Oberhausen. Beim „Urban Arts Day“ hat sich das Theater Oberhausen von seiner tänzerischen Seite gezeigt. Wie das Schauspielhaus neue Zielgruppen erreicht.
Die Ansage ist unmissverständlich. „Ich möchte, dass ihr ausrastet“, sagt Kwame Osei. Der künstlerische Leiter der neuen Urban-Arts-Sparte am Theater Oberhausen bringt die Besucherinnen und Besucher im Großen Haus dazu, dass sie aufschnellen. Ihre Arme weit in die Luft strecken. Schriller Jubel unterbricht die vorher noch bedächtige Stille. „Es ist wichtig, dass wir eure Energie spüren.“
Urban Arts steht für städtische Kunst ganz unterschiedlicher Gattungen. Das Theater konzentriert sich auf ausdrucksstarken Tanz und spendiert dem jungen Genre, gefördert durch den Topf „Neue Wege“ des Landes Nordrhein-Westfalens, am Schauspielhaus eine eigene Sparte. Mit festen Tänzern und Übungsleitern. Mindestens für drei Jahre.
Im Großen Haus zeigen sie am Sonntag, welche Stärken in den Körperbewegungen stecken. Das Genre verheiratet Hip-Hop, Street-Jazz, Pop, aber auch Afro-Beats und Latin-Rhythmen miteinander. Beim Dance-Battle messen sie sich zur pulsierenden Musik und bringen den Bühnenbelag zum Glühen, während die Gruppe an Mitstreitern ihre Hände kommentierend zu teils spektakulären Bewegungen kreisen lässt. Man spürt, hier geht es nicht um peinlich genau einstudierte Abfolgen, sondern um ein Lebensgefühl.
Theater Oberhausen: Jonglage zwischen Hip-Hop und Street-Jazz
„Wir haben ein Geschenk bekommen“, sagt Intendantin Kathrin Mädler, als sie selbst auf die Bühne tritt. Die Tanzjonglage überlässt sie dann aber doch den Profis und Ausprobierern. Oberhausen ist Vorreiter. Betreut als erstes Stadttheater in Deutschland eine feste Urban-Arts-Sparte.
Erfahrene Künstlerinnen und Künstler aus der Urban-Arts-Szene tragen das Projekt und sind auch am Sonntag anwesend. Die Kooperation bringt Gruppen wie „Ensample“ und das „Urban Arts Ensemble Ruhr“ an einen kreativ beweglichen Tisch. Das „New Wave Ensemble“ gehört nun fest zum Schauspielhaus.
Die Neugierde kann man in den Gängen des Theaters erkennen. Reiferes Abopublikum schaut genauso interessiert zu wie einige Familien. Jugendliche in lockerer Tanzkleidung mustern im Großen Haus vom Parkett aus mit ihren Blicken die Bühne.
Während Dance-Battle für lockeren Wettbewerb sorgen, immer wieder angeheizt von basslastigen Beats, die ein Diskjockey in den Saal pustet, soll das Urban-Arts-Projekt auch untrainierte Körper geistig und physisch in Bewegung bringen. In der oberen Theateretage laufen zwei Workshops. Fortgeschrittene und Anfänger lassen sich von Trainern in neue Tanzwelten befördern.
Theater Oberhausen: Nicht nur zuschauen, sondern mitmachen
Sie stehen im Kreis, strecken die Arme aus: Selbst die Hände vermitteln wichtigen Ausdruck, was anschaulich als „Talking Fingers“ bezeichnet wird. „Große Bewegungen …“ schallt es den überwiegend jungen Teilnehmenden entgegen. Der „Arm-Swing“ will gelernt sein. Manche Eselsbrücken helfen, die Gliedmaßen korrekt zu koordinieren: „Wie würdet ihr einen Ball werfen?“
Es fällt auf: In diesem Projekt steckt wirklich reichlich Power. Es bietet wertvolle Chancen, Menschen ins Theater zu locken, die dem Schauspielhaus sonst fernbleiben. Entscheidend wird sein, aus dem Theater-Kokon auszubrechen. Die Szene zu mobilisieren. Jugendliche und Interessierte aktiv abzuholen. In Schulen, Jugendgruppen und über Social-Media im Netz.
>>>> Urban Arts in Oberhausen: „Wir wollen Hürden abbauen“
Die Urban-Arts-Sparte am Theater Oberhausen ist angelaufen. Projektleiter Christopher Deutsch: „Urban Arts ist super-vielfältig, besteht aus Tanz, Musik oder sogar Graffiti. Wir wollen in Oberhausen über die Jahre ein Zentrum für den urbanen Tanz entstehen lassen.“
Jeden Donnerstag können Interessierte kostenlos ab 18 Uhr bei einem Workshop für „Offenes Tanzen“ mitmachen. Eine Anmeldung ist vorab nicht nötig. „Ein Stadttheater steht nicht unbedingt für urbane Kultur, ist manchmal als bieder verschrien", meint Christopher Deutsch. "Wir wollen darum Hürden abbauen. Eigene Ideen sollen hier Raum finden.“ Im weiteren Projekt kommt Kama Frankl-Groß als zweite künstlerische Leiterin hinzu.