Oberhausen. Oberhausen erhält nur neun Millionen Euro vom Bund für den Ausbau des Offenen Ganztages. Das sorgt für Kritik. Was mit dem Geld passieren soll.

  • Ab 2026 greift stückweise der Rechtsanspruch auf den Offenen Ganztag
  • Oberhausen erhält für den Ausbau rund neun Millionen Euro
  • Verband macht sich Sorgen um die Qualität im Offenen Ganztag

Früher war es üblich, das Kind am Mittag aus der Grundschule abzuholen. Das hatte Folgen: Eltern mussten entweder sehr flexibel sein, die Großeltern einspannen oder ein Familienmodell wählen, in dem ein Elternteil gar nicht oder wenig arbeitet. Das hat sich inzwischen geändert: Die große Mehrheit setzt auf die Betreuung am Nachmittag. Allerdings können das nicht alle: Oberhausen kann derzeit eine Betreuungsquote von über 70 Prozent erfüllen. Das ist nicht genug, wenn ab 2026 der Rechtsanspruch greift.

Ab 2026 sollen alle Erstklässler einen Anspruch auf einen OGS-Platz haben, ab 2029 dann alle Grundschulkinder. Dafür muss der Offene Ganztag ausgebaut werden. Der Bund stellt dafür Mittel bereit: Oberhausen erhält neun Millionen Euro, wie Schuldezernent Jürgen Schmidt in der jüngsten Sitzung des Schulausschusses mitteilte.

Offener Ganztag: Geld des Bundes reicht für drei Schulstandorte

Bei der Bewertung hielt Schmidt sich zurück und drückte sich ganz diplomatisch aus: „Damit können wir an drei Standorten den Offenen Ganztag ausbauen.“ Oberhausen hat derzeit 29 Grundschulen und jede Menge Bedarf. Im nächsten Schulausschuss am 30. November stellt die Stadt konkretere Pläne vor: Mit dem Geld sollen die Mensen an der Hirschkampschule (Standort Ravenstraße), an der Wunderschule (Standort Wunderstraße) und an der Robert-Koch-Schule ausgebaut werden. „Die Mensen haben höchste Priorität beim Ausbau des Offenen Ganztages, da immer mehr Schulen durch Schulkonferenzbeschlüsse eine verpflichtende Mittagsverpflegung für die Kinder im Offenen Ganztag anbieten.“ Mit dem restlichen Geld könnte die Brüder-Grimm-Schule erweitert werden und die Planung für die Erich-Kästner-Schule vorangetrieben werden.

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Deutlicher als Jürgen Schmidt wurde in der vergangenen Sitzung der schulpolitische Sprecher der Links-Partei: „Das ist skandalös wenig Geld“, sagte Marc Mulia. Er sieht einen enormen Bedarf angesichts steigender Schülerzahlen und eines klammen Haushalts. Denise Horn von der SPD sieht die finanzielle Ausstattung ebenfalls skeptisch. Oberhausen könne sich zwar glücklich schätzen über eine hohe Betreuungsquote, habe aber auch nicht die Mittel „wie Düsseldorf oder Monheim“.

OGS-Träger demonstrierten in Düsseldorf

Seit Jahren baut Oberhausen den Offenen Ganztag aus und kann sich damit rühmen, frühzeitig auf die Entwicklung reagiert zu haben. Allerdings ist der Platz auch so begrenzt wie kaum in anderen Städten in NRW. Oberhausen hat mit einer durchschnittlichen Klassenstärke von 26 Kindern so volle Klassen wie sonst nur Wuppertal. In einem Ranking des WDR belegt Oberhausen den zweiten Platz.

Die rasant steigenden Schülerinnenzahlen sorgen dafür, dass auch besonders viele Kinder ab 2026 einen Rechtsanspruch auf den Offenen Ganztag haben. Die Träger in NRW sehen sich schon jetzt überfordert mit der Situation und demonstrierten jüngst in Düsseldorf für mehr Geld. Der Oberhausener SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Zimkeit fordert deshalb die schwarz-grüne Landesregierung auf, Steuereinnahmen in die Kitas und den Offenen Ganztag zu stecken. „Das Geld wird bei den Wohlfahrtsverbänden, die nicht mehr wissen, wie sie die Kitas und Ganztagsangebote finanzieren sollen, dringend benötigt.“

Verband in Sorge: Personaldecke ist ohnehin dünn

Wibke Poth ist Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung in Oberhausen.
Wibke Poth ist Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung in Oberhausen. © Caro Simon

Mit Sorge betrachtet auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) die Entwicklung. „Die Leidtragenden sind die Kinder, die für die politische Entwicklung nun wirklich nichts können“, sagt die Oberhausener Vorsitzende Wibke Poth dieser Redaktion. Der Offene Ganztag stehe vor riesigen Herausforderungen. Es fehle an Personal und Räumlichkeiten. „Die Personaldecke ist in den Grundschulen ohnehin sehr dünn.“

Landesprogramme wie die Alltagshelfer, die sich um die Betreuung der Kinder kümmern, seien zwar hilfreich. Es müsse mit Blick auf die Zukunft allerdings mehr unternommen werden, um die Qualität zu sichern, so Poth. Der Rechtsanspruch an sich könne vielleicht erfüllt werden. „Aber die Frage ist, welche Qualität die Betreuung dann hat“. Der Verband fordert deshalb von der Landesregierung einheitliche Standards.