Oberhausen. In anderthalb Jahren werden in NRW-Großstädten Oberbürgermeister gewählt. Die Oberhausener SPD sucht ihren OB-Kandidaten. Eine schwere Aufgabe.

Die Oberhausener SPD sieht gute Chancen, nach zwei Niederlagen die dritte Wahl in Folge gegen den amtierenden Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) bei den NRW-Kommunalwahlen im Herbst 2025 zu gewinnen – und ihn durch einen sozialdemokratischen Kandidaten abzulösen.

„Daniel Schranz hat viele Versprechen gemacht, aber mehrere davon nicht erfüllt: Was ist beispielsweise aus der groß angekündigten Verlagerung des Rotlichtviertels aus der Innenstadt geworden?“, fragt der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Dirk Vöpel, der auch einziger Bundestagsabgeordneter für Oberhausen ist. Wirtschaftlich sei Oberhausen nach dem Ranking des Instituts der deutschen Wirtschaft bundesweit auf den letzten Platz gerutscht. Weder sei erreicht worden, Personalstellen im Rathaus abzubauen, noch die Gewerbesteuer für Firmen zu senken. „Und wenn ich aus Berlin mit dem Auto komme, stehe ich immer wieder im Stau – und zwar am Ende der Fahrt in Oberhausen, wenn ich von der Autobahn abfahre. Hier herrscht doch ein unglaubliches Verkehrschaos.“

Sucht einen Oberbürgermeister-Kandidaten, der Oberhausen nach vorne bringen will: Dirk Vöpel (52), Vorsitzender des Oberhausener SPD-Unterbezirks.
Sucht einen Oberbürgermeister-Kandidaten, der Oberhausen nach vorne bringen will: Dirk Vöpel (52), Vorsitzender des Oberhausener SPD-Unterbezirks. © Oberhausen | Kerstin Bögeholz

Daniel Schranz errang zwei Siege gegen SPD-Konkurrenten in Oberhausen

Daniel Schranz hatte seit 2001 die CDU-Ratsfraktion als Oppositionsführer geleitet, ehe er am 13. September 2015 mit seiner Partei einen historischen Sieg schaffte: Fast 60 Jahre amtierten hier ausschließlich Oberbürgermeister von der SPD, plötzlich gewann ein Christdemokrat die Spitzenposition der einstigen Arbeiterstadt Oberhausen. Schranz siegte gegen den SPD-Kandidaten und Kämmerer Apostolos Tsalastras, der frühere Oberbürgermeister Klaus Wehling (SPD) trat damals nicht mehr an. Auch die nächste Direktwahl gewann Schranz im Herbst 2020 – gegen den SPD-Herausforderer Thorsten Berg, den damals weitgehend unbekannten Sparkassenkaufmann.

„Uns geht es darum, dass in Oberhausen nicht weiter Stillstand herrscht, sondern unsere Stadt endlich nach vorne kommt“, gibt Vöpel die Motivlage seiner Partei an. Nur: Dem Oberhausener Unterbezirk fehlt ein natürlicher Kandidat, ein Sozialdemokrat, dem automatisch eine solche Kandidatur um den höchsten und wichtigsten Posten der Stadt zufällt. Denn der 52-jährige Vöpel hat sich seit 2013 als Bundestagsabgeordneter daran gewöhnt, in Berlin über die große Weltpolitik zu diskutieren, entscheidet im Verteidigungsausschuss über die deutschen Reaktionen zu den internationalen Krisen- und Kriegslagen mit. Oberbürgermeister in seiner Heimatstadt will der SPD-Chef nach eigener Aussage jedenfalls nicht werden.

Hatte im Herbst 2020 gegen den amtierenden Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) verloren: der SPD-Herausforderer Thorsten Berg.
Hatte im Herbst 2020 gegen den amtierenden Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) verloren: der SPD-Herausforderer Thorsten Berg. © FUNKE Foto Services | Franz Naskrent

Und auch die 47-jährige Sozialjuristin Sonja Bongers, immerhin seit 2019 SPD-Ratsfraktionschefin, fühlt sich als Landtagsabgeordnete in Düsseldorf pudelwohl. Die Leistungen von Schranz beurteilt sie als mangelhaft – und rechnete mit seiner Arbeitsbilanz vor kurzem in ihrer Haushaltsrede ab. Nur von Thorsten Berg, der es beim ersten Anlauf 2020 aufs OB-Amt immerhin in die Stichwahl gegen Schranz schaffte, ist zu vernehmen, dass er es sich durchaus zutraut, diesmal Schranz tatsächlich zu schlagen. Der anstrengende Wahlkampf mit seiner hitzigen Endphase im Sommer 2020 jedenfalls hat Berg von seinen Ambitionen, die Stadtspitze zu erobern, nicht abbringen können.

‚SPD-Mitglieder sollen geeignete Kandidaten vorschlagen

Im Frühjahr will der Oberhausener SPD-Vorstand die Kandidatenlage sondieren. Vöpel kündigte im Gespräch mit der Redaktion an, in diesem Frühjahr alle 1100 Mitglieder anzuschreiben und sie aufzufordern, zu kandidieren oder einen möglichen Kandidaten zu benennen. Die vorgeschlagenen Bewerber müssten dabei nicht unbedingt aus Oberhausen stammen – schließlich hatte die SPD in den 90er Jahren mit Burkhard Drescher einen Wirtschaftsmann aus Neuss und Grevenbroich zum Stadtdirektor und Oberbürgermeister gemacht, der höchst erfolgreich Oberhausen mit dem Centro zu einem regionalen Anziehungspunkt entwickelte.

SPD-Fraktionsvorsitzende Sonja Bongers rechnete in ihrer Haushaltsrede am 5. Februar 2024 mit der Arbeitsbilanz von Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) ab.
SPD-Fraktionsvorsitzende Sonja Bongers rechnete in ihrer Haushaltsrede am 5. Februar 2024 mit der Arbeitsbilanz von Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) ab. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Aus den von den Mitgliedern genannten Kandidatinnen und Kandidaten will dann der SPD-Vorstand auswählen, in dem er die Gespräche mit allen führt. „Sollte dann mehr als ein Kandidat übrig bleiben, starten wir einen Mitgliederentscheid, dann entscheidet die Basis, wie wir es schon früher erfolgreich gemacht haben“, beschreibt Vöpel das Verfahren. Tatsächlich hatte sich der Computerfachmann selbst in einer internen Vorwahl durchsetzen müssen, um 2013 Kandidat für den Bundeswahlbezirk Oberhausen/Dinslaken zu werden. Der Wahlbezirk wird seit Jahrzehnten direkt von Sozialdemokraten gewonnen.

Einfach wird es für die SPD nicht, einen geeigneten Kontrahenten für die Wahl gegen Amtsinhaber Daniel Schranz zu finden. Denn jeder Bewerber für diese herausragende Position sollte sich die Aufgabe nicht nur selbst zutrauen, sondern auch aufgrund seiner Lebenserfahrung fähig sein, zwei schwergewichtige Rollen zu bewältigen: Einerseits ist der Oberbürgermeister in NRW nach Abschaffung der Doppelspitze in den Rathäusern im Jahr 1994 Repräsentant der gesamten Stadt, andererseits ist er auch Chef einer Stadtverwaltung. Sie umfasst mit Erzieherinnen, Sozialarbeitern, Feuerwehrleuten und Verwaltungskräften immerhin 3000 Beschäftigte. Und er oder sie sollte politisch ausreichend beschlagen sein, um in einem monatelangen Wahlkampf die Mehrheit der Wahlberechtigten für sich zu gewinnen.