Oberhausen. Für das tragische Liebesdrama von Emina und Mili gewann der bosnisch-britische Autor Igor Memic einen Olivier Award. Premiere am 15. September.

Prominenz ist längst nicht alles – die stellt sich nach einem überragenden Debüt von selbst ein. Auch für Anne Bader, die Regisseurin der ersten Schauspielpremiere am Freitag, 15. September, um 19.30 Uhr im Großen Haus, „Die Brücke von Mostar“, war der Name Igor Memic noch neu: „Aber dieser Autor ist eine Entdeckung.“ Sein literarisches Debüt „Old Bridge“ (so der Originaltitel) hatte erst im Vorjahr einen der in Großbritannien begehrten Laurence Olivier Awards erhalten. Sie „vermisse oft starke Geschichten und Figuren“, sagt Anne Bader, die erstmals für das Theater Oberhausen inszeniert: „Aber Igor Memic erfüllt das total mit seinen tiefgründigen Figuren“.

Mit drei Darstellerinnen und zwei Darstellern aus dem Ensemble verspricht Anne Bader „Schauspieler-Theater im besten Sinne“. In rund 100 Minuten durcheilt das Drama die Jahre von 1988 bis 2004 – und damit auch die Zeit der Kriege im zerfallenden Jugoslawien. Dennoch sei „Die Brücke von Mostar“ kein Historiendrama oder politisches Pamphlet. „Für mich geht es um eine Frau, Emira“, sagt die Regisseurin, „die sich in den Schmerz der Erinnerung begibt.“ In einer Reihe von fast filmischen Rückblenden erfährt das Publikum so vom Schicksal jener Freundesclique, die sich gern an der berühmten, fast 500 Jahre alten Brücke in der bosnischen Gebirgsstadt traf.

Wahrzeichen einer einst multikulturellen Stadt

Das vor 30 Jahren von kroatischen Einheiten nach stundenlangem Beschuss zerstörte und elf Jahre später wieder erbaute Wahrzeichen einer einst multikulturellen Stadt darf das Oberhausener Publikum allerdings nicht als Teil des Bühnenbildes erwarten: Wenn die vier Freunde staunend zur Brücke blicken und die waghalsigen Sprünge aus 19 Meter Höhe in die eiskalte Neretva bewundern – dann blicken sie vom Bühnenrand zum Publikum. „Wir bespielen zunächst nur die Vorderbühne“, so erklärt’s die Regisseurin.

Schließlich bedroht das Kriegsgeschehen immer unmittelbarer die beiden Paare, wird Mostar zwar nicht wie Sarajevo zur jahrelang belagerten, aber zu einer zwischen katholischen Kroaten und muslimischen Bosniern geteilten Stadt. Die Perspektive verengt sich auf die Wohnung von Emina, deren Erinnerungen das Bühnengeschehen bestimmen: drei Jugendfreunde und eine Liebesgeschichte, die tragisch endet. Die zentrale Figur ist mit Simin Soraya und Franziska Roth gleich doppelt besetzt: Sie sind die sich erinnernde Emina und die jungverliebte „Mina“. Als ihr Geliebter Mili ist Philipp Quest zu erleben.

Geschichte „aus einem kleinen Land, das keiner kennt“

Igor Memics Bühnentext braucht keine geopolitische Analyse, um deutlich zu zeigen, wie die auf Mostar eindrängenden Kriegsphasen immer intensiver werden. „Es wird wahnsinnig traurig werden“, weiß Anne Bader. Und es sei fast egal, von welchem Land der bosnische Brite hier erzähle: „Das ist die Kraft seines Stückes“. Igor Memic selbst hatte sich nach den vielfachen Auszeichnungen für „Old Bridge“ – das übrigens in Oberhausen als deutschsprachige Erstaufführung zu sehen ist – überrascht gezeigt angesichts der großen Resonanz auf eine Geschichte, „aus einem kleinen Land, das keiner kennt“.

Der Autor, der inzwischen vornehmlich für die BBC arbeitet, kommt eigens aus England zur Premiere nach Oberhausen. Premierenkarten kosten von 12 bis 32 Euro, Karten für die folgenden Aufführungen von 11 bis 23 Euro. Für die Folgetermine am Samstag, 23. September, und am Mittwoch, 27. September, beginnt jeweils um 19 Uhr eine Einführung in der Theaterbar.