Oberhausen. Immer wieder beweist Haiou Zhang seine Verbundenheit mit Oberhausens Künstlerförderverein. Ende Oktober spielt der 39-Jährige im Ebertbad.
Mit 39 Jahren ist Haiou Zhang längst ein Weltreisender in Sachen klassischer Klavierkunst. In der gerade erst gestarteten Saison 2023 / '24 musiziert der Wahl-Hannoveraner nicht nur solistisch auf bedeutenden Podien, sondern auch mit dem Qatar Philharmonic Orchestra und dem Nationalorchester von Kolumbien. Da gleicht es schon einem kleinen Organisationswunder, dass der Vielgefragte dennoch immer wieder Zeit findet, für "seinen" Künstlerförderverein im Ebertbad aufzuspielen.
Am Sonntag, 29. Oktober, um 11 Uhr gestaltet der Virtuose die 230. Matinee in der klangschönen Badeanstalt – und entzündet mit einem großen Programm ein angemessen funkelndes Glanzlicht zum 40-jährigen Bestehen der Oberhausener Künstlerförderer. Zu verdanken ist der Star-Auftritt natürlich der Macht alter Verbundenheit: Man muss nur 130 Matineen zurückblättern, wie Bruno Zbick, der Vorsitzende des Künstlerfördervereins, der sich gerne an einen gerade 21-jährigen Studenten des Klavierfachs erinnert, der in Oberhausen eines seiner ersten Konzerte in Deutschland gab.
Als wollte Haiou Zhang dem 15 Jahre jüngeren Levi Schechtmann, der im Dezember den Dr. Eva Maria Zbick-Künstlerförderpreis erhalten wird, mit Verve vorspielen, welch hohe Standards das Publikum im Ebertbad erwarten kann, hat der umtriebige Musiker und Festivalmacher seine Programmfolge zusammengestellt: In strenger Chronologie schreitet sie durch die Epochen, um mit einem jener geliebt-gefürchteten Werke abzuschließen, wie sie große Pianisten wohl lieben.
So folgt der eröffnenden "Chromatischen Fantasie" von Johann Sebastian Bach die Klaviersonate Nr. 12 von Wolfgang Amadeus Mozart, krönt der Pianist den ersten Teil der Matinee mit Ludwig van Beethovens Klaviersonate Nr. 30 "gesangvoll, mit innigster Empfindung" – wie es der Komponist für den dritten Satz seines Spätwerks verlangt. Längst taub schuf Beethoven vor 200 Jahren eine Komposition von intimem Charakter und widmete sie Maximiliane Brentano, der Tochter seiner langjähriger Freundin Antonie Brentano.
Clara Schumann klagte: "Das ist nur noch blinder Lärm"
Der in seinem Schaffen bisweilen als "dämonisch" beschriebene Franz Liszt (1811 bis 1886) komponierte als Höhepunkt seines Oeuvres die Klaviersonate h-moll: Sie gilt als anspruchsvollste Musik der Romantik für den gerade erst technisch ausgereiften Klavierflügel. "Diese Kraft, ein Publikum sich zu unterjochen, es zu heben, tragen und fallen zu lassen", staunte Liszts Zeitgenosse Robert Schumann, "mag wohl bei keinem Künstler in so hohem Grad anzutreffen sein". Clara Schumann dagegen zeigte sich von dem donnernden Meisterwerk überfordert: "Das ist nur noch blinder Lärm – kein gesunder Gedanke mehr, alles verwirrt." Im Ebertbad liegt es nun an der Kunst Haiou Zhangs zwischen Wucht und Opulenz für sein Publikum auch die Klarheit dieser gewaltigen Komposition vorzustellen.
Apropos Klarheit: Der zielstrebige junge Pianist Levi Schechtmann hat schon als 16-Jähriger eigene Kompositionen erarbeitet und versteht sich heute, mit 24, als "Crossover Artist". Der Hamburger ist der kommende Preisträger des Künstlerförderpreises, gestiftet vom Rotary Club Oberhausen Antony-Hütte, und wird – in diesem Sinne als Nachfolger von Haiou Zhang – die 231. Matinee am 3. Dezember gestalten. Möge der gute alte Steinway-Flügel der "Missfits" diesem pianistischen Doppelschlag wacker standhalten.