Oberhausen. Ticketpreise sollen etwas steigen; die Sanierung des Hauses lohnt als Investition und: Das Theater gibt viel an die Stadt zurück.
Da hat Apostolos Tsalastras ja was angerichtet. Im jüngsten seiner zahlreichen Interviews, zu verstehen als Appell zur Entschuldung der verarmten Städte, rechnete Oberhausens Kämmerer und Kulturdezernent vor: „Wir sparen beim Theater im Rahmen der Haushaltssicherung 600.000 Euro. Dieser Betrag entspricht ungefähr acht Stellen.“ Im Gespräch um die Finanzen des Schauspielhauses reagieren Intendantin Kathrin Mädler und Verwaltungsdirektorin Doris Beckmann erschrocken: „Stellen zu kürzen, wäre das Allerschlimmste“, betont die 48-jährige Chefin des Ensembles. Die Beunruhigung im Team kann Mädler sich lebhaft vorstellen. Jahr für Jahr verschärften Etatkürzungen - bis in drei Jahren 600.000 Euro Ersparnis erreicht sind - müssen sich die Theaterchefinnen stellen. Doch Doris Beckmann sagt gelassen: „Zum Glück bleibt es uns überlassen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.“
Es gebe einen ganzen „Methodenkasten“, so die Finanzchefin des Schauspielhauses, um das Saldo zu verbessern - ohne die 120 Beschäftigten in Existenznöte zu stürzen. Beckmann schickt jedoch zunächst eine andere Zahl voraus: Sie habe gemäß internationaler Berechnungsstandards die Wertschöpfung des Teams am Will-Quadflieg-Platz ermittelt. Es sind 75.000 bis 80.000 Euro je Beschäftigtem und Jahr. „Lauter Menschen mit Leidenschaft in tollen, teils seltenen Berufen“, so Beckmann: „Wir geben ganz viel an die Stadt zurück.“
Auch Kathrin Mädler betont, es wäre zum Schaden der Stadt und ihrer Außenwirkung, sollten unter ihrer Intendanz „keine strahlenden, großen Produktionen“ mehr möglich sein. „Wir sind schon sehr schlank aufgestellt und geraten jetzt an eine Grenze.“
Einen ersten Schritt, um die Vorgaben des Kämmerers zu erfüllen, präsentieren Intendantin und Verwaltungsdirektorin bereits am Donnerstag, 22. Februar, dem im Ratssaal tagenden Kulturausschuss: Die Ticketpreise sollen sich mit der kommenden Spielzeit maßvoll erhöhen, gestaffelt von 1,50 bis 3 Euro je Karte. Andere Häuser der Region waren diesen Schritt schon früher gegangen - Oberhausen wirkte schon fast wie ein „Billigheimer“, was dem hohen Niveau der Inszenierungen keineswegs entsprach.
Im zweiten Schritt „wollen wir uns systematisch durchs Gebäude arbeiten“, wie Doris Beckmann sagt. Sie nennt als aktuelles Beispiel für das Sparpotenzial die Probenbühne in Buschhausen: Bis Ostern werde dort die Beleuchtung auf LED-Technik umgestellt und der Stromverbrauch so halbiert. Investitionen ins 104 Jahre alte Theater bergen großes Sparpotenzial. „Wir haben einen wahnsinnigen Sanierungsdruck“, sagt Mädler. Wäre alles Wünschbare finanzierbar, kalkulierte Kämmerer Tsalastras, müssten 40 Millionen Euro im Haus am Will-Quadflieg-Platz verbaut werden. „Den Goldstandard werden wir nie erreichen“, antwortet Beckmann.
In ihren dreieinhalb Jahren als Verwaltungsdirektorin hat die 54-Jährige bei Land, Bund und Landschaftsverband insgesamt 9 Millionen an Fördermitteln beantragt - und war „überwiegend erfolgreich“, wie sie selbst sagt. „Das Land NRW und der LVR haben ein Bewusstsein für die Nöte der Theater.“ So finanziert sich das gerade erst begründete Urban Arts-Tanzensemble für drei Jahre nahezu komplett aus dem „Neue Wege“-Programm des Landes. Die Intendantin hofft, dass sich anschließend die Förderung verstetigt. „Sie würde dann aber halbiert“, so Kathrin Mädler.
Gefragte Regie-Teams kommen zu vorteilhaften Konditionen
Regie-Teams sind bei den Theatern durchweg für jeweils eine Inszenierung engagiert - nur Kathrin Mädlers Vorgänger Florian Fiedler leistete sich mit Babett Grube eine Hausregisseurin, die allerdings auch nur eine Produktion pro Spielzeit auf die Bühne brachte. Die Intendantin verweist darauf, dass gefragte Leute bereits jetzt zu vorteilhaften Konditionen nach Oberhausen kommen, „weil sie hier inszenieren wollen“. Dieses Renommee dürfe man nicht verspielen. Gerade jetzt, „in diesen schwierigen Zeiten für Kultur und Demokratie“, wie Mädler sagt, brauche die Stadtgesellschaft das Theater.
Ihre dritte Spielzeit will die Intendantin im April vorstellen - und anders als befürchtet werden die weiter anstehenden Sanierungsarbeiten am Theater die Saison 2024/25 erst gegen Ende einschränken: „Dann werden wir mit der letzten Premiere in eine Außenspielstätte ausweichen.“ Angesichts der Resonanz des Publikums sieht Mädler ihr Haus auf einem guten Weg: In der ersten Spielzeit 2022/23 lag die Gesamtauslastung bei 62 Prozent oder 42.000 Gästen. Die aktuelle Spielzeit dürfte 44.000 Besucher erreichen - darunter auch neue „Communities“ wie Mädler sagt: dank „Serenade für Nadja“ von Zülfü Livaneli, der „Brücke von Mostar“ von Igor Memic - und nicht zuletzt dank der Urban Arts-Truppe.
Theatertag und Ticketpreise als Thema im Kulturausschuss
Das Haus am Will-Quadflieg-Platz bietet am Sonntag, 18. Februar, wieder einen „Theatertag“. Dann ist um 16 Uhr Arne Lygres „Zeit für Freude“ für nur 10 Euro auf allen Plätzen zu erleben. Und bei freiem Eintritt gibt‘s um 11 Uhr in der Theaterbar eine Matinee als Vorgeschmack auf die kommende Premiere „The Legend of Georgia McBride“, die Heldengeschichte eines Elvis-Doubles, der zur Travestiekunst wechselt.
Die künftig höheren Eintrittspreise im Theater sind im Kulturausschuss der letzte Punkt der öffentlichen Tagesordnung: Die Politiker beraten am Donnerstag, 22. Februar, um 15 Uhr im Ratssaal des Rathauses, Schwartzstraße 72.