Oberhausen. Radfahrer sollen in Oberhausen künftig schneller und komfortabler von A nach B gelangen. Die Stadt benötigt dafür 60 Millionen Euro.

  • Die Stadt Oberhausen hat ein neues Radverkehrs-Konzept erstellen lassen, um den Radverkehr in der Stadt zu stärken
  • Bis 2035 soll ein 220 Kilometer langes Radwege-Netz erschlossen werden, Kostenpunkt: 60 Millionen Euro
  • Als eine der ersten Maßnahmen sollen Fahrradstraße ausgewiesen werden: die Stadt überprüft zunächst die Standorte Speldorfer Straße, Freiherr-von-Stein-Straße und Mergelstraße/Kampstraße

Knapp zwei Jahre hat es gedauert, von der Beauftragung bis zum fertigen Konzept. Doch nun liegt er vor: der konkrete Plan, wie Oberhausen den Radverkehr im gesamten Stadtgebiet attraktiver machen möchte. Das Ergebnis ist für Oberhausener Verhältnisse eine kleine Revolution: Bis 2035 soll die Stadt ein 220 Kilometer langes Radnetz erhalten, mit sicheren und komfortablen Radwegen und sogar Schnellwegen in die Nachbarstädte.

Oberhausen hat ein solches Projekt bitter nötig, denn die bestehende Radwege-Infrastruktur weist „gravierende Defizite“ auf: An wichtigen Strecken fehlen Radwege komplett oder kommen als Huckel- und Schlaglochpiste daher. Auch Radabstell-Anlagen gibt es derzeit viel zu wenige. So steht es in einem entsprechenden Bericht der Fach-Verwaltung, der derzeit in den politischen Gremien diskutiert wird. Dabei liege es auch Oberhausen am Herzen, den individuellen Auto-Verkehr zu minimieren und mehr Menschen aufs klimafreundliche Fahrrad zu bringen. >>> Auch interessant: Kurios: Neuer Radweg in Oberhausen-Sterkrade endet im Nichts

Oberhausen: Neues Radnetz bis 2035

Ziel der Stadt ist die Entwicklung „eines durchgängigen, sicheren und komfortablen“ Radnetzes in Oberhausen bis 2035. Dafür haben die Experten des Büros IKS Mobilitätsplanung, die das Konzept erstellt haben, zunächst alle bedeutenden Zielorte für den Radverkehr zusammengetragen: Welche Ziele steuern die Menschen mit ihrem Rad wohl an? Dazu zählten Schnittstellen wie Bahnhöfe, Alltagsziele wie Bezirkszentren, Versorgungsbereiche, Bereiche mit hoher Arbeitsplatzdichte und Freizeitziele wie Erholungsbereiche und Sportstätten. Diese haben sie miteinander verbunden und an Wohngebiete angeschlossen. Zudem haben sie sogenannte Velorouten erstellt: Schnellwege in die Nachbarstädte. >>> Lesen Sie auch: Oberhausen: Radfahrer ärgern sich über schlechte Wege

Die Freiherr-vom-Stein-Straße im Rathaus- beziehungsweise Theater-Viertel in Oberhausen könnte Fahrradstraße werden.
Die Freiherr-vom-Stein-Straße im Rathaus- beziehungsweise Theater-Viertel in Oberhausen könnte Fahrradstraße werden. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Das Gesamtkonzept soll 2035 umgesetzt werden. Die erste Phase umfasst die nächsten zwei Jahre, in denen die Experten hauptsächlich den Bestand der Oberhausener Radwege erfassen wollen. Denn: Derzeit gibt es keine ausreichende Datenbasis, es liegen weder Daten zum Ausbau von Radwegen noch zum jeweiligen Unterhaltungszustand vor. >>> Hintergrund: Wie bewegen sich Oberhausener bis 2035 durch die Stadt?

Einzelne, punktuelle Projekte sollen dennoch kurzfristig umgesetzt werden: Für den Ausbau der Rad-Abstellanlagen und Rad-Zählstellen hat die Stadt nach eigener Auskunft bereits Fördermittel beantragt. Wenn diese bewilligt werden, müssen sie im Laufe des Jahres 2024 auch genutzt werden. Zudem prüft die Stadt, ob sie ausgewählte Straßen zu Fahrradstraßen machen kann, etwa die Speldorfer Straße, die Freiherr-von-Stein-Straße und den Bereich Mergelstraße/Kampstraße.

Welche Regeln gelten in Fahrradstraßen?

In Fahrradstraßen gelten besondere Regeln: Laut ADAC sind in solchen Straßen zunächst nur Fahrräder und E-Scooter zugelassen, Zusatzschilder können den Auto- und Motorradverkehr aber zulassen. Es gilt eine grundsätzliche Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h und andere Verkehrsteilnehmer müssen besondere Rücksicht auf Radler nehmen.

Noch kein Sonder-Topf für Radverkehr

Der Rat der Stadt Oberhausen, also die politische Mehrheit, hat bereits 2019 beschlossen, für die Umsetzung des Radverkehrskonzeptes einen eigenen Etat im Haushalt zu schaffen. Bislang wurde dieser allerdings nicht geschaffen, es gibt keinen eigenen Topf zur Förderung des Radverkehrs in der Stadt.

Die Mobilitäts-Expertinnen im Rathaus weisen darauf hin, dass der Nationale Radverkehrsplan 3.0 des Bundes zur Entwicklung des Radverkehrs ein jährliches Budget von 30 Euro je Einwohner vorsieht. Für Oberhausen würde dies ein eigenes Fahrrad-Budget von rund 6,3 Millionen Euro im Jahr bedeuten. Ein solches Budget wäre insbesondere für die dritte Umsetzungsstufe des Konzeptes erforderlich, heißt es in dem Bericht, den die Fachverwaltung für die Politik erstellt hat.

Im Straßenbild könnte in den kommenden zwei Jahren Weiteres bereits sichtbar werden: Ein Grüner Pfeil an Ampeln könnte es Radlern erleichtern, schneller von A nach B zu kommen. Die Stadt könnte auch deutlich mehr Einbahnstraßen für Fahrradfahrer zum Befahren in beide Richtungen freigeben. Die Experten denken auch darüber nach, die bislang gültige Benutzungspflicht der Radwege aufzuheben. Gezielte Umbauten und neue Radwege sollen im Anschluss, in der zweiten Phase ab dem Jahr 2026, folgen.

Radweg auf der Bebelstraße in Oberhausen. Der ADFC kritisierte jüngst, dass der Radweg an dieser Stelle plötzlich gefährlich schmal wird.
Radweg auf der Bebelstraße in Oberhausen. Der ADFC kritisierte jüngst, dass der Radweg an dieser Stelle plötzlich gefährlich schmal wird. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Der Aufbau eines so umfassenden Radwege-Netzes kostet natürlich Geld. Bis 2035, so schätzen die Experten nach jetzigem Stand, benötigt die Stadt für ihren Plan knapp 60 Millionen Euro. In der ersten Phase, also den Jahren 2024 und 2025, werden gut 1,3 Millionen Euro benötigt, die im Haushalt 2024 und in der mittelfristigen Haushaltsplanung bereits berücksichtigt wurden. Die kompletten Kosten kann Oberhausen nicht alleine stemmen, zumal für die Umsetzung auch zusätzliches Personal im Rathaus benötigt wird. Ohne Fördermittel wird Oberhausens Radwege-Netz nicht in die Tat umgesetzt werden können. Für das Jahr 2025 wurden bislang noch keine Anträge gestellt, das Rathaus sucht aber bereits nach geeigneten Töpfen.