Oberhausen. Oberhausens Stadtarchivar schreibt mit „Im 21. Jahrhundert“ eine beklemmende Roman-Reihe: Russland und die NATO-Staaten führen Krieg.
Die Privatarmee eines Oligarchen und einstigen Häftlings, die bis auf 200 Kilometer gegen Moskau vorrückt und nach langen Telefonaten des Söldnerführers mit dem „letzten Diktator Europas“ plötzlich haltmacht – solche Volten der jüngsten Zeitgeschichte kann sich kein Romancier ausdenken. Dabei ist Magnus Dellwig mit seinem gewaltigen Epos „Im 21. Jahrhundert“ durchaus in die Vollen gegangen: Nicht nur legt der Leiter des Oberhausener Stadtarchivs gleich vier Bände mit jeweils rund 400 Seiten vor. In seiner neuzeitlichen Version von „Krieg und Frieden“ kommt es in den 2050er Jahren zum Krieg zwischen Russland und den NATO-Staaten.
Abgeschlossen hatte der 58-Jährige sein literarisches Großprojekt – die Arbeit von vier Jahren – bereits zum Jahresende 2021, „zwei Monate vor dem Angriff auf die Ukraine“, wie Magnus Dellwig sagt. Die plötzlichen Parallelen zu seiner weit ausholenden Roman-Tetralogie empfand er als „beklemmend“. Denn der Impuls für den Autor, die möglichen Folgen von hemmungslosem Populismus in einem Szenario der nahen Zukunft auszumalen, kam ihm beim Blick nach Westen: „Anstoß war für mich Donald Trumps Präsidentschaft.“ Wie soll sich angesichts solcher Irrationalität das internationale System weiterentwickeln?
Während Dellwig mit „Im 21. Jahrhundert“ seine Leser in einen Krieg führt, ausgelöst durch Aufstände gegen die Diktatur in Belarus, zeichnete sein vorheriger großer Roman eine „rückwirkende“ Friedensutopie: In „1918 – Wilhelm und Wilson“ gelingt es den Staatsmännern, den ersten Weltkrieg mit fairen Verhandlungen zu beenden – eine Fiktion, die der Romancier ausschließlich mit historischem Personal erzählt. „Dafür hatte ich detailliert recherchiert“, sagt Magnus Dellwig, „jetzt war ich sehr viel freier“.
Ein Intellektueller mischt die große Politik auf
Ludwig Fischer heißt der Held seiner Roman-Tetralogie, ein Intellektueller, der entschlossen in der großen Politik mitmischt. Im ersten Teil „Den Frieden verspielt“ avanciert der Deutsche zum Staatssekretär im US-Außenministerium. Im zweiten Band rückt Fischer, nun als Truppenkommandeur, gegen Russland vor: „Sein Panzer wird zerstört. Die Welt ist überzeugt, Fischer sei tot.“
Als Autor spielt Magnus Dellwig zwar durchaus mit Cliffhanger-Momenten, betont aber: „Es ist kein Thriller.“ Als der studierte Historiker und Sozialwissenschaftler vor über fünf Jahren mit dem Schreiben seiner Fischer-Saga begann, meinte er noch: „Da werden zwei Bände draus.“ Doch spätestens als der Romancier seinen Helden auch noch in russische Gefangenschaft geraten ließ, wurden ihm die Dimensionen von „Im 21. Jahrhundert“ klarer.
Seitenfülle bedeutet ein hohes Kostenrisiko
Angesichts eines Werk von insgesamt über 1600 Seiten stellte sich die Frage: „Gibt es eine Chance, es zu veröffentlichen?“ Schließlich ist der Stadtarchivar publizistisch durchaus erfahren, sei es die Arbeit an Oberhausens sechsbändiger Stadtgeschichte mit dem jüngsten Titel „Aufbruch macht Geschichte“ oder an erzählerischen Werken. Nach Gesprächen mit Verlagen und Verlagsagenten wurde deutlich: Eine solche Seitenfülle bedeutet ein hohes Kostenrisiko, das Verlage nur noch für sichere Bestseller-Autoren eingehen.
Magnus Dellwig aber wollte seinen Lesern die Chance erhalten, in ihrem eigenen Tempo einen, zwei oder alle vier Romanteile von „Im 21. Jahrhundert“ verschlingen zu können – „und nicht in einer Warteschleife hängen zu bleiben“. Als kostengünstige Lösung erwies sich die digitale Veröffentlichung auf Neobooks. Hier ist der Autor auch sein eigener Lektor – der diese Aufgabe als Chance sieht für den stilistischen und sprachlichen Feinschliff. Der Versuchung, auch Erkenntnisse aus den schaurigen jüngsten Kapriolen der russisch-europäischen Geschichte nachträglich in die Romanhandlung einzubauen, wollte er aber nicht nachgeben: „Das wäre nicht authentisch.“
Sein Ludwig Fischer ist ja auch als Gefangener im Gulag kein Alexej Nawalny. Im dritten Band mit dem Titel „Russland“ nutzt er Chancen, die das heutige Putin-Regime wohl niemals bieten würde: Er wird zum Vorsitzenden des Gefangenenrates und organisiert mit der „Iswestija Sibiria“ die russische Opposition. Zum heutigen Moskauer Präsidialsystem sagt Dellwig: „Es wird immer brutaler und agiert immer propagandistischer. Die Zivilgesellschaft wird von Informationen von außen abgeschnitten.“
Magnus Dellwig: „Der Stalinismus war ganz anders“
Dennoch meint der Autor, der natürlich auch die Gulag-Prosa des mit Heinrich Böll befreundeten Alexander Solschenizyn (1918 bis 2008) gelesen hat: „Der Stalinismus war ganz anders als die heutige Situation.“
Im Jahr 2056 vollendet sich mit dem vierten Band „Sieg oder Frieden?“ die Odyssee Ludwig Fischers, der natürlich einen gewichtigen Anteil hat am Sturz des oligarchischen Systems in Russland – und an einer Friedenslösung. Das muss man diesem Romanhelden mit dem Allerweltsnamen lassen: Gegen solche weltumstürzenden Erfolge hat James Bond nur kleine Fische harpuniert.
Zum Reinschnuppern große Happen Gratis-Lektüre
Seine Roman-Tetralogie „Im 21. Jahrhundert“ veröffentlicht Magnus Dellwig via neobooks.com, eine Plattform für Self-Publishing. Die digitalen vier Bände sind somit über etliche Webportale erhältlich. Band 1 „Den Frieden verloren“ gibt’s für 3,99 Euro, Band 2 „Krieg!“ für 4,99 Euro, Band 3 „Russland“ für 4,99 Euro, Band 4 „Frieden oder Sieg?“ für 4,99 Euro.
Für alle vier Bände gibt’s übrigens zum Reinschnuppern großzügige Leseproben von jeweils rund 40 Seiten – je nach persönlichem Tempo ist damit für drei bis vier Stunden Gratis-Lektüre gesorgt. Über den Autor informiert online magnus-dellwig.de