Oberhausen. Die Streamingdienste erhöhen den Druck auf Kinos. Nathalie Schulte-Ostrop, Theaterleiterin des Oberhausener Cinestar, ist dennoch optimistisch.
- Nathalie Schulte-Ostrop war 1996 bei der Eröffnung des Cinestar Oberhausen
- Heute ist die Leiterin des Kinos am Rande des Oberhausener Centros
- Im Interview spricht sie über Konkurrenzkampf, Mehrweg-Becher und die Zukunft
Seit ihrer Schulzeit arbeitet Nathalie Schulte-Ostrop im Kino am Rande des Centros in Oberhausen. Sie war bei der Eröffnung im Jahr 1996 dabei und ist heute die Chefin. In Personalunion kümmert sie sich als Area Managerin um sechs weitere Kinos der Cinestar-Gruppe. Wir sprachen mit ihr über „Barbie“, Kartenpreise und volle Kinosäle.
Was war Ihr Kino-Highlight der letzten Monate?
Nathalie Schulte-Ostrop: Eindeutig „Avatar 2“. Ein bildgewaltiger 3D-Film. Dafür ist Kino gemacht.
Wie wird man Theaterleiterin im Kino?
Tatsächlich war das nie mein Plan. Ich habe klassisch als Schülerin neben dem Abitur an der Kasse gearbeitet und dann ging es immer irgendwie einen Schritt weiter. Neben dem Studium habe ich noch gejobbt und seit 2003 bin ich fest angestellt, zuerst als Assistentin und von dort bin ich in die Theaterleitung gewechselt. Ich habe mich nie beworben, sondern bin immer irgendwie reingerutscht.
Sie waren hier in Oberhausen von Anfang an dabei?
Es war wirklich Zufall, aber ich war eine der ersten Mitarbeiterinnen hier in Oberhausen, ich saß noch im Rohbau und durfte Telefondienst machen. Ich war bei der Eröffnung dabei, 27 Jahre ist das jetzt her.
„Barbie“: Menschen kommen verkleidet ins Kino in Oberhausen
Viele Menschen haben zu Hause riesige Bildschirme und Streamingdienste abonniert. Gibt es noch den Trend zum Pantoffelkino?
Wir müssen kämpfen. Kino musste aber schon immer kämpfen und das werden wir auch weiterhin tun. Aber der Trend zum heimischen Filmeschauen hat sich eigentlich abgeschwächt, obwohl es auch die neuen Filme relativ schnell bei den Streamingdiensten gibt. Wir haben diese Filme nur ein paar Wochen exklusiv, doch Kino ist noch immer ein Event, ein Erlebnis. Wir sehen zum Beispiel aktuell beim Film „Barbie“, dass viele Menschen in Pink verkleidet kommen. Kino ist halt immer noch etwas Besonderes, man schaut zusammen den Film und erlebt gemeinsam die Emotionen, beispielsweise, wenn der ganze Kinosaal lacht - so etwas kriegt man zu Hause nicht hin.
Gehen wir in den Kinosaal. Sie haben seit fast einem Jahr Mehrweg-Becher?
Ja, wir haben vollständig auf Mehrweg umgestellt und bieten alle Getränke so an, was aber immer noch Umstellungsschwierigkeiten bereitet. Wir hatten zu Beginn einen Schwund von 40 Prozent bei den Bechern, was ein Kostenfaktor ist. Manche Besucher denken, dass sie die Becher gekauft haben, und einige werfen sie einfach weg.
Da sind wir bei den Preisen. Kino ist nicht billig. Haben Sie die Preise erhöht?
Im August haben wir wegen gestiegener Kosten eine leichte Anpassung bei den Snacks vornehmen müssen. Den Preis für eine Kinokarte haben wir seit zwei Jahren nicht erhöht. Bitte bedenken Sie, dass – je nach Film – der Verleih die Hälfte der Einnahmen erhält und wir hohe Betriebskosten haben, zum Beispiel für Energie.
Die Kinosäle sind wieder voll in Oberhausen
Die Corona-Zeit sorgte im Kino für Einbußen von 70 Prozent. Wo stehen sie heute?
Ich schätze, dass wir wieder 90 Prozent der Zuschauerzahlen der Vor-Corona-Zeit haben. Unser Geschäftsjahr beginnt immer im Juli und das letzte Jahr war dank toller Filme wie „Super Mario“ ein gutes Jahr für das Kino. Auch in diesem Jahr waren wir vom Erfolg der Filme „Barbie“ und „Oppenheimer“, wir nennen den Effekt gerne „Barbieheimer“, freudig überrascht. Die Menschen verhalten sich wieder wie früher; wenn ein Kinosaal voll ist, dann ist er voll, niemand stört sich an der Nähe.
Es sind also nicht nur die Blockbuster-Filme, die erfolgreich sind?
Es gibt immer eine Einschätzung für Deutschland und wir legen manchmal im Vorfeld fest: Das wird sicherlich ein Blockbuster. Aber dann kann es passieren, dass dieser Film nicht so gut läuft. Immer wieder erleben wir Überraschungen und ein anderer Film wird wider Erwarten sehr erfolgreich und hat hohe Zuschauerzahlen. Das sind dann manchmal Geheimtipps wie die Filme „Rheingold“ oder „Smile“ im letzten Jahr, Letzterer ein Horrorfilm.
Ein Horrorfilm?
Ja, Horrorfilme laufen in Oberhausen immer. Wir sind im Genre Horror in Oberhausen eines der stärksten Häuser der gesamten Cinestar-Kette mit 46 Kinos. Das plane ich hier ein. Wir sind wohl eine attraktive Location und haben viele junge Besucher, die hier nicht nur ins Kino gehen, sondern auch im Centro ihre Zeit verbringen. Für sie ist das ein Rundum-Freizeit-Paket.
Zukunft des Kinos: Filme alleine reichen nicht mehr
Wie steht das Kino da im Vergleich zu anderen Häusern in Deutschland?
Wir sind im Ranking bei Cinestar unter den Top Ten. Aber man muss beachten, dass es auch viel größere Häuser mit mehr Kinosälen gibt, wie in Dortmund mit 14 Sälen.
Neun Kinosäle mit 2514 Plätzen
Die Cinestar-Gruppe betreibt in Deutschland 44 eigene Kinos und hat zwei Partner-Kinos mit 367 Leinwänden und 83.533 Plätzen.
Das Cinestar im Centro hat neun Kinosäle mit 2514 Plätzen und weitere 16 Plätze für Rollstuhlfahrer.
Besucherzahlen veröffentlicht das Unternehmen nicht, aber in ganz Deutschland wurden vor der Corona-Pandemie jährlich rund 120 Millionen Eintrittskarten verkauft, im Jahr 2022 78 Millionen und im Jahr 2023 bisher 56 Millionen.
Apropos Centro. Wie klappt die Zusammenarbeit? Wie zufrieden sind sie mit dem Standort?
Die Zusammenarbeit ist unkompliziert, man unterstützt sich gegenseitig, wenn man kann. Ich bin sehr froh über den Standort etwas abseits der riesigen Besucherströme, deshalb halte ich es für einen Vorteil, dass das Kino sehr nahe und sichtbar, aber außerhalb des Centro steht.
Eine schwierige Frage: Wie sieht die Zukunft des Kinos aus?
Kino wird es definitiv immer geben. Wir müssen aber natürlich etwas tun und Filme alleine reichen nicht. Wir bieten Sonderveranstaltungen an, zum Beispiel die Herr-der-Ringe-Trilogie am Stück oder Live-Übertragungen der Metropolitan Opera, bei der Gäste vorher ein Essen buchen können. Hier müssen wir für unsere Gäste ein Rundum-Paket schnüren und die Attraktivität steigern.
Sie haben einen Wunsch frei!
27 weitere Jahre. Dem Kino soll es hier weitere 27 Jahre gut gehen.