Oberhausen. Neuer Konsumtempel: Am Centro Oberhausen darf ein neuer, knapp 22 Meter hoher Neubau entstehen. Was genau entsteht und warum es Kritik gibt.

  • Am Centro Oberhausen darf ein Neubau errichtet werden, die Politik gibt grünes Licht
  • Geplant ist ein knapp 22 Meter hohes Gebäude in L-Form auf dem alten Stahlwerksgelände
  • Die Verkaufsfläche beträgt 35.000 Quadratmeter, zudem entstehen 500 Parkplätze

In allerletzter Minute versucht Heike Hansen, Ratsfrau der Linken, doch noch mit einer kurzen, aber umso leidenschaftlicheren Rede, den Bau des neuen Möbelhauses von XXXLutz Rück zu verhindern und die anderen Ratsleute zu überzeugen, mit „Nein“ gegen den Bebauungsplan Nr. 28 zu stimmen: „Die Bebauung des früheren Stahlwerksgeländes am Brammenring mit billigen Schuhkästen sollte doch mit dem neuen Masterplan Neue Mitte 4.0 der Vergangenheit angehören. Jetzt wollen wir es zulassen, dass dort ein über 21 Meter hoher Klotz mit 500 Parkplätzen entsteht? Das ist nicht nur viel zu groß, sondern wir lehnen diese Art der Planung entschieden ab.“

XXXLutz Rück am Centro Oberhausen

Doch die anderen Ratsmitglieder folgten der Argumentation nicht: Zu verlockend ist es, nun endgültig den Weg freizumachen, dass der österreichische Groß-Möbelanbieter XXXLutz vom alten Standort im eng bebauten Wohnviertel Schlad ins Gewerbe-/Handelsgebiet in die Neue Mitte zieht - ganz in die Nähe des Centros. Und so befürwortete die breite Mehrheit des Rates in ihrer letzten Sitzung des Jahres 2023 den Satzungsbeschluss des vorhabenbezogenen Bebauungsplans - nur die Linken stimmten dagegen. Damit sind alle politischen Hürden dieser Stadtplanungsidee weggeräumt.

Die Linken im Rat der Stadt Oberhausen lehnen diese Art von Bebauung des früheren Stahlwerksgeländes ab. Auf der letzten Sitzung des Rates in diesem Jahr stimmten sie gegen den neuen Bebauungsplan - rechts vorne Linken-Fraktionschef Yusuf Karacelik und links Linken-Ratsfrau Heike Hansen.
Die Linken im Rat der Stadt Oberhausen lehnen diese Art von Bebauung des früheren Stahlwerksgeländes ab. Auf der letzten Sitzung des Rates in diesem Jahr stimmten sie gegen den neuen Bebauungsplan - rechts vorne Linken-Fraktionschef Yusuf Karacelik und links Linken-Ratsfrau Heike Hansen. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

So ist nun der Doppelschlag möglich: Die Stadt Oberhausen kauft das 29.000 Quadratmeter große Rück-Grundstück im Schladviertel an der Straßburger Straße für einen mittleren einstelligen Millionenbetrag von XXXLutz. Dort sollen nach Abriss und Sanierung des Geländes Mehrfamilienhäuser mit Mietwohnungen entstehen - aber auch eine Schule oder eine Kita. Noch sind das aber alles Pläne, Konkretes existiert bisher nicht.

Kann das Schladviertel in wenigen Jahren verlassen: Der bundesweit agierende Möbelverkäufer XXXLutz wollte das Rückhaus schon seit vielen Jahren zur Neuen Mitte verlagern. Jetzt sind die politischen Hürden dafür aus dem WEg geräumt.
Kann das Schladviertel in wenigen Jahren verlassen: Der bundesweit agierende Möbelverkäufer XXXLutz wollte das Rückhaus schon seit vielen Jahren zur Neuen Mitte verlagern. Jetzt sind die politischen Hürden dafür aus dem WEg geräumt. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Das neue Möbelhaus, das als Nachbar des Einkaufszentrums Centro frische Anziehungskraft für Kunden aus der gesamten Region entwickeln soll, wird tatsächlich eine stattliche Größe bekommen: XXXLutz darf hier ein knapp 22 Meter hohes Gebäude in L-Form bauen - mit einem Erdgeschoss und drei Obergeschossen. Diese vier Stockwerke entsprechen etwa einem normalen Mehrfamilienhaus mit acht Stockwerken. Es ist parallel zu dem nördlich gelegenen Hornbach-Baumarkt ausgerichtet - die offene Seite des L-Gebäudes ergänzt zum Norden hin den offenen Bereich von Hornbach. Das Möbelgeschäft wird Nachbar des Freizeitanbieters Topgolf und des Poco-Einrichtungshauses.

Das Möbelhaus darf seine Produkte auf einer Fläche von 35.000 Quadratmetern platzieren - das sind immerhin fünf Fußballfelder; allerdings auf höchstens 3200 Quadratmetern davon dürfen Waren präsentiert werden, die auch in Innenstädten der Großstädte verkauft werden. Diese Begrenzung ist vor allem den Nachbarstädten, aber auch den Geschäftsinhabern innerhalb Oberhausens wichtig, damit nicht noch mehr Kaufkraft aus den traditionellen Laden-Standorten abgezogen wird. Da XXXLutz Rück nur im Stadtgebiet umzieht, sehen die Oberhausener Rathaus-Planer hier keine Probleme, denn: „Eine Vergrößerung der Verkaufsfläche für zentren-relevante Sortimente gegenüber dem derzeitigen Bestand erfolgt nicht.“ Die derzeitige Verkaufsfläche von Rück umfasst aktuell im Schladviertel ebenfalls 35.000 Quadratmeter. Mit dem neuen Bebauungsplan und dem Umzug in einen größeren Neubau sieht Lutz zudem die Chance, in Oberhausen 140 Arbeitsplätze zu sichern.

Nimmt eine Fläche von 29.000 Quadratmetern im dichten Wohngebiet Schladviertel in Oberhausen ein: das Möbelhaus XXXLutz Rück an der Straßburger Straße 52 bis 60.
Nimmt eine Fläche von 29.000 Quadratmetern im dichten Wohngebiet Schladviertel in Oberhausen ein: das Möbelhaus XXXLutz Rück an der Straßburger Straße 52 bis 60. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

500 Parkplätze für die Kunden des Möbelhauses XXXLutz Rück

Insgesamt entstehen am neuen Möbelhaus 500 Parkplätze für Autos, die mit den Kundenparkplätzen des Poco-Einrichtungshauses eine Einheit bilden sollen. Auch an 50 Fahrradstellplätze haben die Planer gedacht, darunter zehn Parkplätze für Lastenfahrräder. Nur 20 Autoparkplätze sollen allerdings mit Solaranlagen überdacht werden, die Strom erzeugen. Zwischen jeweils sechs Parkplätzen wird eine Baumart gepflanzt, die große Kronen entwickeln soll; ein Teil des Möbelhausdaches in der Größe von 4000 Quadratmetern soll zudem begrünt werden. Im Bebauungsplan heißt es, von den Fachplanern etwas lyrisch-optimistisch formuliert: „Das geplante Möbel- und Einrichtungszentrum soll mit dem bestehenden Möbelmarkt Poco und dem Baumarkt Hornbach ein städtebauliches Ensemble bilden, das auch in Bezug auf die Themen ,Einrichtung, Wohnwelten und Heimwerken‘ gegenseitige Synergien bewirken wird.“

Wie es vorgeschrieben ist, hat die Stadt Oberhausen für diese Änderung des Bebauungsplanes in der Neuen Mitte viele Stellungnahmen eingeholt. So beklagt beispielsweise die Handwerkskammer Düsseldorf, dass ein ehemaliges Industrie-, Gewerbe- und Handwerks-Gelände mit Tausenden hoch bezahlten Arbeitsplätzen zu einem reinen Handelsstandort geworden ist - obwohl Oberhausen viel zu wenige Gewerbegrundstücke im Angebot hat. Die Nachbarstädte Essen, Duisburg und Bottrop wiederum befürchten eine neue Konkurrenz für ihre Citys durch XXXLutz Rück - und schlugen deshalb vergeblich vor, das zentren-relevante Sortiment auf 2500 Quadratmeter Verkaufsfläche statt 3200 Quadratmeter zu beschränken.

Die Pläne, das vor fast 50 Jahren im Schladviertel gebaute Möbelhaus von Rück zu verlagern, existieren schon sehr lange. Nach dem Kauf von Rück durch XXXLutz Anfang 2014 hat dieses Vorhaben an Fahrt gewonnen, da es hier zu wenige Parkplätze gibt und der Anreise- wie Abreiseverkehr zum Möbelhaus die Anwohner im dichtbesiedelten Schladviertel zunehmend nerven.

Dieser Artikel erschien erstmals am 12. Dezember 2023 im Portal der WAZ-Lokalredaktion Oberhausen, www.waz.de/oberhausen.