Oberhausen. Die Firmen suchen Personal. Viele Flüchtlinge möchten gern einen Job. Doch mit einer Stelle klappt es nicht. Was läuft da schief?
Den Firmen fehlen ohne Ende Arbeitskräfte. Zugleich möchte eine große Zahl an geflüchteten Menschen gerne einen Job haben, aber da liegen manchmal Steine im Weg. In Oberhausen und im Kreis Wesel ist ein Projekt gestartet, das Betriebe und Neuankömmlinge zusammenbringen und die Hindernisse aus dem Weg räumen will. Bei einem Forum kamen schon erste Erfahrungen zur Sprache.
„Refugees into Work“, also „Flüchtlinge in Arbeit“ heißt die Initiative, die die Awo Niederrhein und das Zentrum für Ausbildung und Qualifizierung im Schulterschluss auf den Weg gebracht haben. Die Fördergelder stammen aus dem Sozialfonds der Europäischen Union (ESF). Zu Jahresbeginn haben die beiden Träger zwar schon losgelegt, doch erst jetzt erfolgte der offizielle Auftakt. Die Berater, die im engen Kontakt mit Firmen und Flüchtlingen stehen, rückten zwei Beispiele in den Mittelpunkt, um die Probleme, mit denen beide Seiten kämpfen, zu veranschaulichen.
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Anerkennung des Berufsabschlusses zieht sich hin
Da ist beispielsweise eine Ukrainerin (46), mit ihren beiden Kindern im April 2023 vor dem Krieg geflohen. In Deutschland würde sie gern wieder in ihrem erlernten Beruf als Krankenschwester arbeiten. Angesichts des Mangels an Pflegekräften müsste sie eigentlich von heute auf morgen eine Stelle finden. Doch ganz so einfach ist das nicht, wie Mitarbeiter des Ausbildungszentrums erklärten.
Anna K. (Namen von der Redaktion geändert) hat zwar einen Deutschkurs absolviert, doch das Niveau reicht für einen Pflegeberuf noch nicht aus. Zudem muss ihr Berufsabschluss aus der Ukraine hier erst einmal anerkannt werden. Das kann Monate dauern, unter Umständen auch ein ganzes Jahr. Dafür sind die Bezirksregierungen zuständig, die eine Vielzahl an Papieren und rechtlichen Vorgaben prüfen müssen. Aktueller Stand: Die Ukrainerin hat erst einmal mit einem Praktikum in einem Seniorenheim begonnen und will ihre Sprachkenntnisse verbessern. Aber der Kurs dauert noch einige Zeit und, wann grünes Licht von der Behörde kommt, steht noch in den Sternen. Bis sie als Pflegekraft in Lohn und Brot sein wird, fließt noch viel Wasser durch die Ruhr.
Projekt dauert noch bis Herbst 2026
Von den Geldern des Europäischen Sozialfonds finanzieren das Zentrum für Ausbildung und Qualifizierung und die Arbeiterwohlfahrt mehrere Stellen. Die Beschäftigten haben die Aufgabe, sich um die Flüchtlinge und die Firmen zu kümmern.
Der Europäische Sozialfonds hat das Projekt auf 45 Monate angelegt. Es dauert noch bis Ende September 2026.
Aufenthaltsstatus noch nicht eindeutig geklärt
Anders gelagert ist der Fall eines jungen Mannes aus Ghana, wobei ihn eines mit der Ukrainerin eint: „Schon gleich nach seiner Ankunft hat er sich hoch motiviert gezeigt“, erzählen die Berater von ZAQ. Er war vom ersten Tag an wissbegierig und ganz heiß darauf, in einer Firma sein eigenes Geld zu verdienen. Allein hätte er sich hierzulande kaum zurechtgefunden. Zunächst fehlten Sprachkenntnisse, ferner kannte er sich auch nicht mit dem heimischen Arbeitsmarkt aus. Doch da sprangen die Fachleute des Ausbildungszentrums in die Bresche. Weil der Afrikaner vorher schon in der Elektrobranche tätig war, die in heimischen Breiten gegen einen massiven Fachkräftemangel ankämpft, fand sich schnell ein örtlicher Fachbetrieb, der dem 26-Jährigen zunächst ein Praktikum anbot und ihn nun auch ausbilden möchte. Derzeit laufen Verhandlungen mit der Ausländerbehörde, ob er dafür eine Aufenthaltsduldung erhält.
Gerade diese Unwägbarkeiten sind es wiederum, die Firmen davon abhalten, Geflüchtete einzustellen, erklärt ZAQ-Geschäftsführer Uwe Baier. Weiß der Flüchtling nicht, ob und wie lange er sich noch in Deutschland aufhalten darf, „dann ist das manchen Betrieben viel zu unsicher“. Betriebe wünschen oder brauchen eine klare Perspektive.
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In solchen Fälle will sich nun das ZAQ im Schulterschluss mit der Arbeiterwohlfahrt einklinken. Studien belegen, so Baier, dass Unternehmen durchaus bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen, schließlich ist die Personalnot in manchen Betrieben riesig. Aber sie scheuen wegen bürokratischer Hürden davor zurück. Das bestätigt Barbara Yeboah, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft. Die Betriebe sehen nach ihren Worten durchaus das Potenzial, fürchten aber auch komplizierte Verfahren und rechtliche Hemmnisse.
Es mangelt an passgenauen Sprachkursen
Oftmals sind es dann auch die mangelnden Sprachkenntnisse eines geflüchteten Menschen, die einer Beschäftigung im Wege stehen. Dabei herrscht an Sprachkursen eigentlich kein Mangel, hebt Uwe Weinand, Chef des Jobcenters, hervor. Aber die Angebote seien häufig nicht passgenau, wie die Beispiele vieler Ukrainerinnen zeigt. Ein großer Teil von ihnen ist auf sich allein gestellt. Die Männer kämpfen in der Heimat an der Front, Eltern oder Großeltern haben ihr Land nicht verlassen. Wollen die Frauen nun hier einen Job haben, brauchen sie zwingend einen Sprachkurs, der auch Kinderbetreuung einschließt. Doch an solchen Angeboten herrsche Mangel, so Weinand.
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Darüber hinaus spielt der Zeitpunkt der Kurse eine maßgebliche Rolle. Der überwiegende Teil findet tagsüber statt. Es hat sich aber gezeigt, dass es für den Spracherwerb auch durchaus von Vorteil sein kann, wenn die Geflüchteten schon einer Arbeit nachgehen und im Zusammensein mit ihrem Arbeitskollegen ihre Sprachkenntnisse erweitern. Dann müssten die Kurse allerdings abends stattfinden, doch da sieht das Angebot eher mau aus.
Berater bieten Gespräche in Flüchtlingsheimen an
Die Berater vom ZAQ wollen nun in den nächsten Wochen und Monaten verstärkt in Flüchtlingsunterkünften oder auch im Kommunalen Integrationszentrum das Gespräch mit den Neuankömmlingen zu suchen. Da das Zentrum als Bildungsträger in beruflicher Aus- und Weiterbildung über eine Datenbank von rund 2400 heimischen Firmen verfügt, „können wir auf vielfältige Kontakte zu Unternehmen zurückgreifen“, sagt Uwe Beier.
Den Firmen gegenüber lasse sich vor allem der Markenkern des Projekts herausstellen: Sie erhalten wie auch der Flüchtling eine persönliche und individuelle Begleitung. Sollte es, was im Arbeitstag nicht ungewöhnlich ist, mal zu Problemen kommen, „stehen Ansprechpartner bereit“.
Während alle Beteiligten mit großem Elan das Projekt voranbringen wollen, äußerten viele von ihnen doch an einer Stelle Kritik: Der ESF hat die Gelder ab dem Jahr 2023 bewilligt. „Eigentlich hätten solche Initiativen schon vor acht Jahren beginnen sollen, als die erste große Flüchtlingswelle ankam“, hieß es.