Oberhausen. Das Großfestival „Die 90er-live“ hat am Samstag in Oberhausen die meisten Fans angelockt. Mit Mr. President, Snap und etlichen Modesünden.

Wer seine früheren Kleiderschranksünden schon verdrängt hat, konnte am Samstag beim Eurodance-Festival „Die 90er-live“ feststellen: „Nee, watt war dat… nicht schön.“ Geschmacksfreie Leggins, bunte Fußstulpen und Neonfarben überall. Mutige der knapp 25.000 anwesenden Fans zeigten mit einem Augenzwinkern die trashige Mode - und lauschten auf dem Freigelände hinter der Arena Oberhausen den Hymnen eines Jahrzehnts mit meist elektronisch erzeugter Mainstream-Musik.

Die 90er-live in Oberhausen: Zwischen Kirmes und Rocky-Horror-Picture-Show

Zehn Stunden Party-Alarm - und Atmosphäre wie auf einer Kirmes. Sogar ein flottes Rundfahr-Karussell dreht sich auf der Schotterfläche. Die Dachfolie von Brutzelbuden bebt neben der Bühne vom Boxen-Bass. Erwachsene haben ihre helle Freude, sich Luftballons mit Einhorn- und Bierglasmuster zu sichern. Fans verkleiden sich wie die derzeit durch den Kino-Hype schwer angesagten Spielzeugpuppen Barbie und Ken. Die 1990er-Jahre sind eben immer ein wenig Rocky-Horror-Picture-Show.

Viele Feierwütigen sind in der Zeit von Captain Hollywood Project, Masterboy und East 17 aufgewachsen. „Wir wollen Party machen - und uns an Songs erinnern, die wir schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gehört haben“, schallt es von einer Mädelsgruppe im Feierpulk herüber. Junggeselleninnen- und Junggesellenabschiede durchforsten das Areal und suchen Zuprost-Gelegenheiten. Die Stimmung ist ausgelassen.

Die 90er-live in Oberhausen: Bei den Bands gehört ein Stück Illusion dazu

Etwas Illusion gehört bei 90er-Festivals allerdings dazu: Die meisten Bands und Dudel-Projekte bestehen höchstens noch aus einzelnen Musikern, die schon vor 25 oder 30 Jahren dabei waren. Die meisten Sängerinnen und Sänger rückten nach.

Einer, der sich ein Echtheits-Zertifikat anheften könnte, ist Mr. President. Zwar ist Rapper LayZee (früher Lazy Dee) ohne seine Stammbestzung Lady Danii (Daniela Haak) und T-Seven (Judith Buthmann) unterwegs. Doch Songs wie „Coco Jamboo“ „Up’n away“ und „I give you my Heart“ funktionieren hier wie eh und je. Auch der Rapper hat sich seine Kleiderschrank-Gedanken gemacht und sagt ironisch: „Es gab so verrückte Klamotten in den 90ern. Ich habe sie gehasst. Vor allem Buffalos Boots.“ Um schnell zu ergänzen: „Aber die Musik habe ich geliebt.“

Größte Überraschung des Festivals: Londonbeat. Die Briten und Amerikaner treten eher selten bei Genre-Festivals auf und sind im Zeitstrahl der Musikgeschichte am Ende der 80er und Anfang der 90er verortet. Ihre Songs kennt fast jeder: „I’ve been thinking about you“, „You bring on the Sun“ und „A better Love“. Die Mischung aus Pop, R’n’B und Soul findet auch in Oberhausen ihre Fans. Langer Applaus.

Die 90er-live in Oberhausen: Zweite Bühne mit DJ-Legenden kommt bestens an

Erstmals beschallt zeitgleich auf dem Arena-Areal eine zweite Bühne. Diese wurde neben dem OTHC-Gelände aufgebaut und ist früh dicht umlagert. Hier treten die Elektro-Freunde aus den 1990er-Jahren zusammen. Und sie wippen zu Turntable-Legenden wie Westbam, Da Hool, Marc Oh und DJ Quicksilver. Ein Überraschungstreffer.

Ebenso umjubelt: Der schon frühe Auftritt von Blümchen, die sich im Superhelden-Outfit modisch angelassen zeigt und mit „Herz an Herz“, „Kleiner Satellit“ und „Boomerang“ den Nerv trifft.

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