Oberhausen. Es gibt schöne und es gibt weniger schöne Erlebnisse für Hebammen: Die Reaktion einer Mutter hat eine Hebamme aus Oberhausen besonders gut getan.

Die Vorfreude auf die Geburt eines Kindes ist bei werdenden Eltern meist groß. Doch die Suche nach einer Hebamme stellt viele Schwangere vor enorme Herausforderungen. Dabei ist eine enge Betreuung während der Schwangerschaft und des Wochenbetts für werdende Eltern sehr wichtig, um Ängste vor der Geburt zu nehmen und sich an den Alltag mit einem Neugeborenen zu gewöhnen.

Hebammen aber sind auch in Oberhausen kaum noch zu finden. Immer mehr ziehen sich aus ihrem Beruf zurück. Zudem ist es schwer, junge Menschen für den Job zu begeistern. Denn die Arbeitsbelastung ist hoch. Dazu kommen bürokratische Hürden und horrende Versicherungskosten, die aus der eigenen Tasche zu zahlen sind. Im Gespräch erzählt Pia Corina Yildizöz, warum sie sich den Traum einer eigenen Praxis in Oberhausen jetzt trotzdem erfüllt.

Seit zwei Jahren ist sie freiberuflich in Oberhausen als Hebamme aktiv

Seitdem Yildizöz 2017 ihre Ausbildung zur Hebamme abgeschlossen hat, arbeitet sie in der Geburtshilfe der Uniklinik Düsseldorf. Seit zwei Jahren ist sie außerdem freiberuflich in Oberhausen als Hebamme aktiv. Jetzt macht die zweifache Mama ihre eigene Hebammenpraxis mitten in der Sterkrader Innenstadt auf. In der „Hebammenpraxis Sterkrader Storchennest“ werden sowohl Geburtsvor- als auch Nachbereitungskurse angeboten. Zudem gibt es Krabbelgruppen und eine Wochenbettambulanz.

In ihrer Praxis in Oberhausen-Sterkrade berät Pia Corina Yildizöz werdende Mütter bei Fragen rund um ihr Baby. Auch nach der Entbindung bleibt sie an ihrer Seite.
In ihrer Praxis in Oberhausen-Sterkrade berät Pia Corina Yildizöz werdende Mütter bei Fragen rund um ihr Baby. Auch nach der Entbindung bleibt sie an ihrer Seite. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Dass der Praxisalltag herausfordernd wird, weiß die 30-Jährige aus eigener Erfahrung: Der Job als Hebamme sei gerade in den letzten Wochen vor einer Geburt ein Rund-um-die-Uhr-Job. Dazu kommt: Zu den Aufgaben einer Hebamme gehören weit mehr als die Betreuung von Schwangeren und Neugeborenen. „Viele davon werden nicht einmal bezahlt“, sagt Yildizöz verärgert. Etwa die Vor- und Nachbereitungen von Terminen. „Dabei kostet das viel Zeit.“

Hohe Abgaben, geringe Einnahmen: Das macht den Job als Hebamme unattraktiv

Die Geburtshilfe sei eben kein klassischer Bürojob. Viele Termine könne man gar nicht genau planen. „Dazu kommt, dass sich Mütter auch melden, wenn ich eigentlich frei habe. Mein Handy ist immer an. Ich helfe den Müttern ja gerne“, gibt Yildizöz zu. Dass diese ausufernden Arbeitszeiten ihren Job nicht unbedingt attraktiver machen, weiß sie selbst.

Ein weiterer Grund, warum immer weniger Frauen den Beruf als Hebamme anstreben, seien die schlechten Rahmenbedingungen. Hebammen seien etwa verpflichtet, selbst in die Rentenkasse einzuzahlen. Dafür würden monatlich rund 300 Euro fällig. Zusätzlich müssten Hebammen innerhalb von drei Jahren 60 Fortbildungsstunden nachweisen. „Teilweise liegen die Kosten für einzelne Fortbildungsangebote aber ebenfalls schon bei 300 Euro. Auch das schreckt viele ab.“

Yildizöz erklärt, wie die Abrechnung von Terminen funktioniert. Beratungstermine während der Schwangerschaft werden halbstündlich bezahlt. Im Wochenbett hingegen nimmt Yildizöz eine Pauschale, die bei 40 Euro liegt. „Die Termine gehen manchmal nur eine halbe Stunde, manchmal deutlich länger.“ Eine lange Liste von Argumenten, die gegen ihren Traumberuf sprechen.

Hebamme zu sein ist für diese Oberhausenerin eine Herzensangelegenheit

Doch all das nimmt die Mutter von zwei Töchtern dennoch auf sich. Denn für sie ist ihr Beruf einfach eine Herzensangelegenheit: „Man muss mit dem ganzen Herzen dabei sein, sonst zieht man sich aus dem Beruf zurück und fragt sich, wofür mache ich das eigentlich?“ Unzählige schöne Erinnerungen und Momente dagegen bestärkten sie darin, weiterhin für diesen Job zu brennen.

Eine Geschichte hat sie dabei besonders berührt: „Ich war bei einer sehr schweren Geburt dabei.“ Zwar sei letztlich alles gut gegangen. Doch die Mutter habe ihr gleich nach der Geburt mitgeteilt, dass sie sich kein zweites Kind mehr vorstellen könnte. Monate später erhielt die Oberhausenerin dann doch diesen Anruf: „Es war die junge Mutter, die mir erzählte, wieder schwanger zu sein – durch meine Unterstützung während der ersten Geburt hätte sie nun doch noch den Mut für eine zweite Schwangerschaft gefunden.“

In der „Hebammenpraxis Sterkrader Storchennest“ bietet Pia Corina Yildizöz viele Kurs- und Betreuungsangebote für werdende Mütter und Säuglinge an.
In der „Hebammenpraxis Sterkrader Storchennest“ bietet Pia Corina Yildizöz viele Kurs- und Betreuungsangebote für werdende Mütter und Säuglinge an. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Die neue Praxis auf der Bahnhofstraße wird am 8. Juni offiziell eröffnet. Schon jetzt ist Yildizöz bis in den Januar 2025 hinein ausgebucht. Ihren Job in der Geburtshilfe der Uniklinik Düsseldorf will sie neben dem laufenden Praxisbetrieb weiterhin ausüben.

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