Oberhausen. Das Fahrradboxen-Projekt in Oberhausen ist gestartet. Die Abstellboxen werden in einem Wohnviertel aufgestellt. Jetzt protestieren Anwohner.
In dieser Woche hat Im Oberhausener Bismarckviertel der Bau der neuen Fahrradboxen begonnen – jetzt regt sich vor Ort spontan Widerstand gegen das Projekt. Robin Preston, gebürtiger Engländer und seit 1978 Anwohner der Schillerstraße, wehrt sich gegen einen bereits markierten Fahrradboxen-Standort direkt gegenüber von seinem Wohnhaus: „Die Stadt ruiniert mit diesem Projekt unsere Straße!“
Ähnlich wie Robin Preston sehen es offenbar viele andere Anwohner der Schillerstraße, die nicht verstehen, warum hier nun Boxen mit Fahrrad-Parkplätzen entstehen sollen. Magdalena Janus ist ebenfalls Anwohnerin: „Als man in unserem Viertel die Parkuhren und Parkgebühren eingeführt hat, hat dies den Parkdruck in der Schillerstraße deutlich erhöht, obwohl auch hier Parkgebühren zu zahlen sind“, sagt sie. Jeder Parkplatz im Quartier sei wichtig und ihr sei deshalb unverständlich, warum gerade hier das Fahrradboxen-Projekt mit insgesamt 30 übers Viertel verteilten Standorten verwirklicht werde.
Anwohner protestieren: „Die Leute hier brauchen keine Fahrradboxen!“
Robin Preston weist im Vor-Ort-Gespräch mit der Redaktion darauf hin, dass nach seiner Kenntnis fast alle Wohnhäuser in diesem Abschnitt der Schillerstraße Fahrradkeller hätten: „Die Leute hier brauchen keine Fahrradboxen!“ Und: Hier würden viele ältere Menschen um die 70 Jahre wohnen. „Die sind froh, wenn sie noch einigermaßen gehen können. Die nutzen kein Fahrrad mehr!“ Preston denkt bereits daran, eine Anwohner-Protestversammlung zu organisieren. „Hier sind alle gegen das Projekt!“ Beim Ortstermin mit der Redaktion hat er einen Zettel mit Notizen dabei – darauf vermerkt: Die Kritik von namentlich aufgeführten weiteren Anwohnerinnen und Anwohnern der Schillerstraße. Sie alle fühlten sich von Planungen der Stadt überrumpelt und nicht angehört.
Der Baubeginn zum Wochenauftakt hatte sich zuvor als völlig unspektakuläres Ereignis entpuppt: Gegen Montagmittag war an der Lipperheidstraße bereits die erste hergerichtete Grundfläche für eine der künftigen Fahrrad-Abstellboxen zu erkennen. Nun werden Schritt für Schritt die weiteren Standorte eingerichtet. Auch ein kleiner Bagger kommt vor Ort jeweils zum Einsatz. Die Arbeiter müssen zur Vorbereitung des Areals eine Fläche von sechs mal zwei Metern oder sieben mal zwei Metern ausheben. Das hängt davon ab, wie groß die jeweiligen Boxen ausfallen – ob sie über Sitzbänke verfügen oder nicht.
30 Standorte sind im gesamten Bismarckviertel vorgesehen, mit fünf oder zehn Fahrrad-Einzelboxen je Standort. Nach Berechnungen der Stadtverwaltung müssen dafür insgesamt 20 bis 22 Parkplätze weichen – im Schnitt weniger als einer pro Standort. Im Gegenzug entstehen nun 180 gesicherte Abstellmöglichkeiten für Fahrräder.
Werden für die Boxen jetzige Parkbuchten genutzt, können Fahrzeuge zum Teil alternativ auf der Fahrbahn parken – allerdings nicht an der Schillerstraße. An keinem der vorgesehenen Standorte sollen jedenfalls mehr als zwei Parkplätze auf einmal wegfallen.
Ziel des Oberhausener Projektes: Alternative zum Auto schaffen
Die Pläne für das Bismarck-Projekt hatte die Stadt im Mai 2020 zum ersten Mal vorgestellt. Ziel des Modellvorhabens ist es, Bürgerinnen und Bürgern umweltfreundliche Alternativen zum Auto anzubieten. Die an 15 der insgesamt 30 Standorte ausleihbaren Lastenräder sollen etwa genutzt werden, um Einkäufe zu erledigen. Die Initialzündung für das Projekt lieferte ein gemeinsamer Antrag des Naturschutzbundes BUND und des Fahrradclubs ADFC. Die neuen Abstellanlagen sollen sich möglichst harmonisch in das Straßenbild des Bismarckviertels einfügen, das ja von schönen Alleen und viel Grün geprägt wird. Die Fahrradboxen mit Holzverkleidung sollen deshalb begrünte Dächer erhalten und teils mit besagten Sitzbänken ausgestattet werden.
Doch das Design der neuen Boxen findet bei einem kritischen Anwohner wie etwa Robin Preston keinerlei Anklang: „Diese monströsen Dinger sehen ja fürchterlich aus“, meint er. Und die Holzverkleidung sei nach kurzer Zeit vergammelt. Wenn dann noch Sitzbänke dazukämen, würden dort sowieso nur irgendwelche Leute herumlungern.
Die Umsetzung des im Vorfeld teils heftig umstrittenen Projektes kostet etwas mehr als eine Million Euro. Den Großteil dieser Kosten, beachtliche 90 Prozent, erhält die Stadt als Fördergeld vom Bundesumweltministerium. Das Projekt, so sieht es die Förderrichtlinie vor, muss bis zum 31. Dezember 2023 abgeschlossen sein.
Fahrradboxen in Oberhausen: Service-Angebot ohne Personal und Schlüssel
Wer einen Stellplatz oder ein Lastenfahrrades künftig anmieten will, kann dafür eine spezielle Internetseite nutzen, die entsprechend eingerichtet wird. Die Öffnung der Parkboxen und der Empfang des Lastenfahrrades erfolgen über ein elektronisches Schließsystem – ohne Personal und Schlüssel.
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