extrarunden verzichten möchte, lässt sich aus den gut zwei Stunden Konzert-Zeitreise durch eine große Musikkarriere nicht ablesen.

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Sein Handwerk beherrscht er, keine Frage. „Habt ihr Lust auf ein Hammerkonzert?“, fragt der Schlagerstar, noch bevor er kurz auf seinem Standhocker mit dem weißen Sitzpolstern Platz nimmt: „Ich stehe seit mehr als 58 Jahren auf der Bühne. Am Anfang waren die meisten hier im Saal noch gar nicht geboren.“ Ein amüsiertes Murmeln beginnt im Publikum, in dem auch Töchter, Söhne und Enkelkinder klatschen, die reiferen Semester aber schon in der Überzahl sind. Mit einem verschmitzten Lächeln moderiert er die Altersfrage weg: „Etwa nicht? Dann sind einige doch älter, als ich dachte.“

Howard Carpendale in Oberhausen: Schlager-Star lobt intime Stimmung in der Arena

Interessant ist, dass Howard Carpendale in der zu zwei Dritteln gefüllten Oberhausener Arena immer wieder von einem Saal spricht: „Hier gibt es eine ganz intime Stimmung. Ich spiele hier unheimlich gerne.“ Man muss bei diesen Worten schon etwas schmunzeln. Es klingt in der zweitgrößten Konzerthalle im Ruhrgebiet fast so, als würde der Schlager-Star in einem kleinen Club spielen. Gut, immerhin gastierte Carpendale zwei Tage zuvor in der noch größeren Lanxess-Arena in Köln.

Darüber habe ich mich immer geärgert. Wir gehen von der Bühne, tun so, als wären wir weg und kommen dann wieder. So ein Scheiß!
Howard Carpendale - spielte in Oberhausen keine typischen Zugaben, sondern drei zusätzliche Songs

Eine vertraute Atmosphäre baut Carpendale sowieso spielend auf. Und das liegt an den noch lange nicht verwaschenen Entertainer-Qualitäten. Zwischen Ohrwürmern wie „Du bist das Letzte“ und „Samstag Nacht“ zeigt sich der Altmeister als engagierter Geschichten-Erzähler mit schelmischen Witzen auf den Lippen.

Ob denn alle wüssten, wer da vorne gerade singt, möchte Carpendale wissen. Schließlich gäbe es in jedem Saal den einen Typen, dessen Frau zwei Eintrittskarten gekauft hätte, ohne ihrem Mann zu erzählen für welches Konzert: „Der wundert sich jetzt sicher: Wer singt eigentlich da vorne?“

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Er kokettiert, denn Carpendale ist ebenso bekannt wie der Bundeskanzler. Politik macht er in seinen Schlagern von Luft und Liebe kaum. Und doch möchte er in einzelnen Songs eine Botschaft vermitteln. „Wer im Leben keine Haltung zeigt, der hat nicht gelebt“, sagt er und stimmt „Willkommen auf der Titanic“ an. Der Song deutet seine gesellschaftliche und umweltpolitische Kritik mit „Kapitänen, die nichts verstehen“ aber nur recht vage an. „In der Corona-Pandemie habe ich mich gefragt: Was macht die Erde mit uns? Heute frage ich mich: Was machen wir mit der Erde?“

Howard Carpendale in Oberhausen: Halbplayback? Nicht mit Howie - „Alles live“

Die 7500 Fans sind gekommen, um in Erinnerungen zu schwelgen - und hier bietet Howard Carpendale reichlich Klangfutter. Es erklingt die Titelmelodie aus der „ZDF Hitparade“ in der Carpendale Dauergast war. Auch sein Beatles-Cover „Ob-La-Di, Ob-La-Da“ darf nicht fehlen. Das aufputschende „Das ist unsere Zeit“, das säuselnde „Laura Jane“ und betörende „Nachts, wenn alles schläft“ beherrschen die Fans ganz ohne Klangfibel.

Das gilt auch für den Meister selbst, der seine Songtexte nach Jahrzehnten fest abgespeichert hat und betont, keine Hilfsmittel einzusetzen: „Nein, vor mir steht kein Teleprompter!“ Der 78-Jährige wünscht sich mehr Respekt gegenüber dem Publikum: „Woanders hört man bei Konzerten immer häufiger Halbplayback. Das finde ich nicht gut.“ Carpendale deutlich: „Fragen Sie bei Konzerten vorher nach, ob auch wirklich live gesungen wird. Bei uns wird immer alles live sein!“

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Dass er üppige 15 Musiker, von Background-Sängerinnen, Co-Sängern, Bläsern bis zum Schlagzeuger mit auf die Bühne nimmt, unterstreicht sein Anliegen. Dass Carpendale noch in der vergangenen Woche zwei Auftritte wegen eines grippalen Infektes absagen musste, hört man bei mehr als 20 Liedern nicht heraus.

So erhalten die Fans auch noch das Pflichtprogramm, stoßen sanft schunkelnd bei „Hello again“ aneinander. Und heben beim Smokie-Cover „Tür an Tür mit Alice“ die Hände rhythmisch ins Halleninnere: „Wer zum Teufel war noch mal Alice?“

Howard Carpendale in Oberhausen: Zusätzliche Songs, ja! Aber Zugaben, nein!

Am Ende bricht Carpendale, der seine Musik betont wandelbar hält, mit Konzert-Konventionen. Zugaben nennt er die drei zusätzlichen Lieder nach dem Schluss-Applaus nicht: „Darüber habe ich mich immer geärgert. Wir gehen von der Bühne, tun so, als wären wir weg und kommen dann wieder. So ein Scheiß!“

Howard Carpendale zeigt sich in Oberhausen gut in Form, bringt seine Fans mehr als zwei Stunden lang ins Gute-Laune-Land und zitiert zwischendurch sogar Konfuzius: „Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir für immer.“ Manch einer murmelt noch beim Verlassen der Halle „Ti amo!“ Dass er einzelne Hits wie „Das schöne Mädchen von Seite eins“ ausschließlich in einer modernen Version samt Rap-Einlagen spielt, findet dagegen nicht nur Zustimmung.

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