Oberhausen. Der Anfang war schwer: Wo bekommt man mit schwarzen Fingernägeln Kredite? Otto Stürtzer wusste Rat - und startet mit seinem Autobetrieb durch.
Während alle Welt unter den Krisen und Nöten ächzt und stöhnt, tut es gut, einem 90 Jahre alten (und nicht so alt aussehenden) Mann zuzuhören, der im Laufe des langen Gesprächs mehrfach erklärt: „Ich fühle mich gut, ich bin sehr zufrieden, sogar glücklich.“
Otto Stürtzer ist der Mann, der am Samstag, 27. Januar, 90 Jahre alt wird, ziemlich groß feiert („die runden Geburtstage fallen immer etwas pompöser aus“) und im Gespräch mit dieser Redaktion zurückblickt. Der Handwerksmeister ist auch ein Stück gelebter Wirtschaftsgeschichte.
„Stürtzer & Ortmann“ ist seit Jahrzehnten in Oberhausen ein Begriff für alle, die etwas mit Blechschäden oder Lackproblemen am Auto, am Lieferwagen, am Motorrad zu tun hatten und haben. Seit 1973 kümmern sich die Karosserie- und Lack-Experten an der weithin unbekannten Straße namens „Dümpterkamp“ hart an der Stadtgrenze zu Mülheim darum, dass Angekratztes wieder glänzt und Zerbeultes wieder Form hat. Und manchmal wurde auch Historisches restauriert.
Otto Stürtzer hatte sich mit seinem Partner Willi Ortmann schon 1962 selbstständig gemacht – „im Loch“ an der Mülheimer Straße, wie man das leicht abschüssige Gelände hinter der damaligen Hauptfeuerwache und zwischen der damaligen Firma „Zinkweiß“ und der Energieversorgung Oberhausen (EVO) landläufig nannte. Längst steht da die Bebauung gegenüber der Luise-Albertz-Halle.
Schwieriger Anfang: Wie bekommt man als Gründer hohe Kredite?
Zwar verdiente man in der Branche ganz gut, was auch mit der in Wirtschaftswunderzeiten heftig zunehmenden Motorisierung zu tun hatte, aber Betriebe, die sich um Karosseriebau und Lackierung kümmern, brauchen teure Werkzeuge und Maschinen. Die Banken waren sehr vorsichtig, bei der National-Bank aber herrschte der Grundsatz: „Handwerker, die mit schwarzen Fingernägeln kommen und Kredit brauchen, kriegen ihn“, erinnert Stürtzer sich schmunzelnd. Und er lohnte das Vertrauen: „Nach sechs statt zehn Jahren hatte sie ihr Geld zurück.“
Ohne städtische Wirtschaftsförderung ging auch die Verlagerung zum Dümpterkamp vonstatten: Mit vorwiegend eigenen Mitteln und einer großen Portion Kontaktfreude und Netzwerken sicherte sich Stürtzer Kunden: „Wir haben für einen japanischen Autoproduzenten Serienlackierungen gemacht, die Postfahrzeuge erneuert und für Babcock vom Lkw bis zum Direktionsfahrzeug vieles bei uns gehabt.“
Sohn Jens, der seit knapp zwei Jahrzehnten mit Schwester Nicole die GmbH leitet, hat weniger Firmenkunden, setzt mit seinen zehn Mitarbeitern dafür auf Versicherungen und Schadensfälle: „Man muss die Entwicklungen im Wirtschaftslauf beachten“, weiß der Filius, der von seinem Vater die Leidenschaft für Autos geerbt hat, aber nicht die für Oldtimer: „Wir sind zwar zertifiziert für die Restaurierung historischer Fahrzeuge, aber ich selbst baue nicht an diesen Autos. Das dauert so lange und blockiert Arbeitsbühnen, was wir uns nicht leisten können, weil der Platz einfach begrenzt ist.“
Begeisterter Oldie-Restaurator
- Abonnieren Sie unseren Oberhausen-Newsletter kostenlos: Hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung.
- Lokale Nachrichten direkt auf dem Smartphone: Laden Sie sich unsere News-App herunter (Android-Version, Apple-Version).
- Hier finden Sie alle unsere Nachrichten und Artikel aus Oberhausen.
- Diskutieren Sie mit über die Themen, die Oberhausen bewegen – auf unserer Facebook-Seite.
- Für Familien: Verpassen Sie keine Freizeittipps mehr! Hier geht es zu unserem kostenlosen Familien-Newsletter.
Otto Stürtzer war begeisterter Oldie-Restaurator, wovon sein eigener exquisiter Fuhrpark zeugt: Ein BMW-Dixi von 1930 steht da, eine Mercedes-“Pagode“ und ein Cabrio aus Stuttgart – alle selbst und in ungezählten Stunden restauriert. Ab und zu führt und fährt er sie aus zu Oldtimer-Schauen oder Rallye-Touren, auf denen er gern gesehen ist.
„Gern gesehen war und bin ich eigentlich immer“, freut er sich darüber, dass er immer neben der Arbeit auch Kurzweil und Vergnügen fand: „Vier Karnevalsvereine, dazu Sport von Tennis bis Golf und Skifahren, Spaß am Leben und an Geselligkeit“, beschreibt er und bedauert, Rackets, Schläger und Bretter vorwiegend neben der Kellerbar stehend sehen zu müssen.