Oberhausen. Die Trauerkultur wandelt sich. Im Gottesdienst wird Pop- und Rockmusik gespielt und eine kirchliche Bestattung ist ohne Pfarrer möglich.

  • In der Großgemeinde St. Clemens in Oberhausen zeigt sich, dass nicht immer ein Pfarrer bei Bestattungen anwesend sein muss. Drei engagierte Frauen übernehmen ehrenamtlich diese Aufgabe und begleiten die Hinterbliebenen in schweren Stunden.
  • Musik aus der Popkultur findet vermehrt Einzug in die Trauerfeiern, während klassisches Kirchenliedgut und biblische Texte weiterhin Bedeutung behalten.
  • Die steigende Zahl von Urnenbestattungen stellt eine neue Herausforderung dar, der die Ehrenamtlichen einfühlsam begegnen.

Bestattung im Zeichen der Kirche: Dann ist doch eigentlich immer ein Pfarrer anwesend, oder? Kann sein, muss aber nicht, wie das Beispiel der Großgemeinde St. Clemens in Oberhausen zeigt. Hier kümmern sich mittlerweile zusätzlich drei Frauen ehrenamtlich um Beisetzungen und erzählen, was sich sonst noch alles so bei Begräbnissen verändert hat.

Entgegen mancher landläufigen Meinung besteht in der katholischen Kirche keine Pflicht, dass ein hauptamtlicher Pfarrer dabei sein muss, um einen Verstorbenen auf dessen letzten Weg zu begleiten. Den Bestattungsdienst können im Prinzip auch Laien übernehmen und das Bistum Essen schult seit Jahren Leute, die diese Aufgabe übernommen wollen.

Manuela Prinzenberg, Annegret Balthaus und Christel Hernacz (v.l.) bilden das Team der Frauen, das sich in den schweren Stunden nach dem Tod eines Angehörigen um die Hinterbliebenen kümmert.
Manuela Prinzenberg, Annegret Balthaus und Christel Hernacz (v.l.) bilden das Team der Frauen, das sich in den schweren Stunden nach dem Tod eines Angehörigen um die Hinterbliebenen kümmert. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Im Rentenalter eine neue Aufgabe gesucht

Als Rentnerin habe sie eine neue Herausforderung gesucht, erzählt Annegret Balthaus (70), die 45 Jahre als Arzthelferin tätig war, davon lange Zeit in einer onkologischen Praxis. Durch Engagement in der Gemeinde mit der Kirche eng verbunden fand sie den Weg zu dem Ehrenamt ähnlich wie Manuela Prinzenberg (64), die als Altenpflegerin und Diplom-Theologin gearbeitet hat. Gemeinsam mit Christel Hernacz (73) bilden sie jetzt ein Trio, das den Angehörigen in den schweren Stunden zur Seite stehen will. Die drei Frauen möchten den Hinterbliebenen auf Augenhöhe begegnen, ihnen Trost bieten und sie in ihrer Trauer begleiten.

„Dabei ist uns vor allem ein Faktor sehr bewusst“, betont Christel Hernacz. „Die Menschen, die sich an uns wenden, haben entweder gar keine Bindung mehr an die Kirche oder nur noch in einem sehr geringen Maße.“ Die Verwandten melden sich aber deshalb, weil es der Wunsch des Verstorbenen war, doch kirchlich beigesetzt zu werden.

Die drei ehrenamtlichen Helferinnen Manuela Prinzenberg, Annegret Balthaus und Christel Hernacz (v.l.) nehmen sich Zeit für die Angehörigen.
Die drei ehrenamtlichen Helferinnen Manuela Prinzenberg, Annegret Balthaus und Christel Hernacz (v.l.) nehmen sich Zeit für die Angehörigen. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Während der Trauerfeiern erklingt Popmusik

Dadurch haben sich in den vergangenen Jahren die Vorzeichen für die Trauerfeiern und Gottesdienste deutlich geändert. Mehr und mehr gewinnen Lieder aus der Popmusik an Popularität wie etwa „Geboren, um zu leben“ von Unheilig oder der Song „Nur zu Besuch“ der Toten Hosen. Auch solche Texte, so unterstreicht Annegret Balthaus, eignen sich, für einen Gottesdienst ausgelegt zu werden. Weitere Titel, die gern genommen werden, stammen unter anderem von Herbert Grönemeyer („Der Weg“) oder von Joel Brandenstein („Einmal sehen wir uns wieder“). Es handele sich um Musik mitten aus dem Alltagsleben.

Annegret Balthaus ist der Gemeinde eng verbunden und ließ sich in einem Kurs des Bistums Essen für die neue Aufgabe schulen.
Annegret Balthaus ist der Gemeinde eng verbunden und ließ sich in einem Kurs des Bistums Essen für die neue Aufgabe schulen. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Und wie verhält es sich mit dem klassischen, kirchlichen Liedgut? „Keineswegs abgeschrieben“, betont Hernacz. Es komme immer auf die Wünsche der Angehörigen an, wobei sie aber durchaus einräumt: „Vielfach sind wir es, die Vorschläge unterbreiten.“ Empfehlungen der Frauen sind auch bei der Auswahl der Texte gefragt. Literarisches hat hier schon längst einen besonderen Stellenwert, Worte der Bibel bleiben aber eine feste Größe.

Stark steigende Zahl von Urnenbestattungen

In welcher Form nun die Hinterbliebenen von dem Verstorbenen Abschied nehmen wollen, steht im Mittelpunkt der Gespräche, die die Frauen vor einer Trauerfeier mit den Angehörigen führen. „Da nehmen wir uns vor allem eins, nämlich Zeit“, betont Balthaus. Nicht immer soll es noch ein Gottesdienst sein, dann erfolge eine Beisetzung mit einer kurzen Trauerfeier am Grab.

Mitunter wollen Verwandte auch selbst eine Ansprache halten, was „wir selbstverständlich ermöglichen“, sagt Balthaus. Meistens sind es allerdings die ehrenamtlichen Helferinnen, die die Aufgabe übernehmen. Wenn Menschen plötzlich aus dem Leben gerissen werden oder Kinder sterben, sei es eine besondere Herausforderung, die richtigen Worte zu finden. Sich auf solche Situationen vorzubereiten gehöre indes zur Ausbildung, die die Ehrenamtlichen durchlaufen.

Dabei lernen sie auch mit dem Wandel hin zu mehr Urnenbestattungen umzugehen. Der hat nämlich zur Folge, dass mitunter Wochen bis zur Einäscherung ins Land gehen und die Angehörigen mit dem Tod des Liebsten nicht abschließen können. In den Trauergesprächen stellt sich für die Frauen die Anforderung, auf diese Situation einzugehen.