Oberhausen. Grundsteuer und kein Ende: Tausende Oberhausener Hauseigentümer haben Einspruch gegen ihren Bescheid eingelegt, andere ignorieren alles.
Die Reform der Grundsteuer belastet sowohl Hausbesitzer als auch Finanzbehörden und ruft zudem viel Kritik hervor. Fast 16.000 Oberhausener haben schon Einspruch gegen die Bescheide eingelegt, die in ihren Postkästen lagen, andere haben sich noch immer nicht gekümmert und gar keine Erklärung abgegeben. Wie soll es nun also weitergehen?.
Eigentlich bestand für Besitzer von Liegenschaften die Pflicht, bis Ende Januar 2023 die Grundsteuererklärung abzugeben. Doch selbst neun Monate später liegen den beiden örtlichen Finanzämtern noch längst nicht alle Unterlagen zu Grundstücken und Gebäuden aus dem Stadtgebiet vor.
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Grundlegende Bedenken gegen die neuen Berechnungen
Die Behörde Oberhausen-Nord (Stand Ende Oktober) hat eine Quote von 94 Prozent erreicht, was 33.300 Erklärungen gleichkommt, Oberhausen-Süd hat bislang 92 Prozent erzielt. Dort liegen inzwischen 22.000 Erklärungen vor. Heißt aber umgekehrt auch: Es fehlen stadtweit noch weit über 3000 Papiere. Von den eingereichten Unterlagen hat das Finanzamt im Norden inzwischen rund 98 Prozent bearbeitet und das im Süden 95 Prozent. Den Eigentümern wurden also ihre Bescheide bereits zugeschickt.
Nach Durchsicht der Papiere haben sich schließlich rund 16.000 Oberhausener entschieden, Einspruch einzulegen. Etwa 40 Prozent Bürger gab als Grund konkrete Werte an, die aus ihrer Sicht nicht stimmen können. In knapp 190 Fällen hat das Finanzamt solche Korrekturen bereits vorgenommen.
Knapp 60 Prozent entschlossen sich zu dem Schritt, weil sie grundlegende Bedenken gegen die Berechnung des Bescheids geltend machen. Fachleute bemängeln nämlich die Bodenrichtwerte, mit denen die Finanzbehörden kalkulieren. Ferner kritisieren Experten, dass bei Mehrfamilienhäusern die zu erzielenden Mieteinnahmen als zu hoch festgelegt werden oder sie den örtlichen Gegebenheiten nicht entsprechen.
Ratschlag des Hauseigentümer-Verbandes Haus & Grund
Wer wegen letztgenannter Gründe Einspruch eingelegt hat, dürfte bislang noch keine Antwort vom Finanzamt erhalten haben. Vornehmlich bearbeite man derzeit noch die Erklärungen zur Grundsteuer. Entscheidungen über die Einsprüche würden derzeit ohnehin nicht gefällt, erklärte ein Sprecher der Oberfinanzdirektion in Münster.
Auch wenn derzeit nichts passiert, erwachsen den betroffenen Hausbesitzern daraus keine Nachteile, sagt Andreas Noje, Geschäftsführer des Verbandes Haus & Grund in Essen. Momentan bleibe nichts anderes übrig, als abzuwarten. Er rät davon ab, Druck aufzubauen, indem man eine Untätigkeitsklage einreicht. Wenn das Finanzamt sechs Monate lang nicht reagiere, könne der Bürger zu diesem Mittel greifen, dies sei aber mit viel Aufwand, Kosten und Mühen verbunden.
Noje empfiehlt vielmehr folgend Vorgehensweise: Der Bundesverband Haus & Grund hat inzwischen zwei Klagen bei Finanzgerichten eingereicht, einmal in Berlin, das andere Mal in Rheinland-Pfalz. Diese seien als Musterklagen gedacht. Wenn eines Tages dann doch eine wohl ablehnende Antwort des Finanzamtes vorliege, solle der Bürger zwar ebenfalls Klage einreichen, zugleich aber beantragen, das Verfahren ruhend zu stellen, bis in dem Musterprozess die Würfel gefallen sind.
Hotline des Finanzamtes weiterhin erreichbar
Die Finanzbehörden wollen in den kommenden Wochen und Monaten die Bearbeitung der Grundstücksfälle weiter vorantreiben.
In einem nächsten Schritt werden die unbebauten Grundstücke und im Anschluss die verbleibenden Fälle geschätzt.
Die Grundsteuer-Hotline der Oberhausener Finanzämter bleibt auch im nächsten Jahr geschaltet. Sie ist unter 0208/8504-1959 von montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr erreichbar.
Im Finanzamt Oberhausen-Nord wurden bis Ende August 5868 Einsprüche gegen Grundsteuerwertfeststellungsbescheide und 3301 Einsprüche gegen Grundsteuermessbetragsbescheide eingetragen. Im Finanzamt Oberhausen-Süd waren es 3420 Einsprüche gegen Grundsteuerwertfeststellungsbescheide und 3379 Einsprüche gegen Grundsteuermessbetragsbescheide.
Landesweit sind es 726.000 Einsprüche (12,6 Prozent) gegen den Grundsteuerwertfeststellungsbescheid und 348.000 Einsprüche (6,2 Prozent) gegen den Grundsteuermessbetragsbescheid.
Aktuell stellen sich viele Eigentümer die Frage, ob sie noch Einspruch einlegen sollen, beobachtet Noje. Das dürfte aber für zahlreiche Oberhausener zu spät sein. Denn ein solcher Protest muss innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Grundsteuerbescheids erfolgen, den ein großer Teil aber schon vor Monaten bekommen hat.
Neben Eigentümern, die sich gegen die Bescheide zu Wehr setzen, gibt es aber auch etliche säumige Hausbesitzer. Die Oberhausener Finanzämter haben bislang bereits in fünf Prozent der Fälle den Grundsteuerbescheid geschätzt. Nach Ansicht von Fachleuten geht ein solches Vorgehen in der Regel zum Nachteil der Eigentümer aus. Das dürfte wiederum Einsprüche nach sich ziehen. Sowohl Haus & Grund als auch das Finanzamt betonen, dass eine Schätzung keineswegs von der Pflicht entbindet, eine Erklärung abzugeben.
Die neue Grundsteuer wird nach den geltenden Gesetzen ab dem Jahr 2025 berechnet. Welche Folgen es aber hat, wenn bis dahin die obersten Gerichte noch keine Entscheidungen zu den Klagen und verfassungsrechtlichen Fragen getroffen haben, gilt als offen.
Die Städte und Gemeinden sind aufgefordert, im nächsten Jahr die neuen Hebesätze für Grundsteuer festzulegen. Die Bundesländer haben angekündigt, dass sie für Transparenz sorgen wollen. Die Bürger sollen Einblick in die Berechnung der Abgabe bekommen.
Oberhausens Kämmerer Apostolos Tsalastras wiederum hat betont, dass die Stadt mit der Neuaufstellung der Grundsteuer keine zusätzlichen Einnahmen erzielen will. Das Finanzaufkommen soll in der Summe gleich bleiben. Nach Ansicht von Fachleuten wird es unter den Eigentümern Gewinner und Verlierer geben, also Besitzer, die mehr als bislang bezahlen und solche, die weniger entrichten müssen.
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